Plättchenreiches Plasma

Den Blutplättchen fallen neben ihrer zentralen Rolle bei der Blutgerinnung noch andere Aufgaben zu. So enthalten sie, in sogenannten α-Granula gespeichert, zahlreiche Wachstumsfaktoren und Zytokine, die bei der Aktivierung der Thrombozyten freigesetzt werden; dazu gehören der «Connective tissue growth factor» (CTGF), der «Epidermal growth factor» (EGF), der «Fibroblast growth factor« (FGF), der «Insulin-like growth factor« (IGF), der «Platelet-derived growth factor» (PDGF), der «Transforming growth factor β» (TGF-β) und der «Vascular endothelial growth factor» (VEGF). Diese Wachstumsfaktoren tragen zur Wundheilung bzw. zur Reparatur von Gewebeschäden bei, indem sie an der Chemotaxis, Makrophagenaktivierung, Angiogenese, Zellproliferation und Bindegewebsneubildung beteiligt sind.

Plättchenreiches Plasma ist ein autologes, aus Vollblut hergestelltes Produkt, das Thrombozyten in etwa 5- bis 11-fach erhöhter Konzentration enthält. Die «supraphysiologische» Thrombozytenzahl dient als Reservoir und Vehikel, um die Wachstumsfaktoren in hoher Menge in verletztem oder sich regenerierendem Gewebe zur Verfügung zu stellen.

Herstellung und Anwendung

Das Prinzip bei der Herstellung von plättchenreichen Blutprodukten besteht darin, dass man Thrombozyten durch Zentrifugieren oder mit Hilfe eines Filters von den anderen Blutzellen abtrennt. Wenn man Vollblut ohne Gerinnungshemmung zentrifugiert, erhält man plättchenreiches Fibrin, bei dem die Wachstumsfaktoren aus den im Fibrin eingeschlossenen Thrombozyten stammen. Will man das eigentliche plättchenreiche Plasma gewinnen, wird in der Regel zweimal zenrifugiert, wobei folgende Methode als prototypisch gelten kann: Mit Citrat versetztes, antikoaguliertes Vollblut wird bei relativ geringer Drehzahl («soft-spin», 12001500/min) so zentrifugiert, dass sich – der spezifischen Schwerkraft folgend – drei Schichten bilden: am Boden des Zentrifugats als erste Schicht die Erythrozytenmasse, darüber eine dünne Schicht aus Leukozyten und Thrombozyten («Buffy-Coat») sowie als dritte Schicht das Plasma. Die beiden oberen Schichten, «Buffy-Coat» und Plasma, werden entnommen und bei höherer Drehzahl («hard-spin», 40007000/min) ein zweites Mal zentrifugiert. Daraus entstehen wiederum drei Fraktionen, eine erste, bestehend aus Leukozyten und Rest-Erythrozyten, eine zweite, bestehend aus plättchenreichem Plasma (die ungefähr 10% der ursprünglichen Blutmenge ausmacht und die man nun weiter verwenden kann), sowie eine dritte, bestehend aus plättchenarmem Plasma.

Sowohl beim plättchenreichen Fibrin wie beim plättchenreichen Plasma kann man, abhängig vom Leukozytengehalt, eine leukozytenarme und eine leukozytenreiche Variante unterscheiden. Welche Rolle den Leukozyten zufällt, wird kontrovers diskutiert; zum Teil wird die Ansicht vertreten, Leukozyten hätten einen unterstützenden, zum Teil aber auch, sie hätten einen hemmenden Effekt.

Inwieweit solche Details, welche die Herstellung und Zusammensetzung von plättchenreichen Produkten betreffen, klinisch relevant sind, bleibt offen; deshalb beschränkt man sich meist auf «plättchenreiches Plasma» als subsumierenden Oberbegriff.

Damit sich die α-Granula in den Thrombozyten entleeren und die Wachstumsfaktoren freisetzen, muss plättchenreiches Plasma aktiviert, das heisst zur Gerinnung gebracht werden. Nach der Aktivierung wird der Grossteil der Wachstumsfaktoren innerhalb von rund einer Stunde sezerniert. Während der restlichen Lebensspanne der Thrombozyten werden aber Wachstumsfaktoren weiterhin neu gebildet und freigesetzt. Die Aktivierung kann entweder exogen mit Hilfe von Calciumchlorid oder Thrombin eingeleitet werden oder endogen durch Kontakt mit Kollagen. Beim Thrombin bevorzugt man rekombinantes menschliches Thrombin, weil das früher verwendete Rinderthrombin zur Bildung von Antikörpern und zu Immunreaktionen führen kann. Bei der exogenen Aktivierung verfestigt sich das plättchenreiche Plasma zu einem Fibrinnetz; dieses gelartige Gerinnsel kann man bei Wunden als «Gewebekissen» einsetzen, das über eine gewisse Zeit Wachstumsfaktoren freisetzt. Bei der endogenen Methode injiziert man das relativ flüssige plättchenreiche Plasma (eventuell unter Ultraschallkontrolle), wonach es durch Kontakt mit Kollagen aktiviert wird. Dies wird vor allem bei Verletzungen oder Erkrankungen von Muskeln, Bändern und Sehnen praktiziert.

