Rabeprazol

Synopsis

Rabeprazol (Pariet®) ist ein neuer Protonenpumpenhemmer, der zur Behandlung von Refluxösophagitis sowie von Magen- und Duodenalulzera empfohlen wird.

Chemie/Pharmakologie

Rabeprazol ist wie die anderen Protonenpumpenhemmer Omeprazol (Antramups®), Lansoprazol (Agopton®) und Pantoprazol (Pantozol®, Zurcal®) chemisch ein Benzimidazol-Derivat. Protonenpumpenhemmer sind schwache Basen und akkumulieren in den säuresezernierenden Kanälchen der Magenbelegzellen. Im sauren Milieu wandeln sich Protonenpumpenhemmer in ihre aktive Form um, binden sich an die H+/K+-ATPase und hemmen dieses membranständige Enzym, das den letzten Schritt der Säurebildung katalysiert. Die H+/K+-ATPase wird irreversibel gehemmt, so dass die Wirkung anhält, bis das Enzym neu gebildet ist. Verglichen mit den anderen Protonenpumpenhemmern wird Rabeprazol schneller und innerhalb eines grösseren pH-Bereichs in die aktive Form übergeführt, so dass die Hemmung der H+/K+-ATPase rascher eintritt. Allerdings dauert die Säurehemmung auch weniger lang als zum Beispiel bei Omeprazol. Rabeprazol führt zu einer dosisabhängigen Zunahme der 24-Stunden-Durchschnittswerte von Magen-pH und Gastrin-Plasmakonzentration. Wie andere Protonenpumpenhemmer übt Rabeprazol auch eine antibakterielle Wirkung auf Helicobacter pylori aus.(lit)

Pharmakokinetik

Protonenpumpenhemmer gelangen nicht direkt in die Belegzellen des Magens, sondern werden im Duodenum resorbiert und erreichen via Blutbahn ihren Wirkort. Etwa 3 bis 4 Stunden nach Einnahme von Rabeprazol werden maximale Plasmakonzentrationen gemessen. Zusammen mit einer Mahlzeit verlangsamt sich die Resorption, die aufgenommene Menge bleibt jedoch unverändert. Die biologische Verfügbarkeit wird mit 52% angegeben. Rabeprazol wird in der Leber abgebaut: einerseits über eine nicht-enzymatische Reduktion, andererseits über Oxidationen, an denen die beiden Zytochrome CYP3A4 und CYP2C19 beteiligt sind. Die beiden Hauptmetaboliten sind pharmakologisch nicht aktiv. Die Metaboliten werden zu rund 90% über die Nieren ausgeschieden. Die Plasmahalbwertszeit von Rabeprazol liegt bei rund 1 Stunde. Bei älteren Leuten ist die Halbwertszeit mässig, bei Personen mit Leberinsuffizienz deutlich verlängert. Bei reduzierter CYP2C19-Aktivität (Mephenytoin-Polymorphismus) können Plasmakonzentrationen und Halbwertszeit um ungefähr 50% ansteigen. Eine Niereninsuffizienz verändert die pharmakokinetischen Parameter nicht wesentlich.(lit)

Klinische Studien

Im Rahmen von klinischen Studien haben über 3500 Männer und Frauen mit einer säurebedingten Erkrankung des oberen Magen-Darm-Trakts Rabeprazol erhalten. In diesen Untersuchungen wurden Ausgangssituation und Therapieerfolg jeweils mit einer Endoskopie festgehalten.

Wie bei insgesamt 297 Personen gezeigt werden konnte, wirkt Rabeprazol bei Refluxösophagitis und Ulzera im Magen oder Duodenum signifikant besser als Placebo. Zwischen den geprüften Rabeprazol-Dosen - 10, 20 und 40 mg/Tag bei der Refluxösophagitis, 20 und 40 mg/Tag bei den Ulzera - fanden sich keine nennenswerten Unterschiede.(5) Im Folgenden werden die Studien beschrieben, in denen Rabeprazol mit anderen Substanzen, hauptsächlich mit Ranitidin (Zantic® u.a.) und Omeprazol, verglichen worden ist. Falls nicht anders erwähnt, handelt es sich um Doppelblindstudien.

