Intraartikuläre Injektionen bei Gonarthrose
- Autor(en): Etzel Gysling
- pharma-kritik-Jahrgang 28
, Nummer 1, PK148
Redaktionsschluss: 22. August 2006
DOI: https://doi.org/10.37667/pk.2006.148 - PDF-Download der Printversion dieser pharma-kritik Nummer
Mini-Update
Intraartikuläre Injektionen von Kortikosteroiden oder von Hyaluronsäure werden zur Schmerzlinderung bei Arthrosen angewandt.
Was stand zu diesem Thema in der pharma-kritik?
Eine Übersicht zum Thema «Kortikosteroide intraartikulär» kam 1990 zum Schluss, dass intraartikulär injizierte Kortikosteroide zur Symptomlinderung besonders bei entzündlich veränderten Gelenken nützlich seien. Die Indikation zu solchen Injektionen sei jedoch in Anbetracht der unerwünschten Steroid- Wirkungen möglichst zurückhaltend zu stellen.(1)
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Im März 2006 erschien im «Medical Letter on Drugs and Therapeutics » eine Übersicht zu den intraartikulären Injektionen bei Gonarthrose:(2)
Mit Kortikosteroiden in üblichen Dosen (z.B. 10 bis 40 mg Triamcinolon = Kenacort A®, Triamcort Depot®) wird gemäss zwei Metaanalysen eine Schmerzlinderung bei Gonarthrose erreicht, die etwa einen Monat lang anhält. Kortikosteroid- Injektionen sind auch bei verschiedenen entzündlichen Erkrankungen des Kniegelenks wirksam. Vor der Injektion sollte – soweit möglich – Gelenksflüssigkeit entfernt werden. In der Regel soll zwischen zwei Injektionen mindestens drei Monate gewartet werden. Systemische Steroidwirkungen sind selten und sollen auch von Personen mit einem Diabetes ohne wesentliche Blutzuckerveränderungen toleriert werden.
Hyaluronsäure, ein normaler Bestandteil der Synovialflüssigkeit, steht in mehreren Präparaten (Hyalur®, Ostenil®, Suplasyn ®, Synvisc®) zur Verfügung. Diese sind ebenfalls zur intraartikulären Behandlung von Arthrosen zugelassen. Es werden 3 bis 5 Injektionen in wöchentlichen Abständen empfohlen. Kontrollierte Studien haben bestenfalls einen bescheidenen Nutzen der Hyaluronsäure zeigen können; gemäss einer Übersichtsarbeit hat diese Behandlung bezüglich Schmerzen oder Gelenkfunktion keinen klinisch bedeutsamen Nutzen.(3) Personen im Alter von über 65 Jahren und solche mit radiologisch fortgeschrittener Arthrose haben offenbar die geringsten Chancen, von intraartikulärer Hyaluronsäure zu profitieren. Für Personen mit Arthritis sind diese Präparate nicht geeignet.
In der «Cochrane Library» erschien im Februar 2006 eine revidierte Fassung der systematischen Übersicht zu den intraartikulären Steroidinjektionen bei Gonarthrose:(4)
In placebokontrollierten Studien verspürte eine von drei bis vier Personen, die eine Kortikosteroid-Injektion erhielten, eine Woche nach der Injektion signifikant weniger Schmerzen als nach einer Placeboinjektion (d.h. NNT = 4). Eine signifikante Wirkung auf die Schmerzen konnte auch 2 bis 3 Wochen nach der Injektion noch festgestellt werden, die Funktion des Kniegelenks wurde jedoch nicht nennenswert beeinflusst. Ob Unterschiede zwischen verschiedenen Steroiden bestehen, kann auf Grund der vorhandenen Daten nicht gesagt werden. In zehn Studien sind Kortikosteroid- und Hyaluronsäure-Injektionen verglichen worden. Im Gegensatz zur oben erwähnten Übersicht lautet hier die Schlussfolgerung, Hyaluronsäure-Injektionen seien initial ähnlich wirksam wie Steroid-Injektionen und längerfristig (5 bis 13 Wochen nach der Behandlung) gar etwas wirksamer.
«La Revue Prescrire» enthält in der Nummer vom Juli/August 2006 ebenfalls eine Neubeurteilung der Kortikosteroid-Injektionen bei Gonarthrose,(5) wobei sich diese in erster Linie auf die bereits beschriebene Übersicht der «Cochrane Collaboration» stützt. Hier wird jedoch vermehrt auf die unerwünschten Wirkungen hingewiesen. Die Injektion kann schmerzhaft sein, entzündliche Schübe nach der Injektion sind möglich, systemische Wirkungen nicht ausgeschlossen. Auch besteht immer ein (allerdings kleines) Risiko einer Gelenkinfektion.
Schlussfolgerungen
Wesentliche neue Erkenntnisse haben sich in den letzten Jahren nicht ergeben. Auch heute noch gilt, dass Kortikosteroid- Injektionen bei Arthrose eine mögliche Option darstellen, die jedoch mit grosser Zurückhaltung eingesetzt werden soll. Ob es sich wirklich lohnt, die enorm viel teureren Hyaluronsäure- Präparate einzusetzen, ist in Anbetracht der sehr unterschiedlichen Beurteilung höchst fragwürdig. Wie im «Medical Letter» zu Recht angemerkt wird,(2) besteht dagegen kein Zweifel, dass nicht-medikamentöse Massnahmen (Gewichtsreduktion, Quadricepstraining) in allen Fällen gefördert werden müssen.
Zusammengefasst und kommentiert von E. Gysling
Literatur
- 1) Käsemodel U. pharma-kritik 1990; 12: 29-32
- 2) Anon. Med Lett Drugs Ther 2006; 48: 25-7
- 3) Arrich J et al. Can Med Assoc J 2005; 172: 1039-43
- 4) Bellamy N et al. Cochrane Database Syst Rev 2006 (2); CD005328
- 5) Anon. Rev Prescrire 2006; 26: 521-2
Standpunkte und Meinungen
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