Plättchenreiches Plasma lässt sich nicht nur im «Eigenverfahren» produzieren, sondern es gibt dafür auch zahlreiche kommerzielle Systeme. Mit jeder Herstellungsmethode sind aber Unterschiede hinsichtlich Thrombozytenzahl, Gehalt an Restleukozyten und -erythrozyten sowie Art der Aktivierung verbunden. Somit ist plättchenreiches Plasma kein standardisiertes Produkt, bei dem eine identische Wirkung vorausgesetzt werden kann – was es erschwert, Studienergebnisse zu vergleichen.

Wie häufig plättchenreiches Plasma appliziert wird, hängt von der zu behandelnden Erkrankung ab. Oft wird eine einmalige Verabreichung als genügend erachtet; bei chronischen Problemen wird plättchenreiches Plasma zuweilen auch mehrmals angewendet, zum Beispiel in Form von drei oder mehr Dosen im Wochenabstand. Eine optimale Frequenz ist indessen für keine Indikation definiert.

Plättchenreiches Plasma wurde anfangs vor allem in der Oralchirurgie eingesetzt. Unterdessen ist es auch in anderen Fachgebieten präsent wie in der Orthopädie und Sportmedizin oder in der ästhetischen Medizin. Zur klinischen Anwendung von plättchenreichem Plasma existieren relativ viele Publikationen. Es handelt sich jedoch zu einem grossen Teil um Fallserien oder Beobachtungsstudien. Kontrollierte Studien liegen zwar ebenfalls vor und sind in diversen Metaanalysen zusammengefasst, bilden aber mehrheitlich nur kleine Patientenkollektive ab. Grosse randomisierte Studien sind praktisch nicht durchgeführt worden.

Zahn- und Oralchirurgie

Gemäss zwei systematischen Übersichten vermindert plättchenreiches Plasma, wenn es nach einer Zahnextraktion in die Alveole eingebracht wird, die Schmerzen und die postoperative Schwellung und beschleunigt die Wundheilung und die knöcherne Regeneration; auch das Risiko einer Osteitis wird gesenkt.(1,2)

Bei parodontal-chirurgischen Eingriffen kann plättchenreiches Plasma die Regeneration des Zahnfleischs und des Knochens fördern.(3)

Dagegen scheint es bei einer Sinusbodenelevation – einem Eingriff zur Vorbereitung für Zahnimplantate – weder den Knochenaufbau noch die Implantat-Überlebensdauer zu beeinflussen.(4,5)

Widersprüchlich sind die Ergebnisse bei Kiefergelenk-Arthrose. Während plättchenreiches Plasma in einigen Studien die Schmerzen linderte und den Bewegungsumfang verbesserte, zeigte sich in anderen kein signifikanter Unterschied im Vergleich zu den mit Hyaluronsäure oder Salzlösungen behandelten Kontrollgruppen.(6)

Orthopädie und Sportmedizin

In der Orthopädie und Sportmedizin wird plättchenreiches Plasma zur Behandlung von Weichteil- und Gelenkverletzungen, chronischen Tendinopathien und Arthrosen eingesetzt. Auch hier rechnet man mit einem günstigen Effekt auf die Heilung und Regeneration des Gewebes, was zum Beispiel nach Sportverletzungen eine raschere Rückkehr zum Sport erlauben soll. Von Anti-Doping-Behörden wird die Anwendung von plättchenreichem Plasma nicht geahndet.