Refluxösophagitis

Gemäss einem Kurzbericht war Rabeprazol (1mal 20 mg/Tag) bei 338 Personen mit Refluxösophagitis in Bezug auf die Abnahme von Sodbrennen und Heilungsrate signifikant wirksamer als Ranitidin (2mal 150 mg/Tag).(6) 202 Personen wurden entweder mit Rabeprazol (1mal 20 mg/Tag) oder Omeprazol (1mal 20 mg/Tag) behandelt. Binnen 4 Wochen verschwanden Erosionen und Ulzera im Ösophagus in beiden Gruppen bei 81% der Behandelten. Nach 8 Wochen war dieser Prozentsatz mit Rabeprazol auf 92%, mit Omeprazol auf 94% gestiegen. Häufigkeit und Schweregrad von Sodbrennen nahmen mit beiden Protonenpumpenhemmern im selben Umfang ab.(7) In einer Studie erhielten 243 Personen mit abgeheilter Refluxösophagitis zur Rezidivprophylaxe ein Jahr lang Rabeprazol (1mal 10 oder 20 mg/Tag) oder Omeprazol (1mal 20 mg/Tag). In allen drei Gruppen beobachtete man eine Rückfallrate von 4 oder 5%; auch Sodbrennen und das allgemeine Wohlbefinden wurden gleichermassen beeinflusst.(lit)

Magenulzera

Bei 227 Personen mit einem Magenulkus wurden Rabeprazol (1mal 20 mg/Tag) und Omeprazol (1mal 20 mg/Tag) untersucht. Nach 3 Wochen betrug die Ulkusheilungsrate in der Rabeprazol-Gruppe 58%, in der Omeprazol-Gruppe 61%; nach 6 Wochen lag sie in beiden Gruppen bei 91%. Die Zahl der Personen, bei denen unter der Therapie die Ulkusschmerzen abnahmen oder verschwanden, war in der Rabeprazol-Gruppe etwas höher als in der Omeprazol-Gruppe. Die Verbesserung des allgemeinen Wohlbefindens wurde aber von beiden Behandlungsgruppen als gleich bewertet.(lit)

Duodenalulzera

In einer Studie bei 375 Personen mit Duodenalulzera wurde Rabeprazol (1mal 20 mg/Tag) mit Ranitidin (2mal 150 mg/Tag) verglichen. Innerhalb von 2 Wochen waren mit Rabeprazol die Ulzera bei 40% der Behandelten abgeheilt, innerhalb von 4 Wochen bei 83%; mit Ranitidin waren es mit 26% und 73% signifikant weniger. Auch bei der Symptomlinderung erwies sich Rabeprazol als überlegen.(10)

In einer anderen Studie erhielten 205 Personen Rabeprazol (1mal 20 mg/Tag) oder Omeprazol (1mal 20 mg/Tag). Nach 2 Wochen konnten bei 69% der Rabeprazol-Behandelten keine Ulzera mehr nachgewiesen werden, nach 4 Wochen bei 98%; unter Omeprazol betrugen diese Raten 61% und 93% (kein signifikanter Unterschied). Die Ulkusschmerzen besserten sich in der Rabeprazol-Gruppe im Durchschnitt etwas besser als in der Omeprazol-Gruppe, der Unterschied war indessen nicht erheblich. Am Ende der Studie gaben in beiden Gruppen 44% der Personen ein gutes allgemeines Wohlbefinden an.(lit)

Eradikation von Helicobacter pylori

Bei 75 Personen mit einer chronischen Gastritis und einer Helicobacter-pylori-Infektion wurde Rabeprazol (2mal 20 mg/Tag) in Kombination mit vier verschiedenen Antibiotikaschemata getestet. Abhängig von den eingesetzten Antibiotika heilte der Infekt mit einer einwöchigen Therapie in 63 bis 100% der Fälle ab. Eine mindestens 95%ige Eradikationsrate erzielte man mit der Kombination von Rabeprazol plus Amoxicillin (Clamoxyl® u.a., 2mal 1 g/Tag) und Clarithromycin (Klacid®, 2mal 500 mg/Tag) sowie mit der Kombination von Rabeprazol plus Clarithromycin (2mal 500 mg/Tag) und Metronidazol (Flagyl® u.a., 2mal 400 mg/Tag).(12) In einer offen geführten Studie verordnete man 213 japanischen Patienten und Patientinnen während einer Woche neben den beiden Antibiotika Amoxicillin (3mal 500 mg/Tag) und Clarithromycin (2mal 200 mg/Tag) einen Protonenpumpenhemmer, und zwar entweder Rabeprazol (2mal 20 mg/Tag), Omeprazol (2mal 20 mg/Tag) oder Lansoprazol (2mal 30 mg/Tag). In allen drei Gruppen verzeichnete man bei der Kontrolle, die 4 bis 6 Wochen später erfolgte, in rund 85% der Fälle einen negativen Atemtest.(13) Von derselben Autorengruppe wurde auch gezeigt, dass sich dasselbe Ergebnis mit der halben Rabeprazol-Dosis (2mal 10 mg/Tag) erreichen lässt.(lit)