Weichteilverletzungen

Muskelverletzungen machen rund ein Drittel der Sportverletzungen aus. In einer Metaanalyse wurde untersucht, ob plättchenreiches Plasma die Heilung nach Muskelverletzungen beschleunigt, wenn es in die Läsion injiziert wird. Mit plättchenreichem Plasma konnte signifikant rascher wieder Sport betrieben werden als mit Kontrollbehandlungen (Physiotherapie, Injektionen einer isotonen Salzlösung). Da sich die einzelnen Studien aber nicht durch hohe Qualität ausgezeichnet haben, darf dem Unterschied keine zu grosse Bedeutung beigemessen werden. Bei anderen Endpunkten – Schmerzen, Muskelfunktion, Auftreten von erneuten Verletzungen – waren für plättchenreiches Plasma keine Vorteile zu erkennen.(7)

Band- und Sehnenrupturen

Nach einer Ruptur des vorderen Kreuzbandes hängt der Erfolg einer Rekonstruktion davon ab, wie gut die implantierte Sehne in Femur und Tibia einwächst und sich in ein funktionsfähiges Band umwandelt («Ligamentisierung»). Beides soll, wie man sich erhofft, durch plättchenreiches Plasma stimuliert werden. In einer systematischen Übersicht sind 11 Studien zusammengefasst, in denen plättchenreiches Plasma nach einer Rekonstruktion des vorderen Kreuzbandes verwendet wurde. In einer einzigen Studie profitierte die mit plättchenreichem Plasma behandelte Gruppe von einer signifikant besseren Kniestabilität. Bei den anderen 10 Studien fanden sich in Bezug auf das klinische Resultat keine Unterschiede.(8)

Auch nach Operation einer Achillessehnenruptur lässt sich das funktionelle Ergebnis durch plättchenreiches Plasma nicht verbessern.(9)

Mehrere systematische Übersichten haben sich mit der Anwendung von plättchenreichem Plasma bei der Rekonstruktion von Rissen in der Schulterrotatorenmanschette befasst. Eine Zusammenfassung dieser Übersichtsarbeiten kommt zum Schluss, dass plättchenreiches Plasma das Operationsergebnis im Allgemeinen nicht verbessert, das heisst weder die Schmerzen und das funktionelle Resultat signifikant beeinflusst noch das Risiko von erneuten Rissen vermindert. Allerdings sei nicht auszuschliessen, dass gewisse Subgruppen, zum Beispiel Personen mit kleineren Rissen, von plättchenreichem Plasma profitieren könnten.(10) In einer aktuellen Metaanalyse stellte man fest, dass sich nur plättenreiches Plasma positiv auf Heilungsrate und Schmerzen auswirkte, während dies bei plättchenreichem Fibrin nicht der Fall war.(11)

Meniskusverletzungen

In einer kleinen Studie mit 35 Personen, die sich wegen eines Meniskusrisses einem arthroskopischen Eingriff unterziehen mussten, wurde bei einem Teil des Kollektivs zusätzlich plättchenreiches Plasma verwendet, was aber weder die Kniegelenkfunktion verbesserte noch die Rückkehr zur Arbeit oder zum Sport beschleunigte.(12)

Chronische Tendinopathien

Tendinopathien sind auf eine Überbeanspruchung zurückzuführen. Histopathologisch findet man Zeichen eines verfehlten Heilungsprozesses mit Rissen in der Kollagenfaserstruktur, einer ungeordneten Tenozyten-Proliferation, Neovaskularisation und Vermehrung der Matrix. Am meisten betroffen sind Vorderarmsehnen, Achillessehne, Patellarsehne und Schulterrotatoren-Sehnen.

Zu den verschiedenen Behandlungen, die für die laterale Epikondylitis (Tennisellbogen) propagiert werden, gehören lokale Injektionen. In kontrollierten Studien ist die Injektion von plättchenreichem Plasma mit derjenigen von Steroiden, Kochsalzlösung, Lokalanästhetika oder autologem Vollblut verglichen worden. Sie lieferten gegensätzliche Ergebnisse; in einigen Studien linderte plättchenreiches Plasma die Schmerzen besser als die Vergleichsmethode, während in anderen keine Unterschiede festzustellen waren.(13) In einer systematischen Übersicht zieht man das Fazit, dass Injektionen mit plättchenreichem Plasma bei einer Epikondylitis besser wirken würden als Injektionen mit Steroiden oder autologem Blut.(14) Gemäss einer anderen systematischen Übersicht, die strikteren Beurteilungskriterien folgte, gibt es hingegen wenig Evidenz, dass die Injektion von plättchenreichem Plasma bei einer Epikondylitis hilfreich sei.(15)

Zur Achillessehnen-Tendinopathie existiert, wie aus einer systematischen Übersicht hervorgeht,(16) als einzige Doppelblindstudie ein Vergleich von plättchenreichem Plasma mit einer Salzlösung. In beiden Gruppen wurde eine Besserung der Beschwerden erreicht, ohne dass ein signifikanter Unterschied festzustellen war.

Die wichtigsten Daten bezüglich Patellarsehnen-Tendinopathie stammen von zwei kleinen randomisierten Studien, in denen in den Kontrollgruppen eine Triggerpunkt- oder Stosswellentherapie durchgeführt wurde. In beiden Untersuchungen hat sich plättchenreiches Plasma nicht als überlegene Behandlung erwiesen.(17)

Bei Tendinopathie der Schulterrotatoren sind zwei kleine Doppelblindstudien durchgeführt worden.(18) In der einen Studie wurde plättchenreiches Plasma mit einer Triggerpunkttherapie verglichen und führte im Verlauf von 6 Monaten zu einem signifikant besseren Ergebnis hinsichtlich Schmerzen und Schulterfunktion. In der anderen Studie zeigte sich bei der Wirkung auf Schmerzen und Schulterbeweglichkeit kein Unterschied zwischen plättchenreichem Plasma und Salzlösung.

Plantarfasziitis

In einer Metaanalyse wurde die Injektion von plättchenreichem Plasma und Steroiden bei Plantarfasziitis miteinander verglichen. Bei der Schmerzintensität fand man nach 4 und 12 Wochen keinen Unterschied zwischen den beiden Behandlungen, während nach 24 Wochen das plättchenreiche Plasma zu einem leicht besseren Ergebnis führte, mit einer durchschnittlichen Differenz von 0,95 (0,11–1,80) auf der VAS-Skala. Vom funktionellen Ergebnis her wurden beide Behandlungen als gleichwertig eingestuft.(19)

Eine zweite Metaanalyse lieferte ein anderes Bild, indem ein Unterschied zugunsten von plättchenreichem Plasma nur gerade nach 3 Monaten auffiel, jedoch weder zu einem früheren noch zu einem späteren Zeitpunkt.(20)

Knorpelschäden und Arthrosen

Den Einsatz von plättchenreichem Plasma bei Kniearthrose beleuchtet eine neuere Metaanalyse; sie umfasst ein Gesamtkollektiv von rund 1400 Personen, die an einer symptomatischen Gonarthrose litten und entweder plättchenreiches Plasma oder eine Kontrollsubstanz (Hyaluronsäure, Steroid, Placebo u.a.) erhielten. Die Injektionen fanden 1- bis 4-mal, in ein- bis mehrwöchigem Abstand statt. Primärer Endpunkt war die Änderung des WOMAC-Index, mit dem Schmerzen, Gelenksteifigkeit und Einschränkungen in den Alltagsfunktionen erfasst werden. Während der einjährigen Beobachtungszeit ergab sich mit plättchenreichem Plasma eine gegenüber den Kontrollgruppen signifikante Verbesserung der WOMAC-Punktezahl, wobei die Differenz auf der von 0 bis 96 Punkte reichenden Skala im Durchschnitt 17,4 (12,5–22,3) betrug. Allerdings stufte man nur die Hälfte der einbezogenen Studien als hinreichend verblindet ein.(21)

Bei Hüftarthrose verglich man plättchenreiches Plasma in drei randomisierten Studien mit Hyaluronsäure. In einer Untersuchung wurden die Schmerzen in den ersten 6 Behandlungsmonaten durch plättchenreiches Plasma besser gelindert als durch Hyaluronsäure; in den beiden anderen war kein Unterschied zu verzeichnen.(22)

Bei osteochondralen Läsionen des Talus, die sich häufig bei Sportlern und Sportlerinnen finden, führte plättchenreiches Plasma in einer kleinen randomisierten Studie nach 6 Monaten zu einer besseren Schmerzlinderung und einem besseren funktionellen Ergebnis als Hyaluronsäure.(23)

Sieben Studien, in denen plättchenreiches Plasma bei einer Prothesenimplantation intraoperativ ins Knie appliziert wurde, sind in einer Metaanalyse zusammengefasst worden. Bei den mit plättchenreichem Plasma behandelten Personen beobachtete man im Anschluss an die Operation sowie nach 3 Monaten eine bessere Gelenkbeweglichkeit. Hinsichtlich der postoperativen Schmerzen und einer nach 3 Monaten durchgeführten Globalbeurteilung (WOMAC-Index) bot plättchenreiches Plasma aber keinen Vorteil.(24)

Wirbelsäulenchirurgie

Auch die Verwendung von plättchenreichem Plasma im Zusammenhang mit stabilisierenden Eingriffen an der Wirbelsäule wurde untersucht. Es gibt jedoch keine Studien, die einen Nutzen nach Wirbelsäulen-Operationen aufzeigen.(25) Wie eine Metaanalyse zeigte, vermindert plättchenreiches Plasma die Fusionsrate sogar.(26)

Dermatologie

In der Dermatologie sind es vor allem Haarausfall und chronische Wunden, bei denen die Anwendung von plättchenreichem Plasma in kontrollierten Studien erprobt worden ist.