Unerwünschte Wirkungen

Nebenwirkungen sind etwa gleich häufig zu erwarten wie bei anderen Protonenpumpenhemmern. Die häufigsten Nebenwirkungen, die in den Studien auftraten, waren Kopfschmerzen, Diarrhoe und Übelkeit. Ferner wurden andere gastrointestinale Beschwerden (Bauchschmerzen, Obstipation), grippale Symptome, Hautausschläge, Myalgie und Transaminasenanstieg (ALAT) beobachtet.(1)

Mit den erhöhten Gastrin-Plasmaspiegeln kann eine Hyperplasie der enterochromaffinähnlichen Zellen hervorgerufen werden. Bis anhin gibt es keine Hinweise, dass dies beim Menschen mit einer vermehrten Inzidenz an Karzinoiden verbunden ist, wie es bei Ratten der Fall ist.(lit)

Interaktionen

Rabeprazol kann die Pharmakokinetik von anderen Substanzen beeinflussen, wenn deren Resorption pH-abhängig ist. So wird die Resorption von Digoxin um etwa 20% erhöht, diejenige von Ketoconazol (Nizoral®) um über 30% gesenkt. In vitro hat Rabeprazol eine etwa halb so starke hemmende Wirkung auf CYP2C19 wie Omeprazol. In vivo hat sich aber noch keine Interaktion nachweisen lassen, die der Wirkung von Rabeprazol auf das Zytochrom-P450-System zuzuschreiben wäre. Durch gleichzeitig verwendete Antazida wird die Pharmakokinetik von Rabeprazol nicht beeinflusst.(lit)

Dosierung, Verabreichung, Kosten

Rabeprazol (Pariet®) wird als Tabletten zu 10 und 20 mg angeboten und ist kassenzulässig. Die übliche Dosis beträgt 1mal 20 mg/Tag; bei älteren Personen soll mit 10 mg täglich begonnen werden. Das Medikament ist gegenwärtig zur Behandlung der Refluxösophagitis und von gastroduodenalen Ulzera bei Personen mit negativem Helicobacter-pylori-Status zugelassen. Bei der Helicobacter-Eradikation - von der IKS noch nicht offiziell genehmigte Indikation - wurde Rabeprazol in den Studien 2mal pro Tag verabreicht. Rabeprazol ist nur bei Personen über 18 Jahren geprüft worden. Mangels entsprechender Daten sollte das Mittel während Schwangerschaft und Stillzeit nicht verwendet werden.

In einer Tagesdosis von 20 mg kostet Rabeprazol pro Monat 119 Franken (bei Verwendung der grössten Packung). Omeprazol (Antramups®, 20 mg/Tag) kostet im günstigsten Fall 137 Franken pro Monat. Der Vergleich mit den anderen Protonenpumpenhemmern ist schwierig, da die Äquivalenzdosen ungenügend bestimmt sind.

Kommentar

Rabeprazol besitzt eine gut dokumentierte Wirksamkeit bei den säurebedingten Erkrankungen des oberen Magen-Darm-Trakts. Als Vorteil von Rabeprazol wird propagiert, es wirke schneller als die anderen Protonenpumpenhemmer. Solange indessen nicht in klinischen Studien evaluiert, muss man das in erster Linie als Werbeargument betrachten. Unter den Protonenpumpenhemmern sticht Rabeprazol weder durch eine grössere Wirksamkeit, noch durch ein besseres Nebenwirkungsprofil oder den Preis besonders hervor. Rabeprazol ist ein typisches «Me-Too»-Präparat, wie man sie in vielen Bereichen der Medizin antrifft, wo Erstsubstanzen eine Innovation darstellten.

Standpunkte und Meinungen

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Rabeprazol (22. Juli 2000)
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pharma-kritik, 21/No. 17
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