Alopezie

Bei androgenetischer Alopezie nimmt, wie ein paar kleine Studien vermitteln, die Anzahl Haare pro Fläche signifikant zu, wenn man mehrmals plättchenreiches Plasma in die betroffenen Stellen injiziert.(27)

Bei Alopecia areata führte plättchenreiches Plasma in einer randomisierten Studie mit 45 Personen zu einem signikant besseren Therapieerfolg als Triamcinolon (Kenacort® u.a.).(28)

Wundheilung

In einer Cochrane-Übersicht sind 10 randomisierte Studien enthalten, in denen plättchenreiches Plasma bei chronischen Wunden zusätzlich zu einer üblichen Wundbehandlung eingesetzt wurde. Es handelte sich um Ulzera, die diabetisch, venös oder durch eine sonstige Ursache bedingt waren. Die Heilungsrate liess sich mit plättchenreichem Plasma nicht signifikant steigern. Ausnahme bildeten diabetische Ulzera, bei denen plättchenreiches Plasma die Abheilung förderte; die berücksichtigten Studien wurden allerdings als qualitativ mangelhaft beschrieben.(29)

Nach Operation eines Sakraldermoids verkürzt plättchenreiches Plasma laut einer Metaanalyse die durchschnittliche Wundheilungszeit von 43 auf 27 Tage.(30)

Auch bei akuten Wunden (Weichteilverletzungen bei Frakturen u.ä.) scheint plättchenreiches Plasma gemäss einer randomisierten Studie (n = 59) die Heilung zu beschleunigen.(31)

Nebenwirkungen

Bislang sind vor allem Lokalreaktionen dokumentiert worden wie zum Beispiel Schmerzen, Entzündungsreaktionen oder Hautverfärbungen. Wie bei allen Injektionen können Infektionen sowie Verletzungen von Nerven und Gefässen vorkommen. Einzelne Personen haben über systemische Effekte berichtet wie Schwindel, Kopfschmerzen, Übelkeit, Tachykardie und Schwitzen, nachdem sie plättchenreiches Plasma erhalten hatten. Ob daraus ein Kausalzusammenhang abgeleitet werden kann, ist unklar. Unter anderem wird argumentiert, da es sich um ein autologes Produkt handle, seien keine relevanten Nebenwirkungen zu erwarten. Wachstumsfaktoren, mit denen man das Gewebe «überschwemmt», generell als risikolos einzustufen, dürfte jedoch etwas verfrüht sein.

Es bleibt zu betonen, dass es zur Anwendung von plättchenreichem Plasma keine Sicherheitsstudien gibt und keine von Arzneimittelbehörden autorisierten Informationen zu möglichen Nebenwirkungen.

Bei Personen, die Thrombozyten-Aggregationshemmer nehmen, wird von einer Behandlung mit plättchenreichem Plasma abgeraten, da diese Medikamente wahrscheinlich auch die Freisetzung der Wachstumsfaktoren aus den α-Granula beeinträchtigen.

Schlussfolgerungen

Plättchenreiches Plasma soll dank seiner erhöhten Konzentration an Wachstumsfaktoren die Heilungsvorgänge bei verschiedenen Gewebeläsionen unterstützen und steht deshalb in einigen Fachgebieten wie zum Beispiel der Sportmedizin und der Orthopädie als eine Behandlungsoption im Raum. Die Therapie mit plättchenreichem Plasma ist allerdings von den Krankenkassen nicht als Pflichtleistung anerkannt.

Die klinischen Daten zur Anwendung von plättchenreichem Plasma stammen aus Studien, die mehrheitlich kleine Patientenkollektive umfassten und nur zum Teil unter kontrollierten Bedingungen abliefen. In ihren Ergebnissen sind die Studien widersprüchlich: während ein paar für plättchenreiches Plasma einen gewissen Vorteil nachweisen konnten, verlief das Gros der Studien ernüchternd und vermochte keinen wirklichen Nutzen aufzuzeigen. Ohne dass Standards festgelegt werden, wie die Herstellung zu erfolgen hat, und ohne dass grosse randomisierte Studien vorliegen, lässt sich keine Evidenz ableiten, dass es sich bei plättchenreichem Plasma um eine zweckdienliche Behandlung handelt.

Literatur

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