Mifepriston

Synopsis

In der Schweiz sollen jährlich etwa 50’000 Schwangerschaftsunterbrechungen ausgeführt werden. Vor dem Hintergrund dieser Zahl erschiene es unsinnig, nicht objektiv zu prüfen, ob diese Eingriffe statt instrumentell nicht ebenso gut mit einem Medikament vorgenommen werden könnten. Im folgenden Artikel finden sich die aktuellen Daten zu Mifepriston, das in verschiedenen Ländern als Abortivum verwendet wird. Mifepriston ist aber zur Zeit in der Schweiz nicht erhältlich.

Synopsis

Mifepriston (RU 486) ist ein Progesteron-Rezeptor-Antagonist, der mit einem Prostaglandin zusammen zur Beendigung einer Frühschwangerschaft eingesetzt werden kann. Eine Vorbehandlung mit Mifepriston beschleunigt ausserdem einen mit Prostaglandinen induzierten Abort im zweiten Schwangerschaftstrimester.
Mifepriston allein kann die Ausstossung der Frucht bei intrauterinem Kindstod herbeiführen und die Dilatation der Zervix bei einem chirurgischen Eingriff erleichtern. Auch als «Pille danach» ist es wirksam.

Chemie/Pharmakologie

Mifepriston ist der erste kompetitive Progesteron-Rezeptor- Antagonist. Das Mittel wirkt hauptsächlich auf die Gebärmutter: Es sensibilisiert den Uterus in der Frühschwangerschaft auf Prostaglandine und führt zu Kontraktionen des Myometriums sowie zu einer Abstossung der Dezidua. Bei Schwangeren bewirkt es zudem eine Dilatation und ein Erweichen («Softening») der Zervix. In höheren Dosen hat Mifepriston zusätzlich eine antiglukokortikoide Aktivität und wirkt schwach antiandrogen.(1)

Pharmakokinetik

Eine bis zwei Stunden nach oraler Verabreichung werden maximale Plasmaspiegel erreicht. Mifepriston passiert die Plazentarschranke; die Plasmaspiegel im Nabelschnurblut betragen etwa ein Drittel der mütterlichen Konzentrationen. In der Leber entstehen mehrere Metabolite, die sich 5- bis 10mal weniger stark an die Progesteron-Rezeptoren binden als Mifepriston. Die Halbwertszeit beträgt 24 bis 54 Stunden. Die Ausscheidung erfolgt zu 90% mit dem Stuhl.(1)

Klinische Studien

Beendigung einer Frühschwangerschaft

Mifepriston wurde zur Beendigung einer Frühschwangerschaft hauptsächlich in Kombination mit einer niedrigen Dosis eines Prostaglandins untersucht. Die Verwendung von Mifepriston allein hatte sich zuvor als nicht genügend wirksam erwiesen. In den Studien wurden Analoga von Prostaglandin E1 (Misoprostol [Cytotec®], Gemeprost), Prostaglandin E2 (Sulproston [Nalador®], Meteneprost) und Prostaglandin F2a (Prostaglandin 05®, in China verwendet) eingesetzt. Das Prostaglandin wurde meist 48 Stunden nach Mifepriston gegeben. In die Mehrzahl der Studien wurden nur Frauen aufgenommen, die eine Amenorrhoe von maximal 49 Tagen hatten (gezählt vom ersten Tag der letzten Menstruation).
In den grossen Multizenterstudien wurde jeweils eine orale Einmaldosis von 600 mg Mifepriston verabreicht; die minimal wirksame Dosis steht jedoch noch nicht sicher fest. Als erfolgreicher Abort galt in den Studien einzig eine vollständige Ausstossung der Frucht ohne nachfolgend notwendigen chirurgischen Eingriff.

Die grösste Studie umfasste 15’709 Frauen. 600 mg Mifepriston oral plus Sulproston intramuskulär (in Dosen zwischen 0,125 mg und 0,5 mg) oder Gemeprost intravaginal (1 mg, als Scheidenpessar) wurden verabreicht. Unabhängig von der Art oder Dosis des Prostaglandins wurde bei 95% der Behandelten ein vollständiger Abort erreicht. Mit Sulproston erfolgte der Abort allerdings schneller als mit Gemeprost: Innerhalb von vier Stunden nach Verabreichung des Prostaglandins betrug die Abortrate 60 bis 70% in der Sulprostongruppe und 44% in der Gemeprostgruppe. Bei insgesamt 87% trat der Abort innerhalb von 24 Stunden ein. Bei knapp 3% der Frauen erfolgte die Ausstossung, bevor das Prostaglandin gegeben wurde. Bei knapp 5% war die Behandlung nicht erfolgreich (kein Abort 1,2%, unvollständiger Abort 2,8%, blutstillender chirurgischer Eingriff 0,7%).(2)

Eine englische Studie bei 588 Frauen mit einer Amenorrhoe von maximal 63 Tagen ergab eine Erfolgsrate von 94% mit einer Kombination von Mifepriston (600 mg oral) und Gemeprost intravaginal (1 mg).(3)

In einer Studie bei 505 Frauen wurde 600 mg Mifepriston oral mit 400 mg Misoprostol oral kombiniert. Die Resultate von 488 Frauen konnten ausgewertet werden: sie ergaben eine Abortrate von 97%. Die Ausstossung der Frucht erfolgte bei 61% innerhalb der ersten vier Stunden, bei 87% innerhalb der ersten 24 Stunden nach Misoprostol. Bei 3% erfolgte sie bereits vor der Verabreichung von Misoprostol. Bei weiteren 3% war die Behandlung nicht erfolgreich (kein Abort 0,8%, unvollständiger Abort 1,8%, blutstillender chirurgischer Eingriff 0,4%).(4) In einer kleineren Studie bei 100 Frauen ergab die gleiche Kombination in 95 Fällen einen vollständigen Abort.(5)

In einer weiteren Studie bei 390 Frauen wurde initial auch mit 600 mg Mifepriston und 400 mg Misoprostol oral behandelt; zusätzlich wurde den Frauen jedoch bei nicht erfolgtem Abort vier Stunden nach der Verabreichung von Misoprostol eine weitere Dosis von 200 mg Misoprostol angeboten. 98 Frauen (25%) hatten vier Stunden nach Misoprostol noch keinen Abort; 71 davon entschlossen sich zu der zusätzlichen Dosis Misoprostol. Insgesamt wurde bei fast 99% ein vollständiger Abort erreicht.(4)

Abort während des zweiten Schwangerschaftstrimesters

Zur Beendigung einer Schwangerschaft während des zweiten Schwangerschaftstrimesters werden häufig Prostaglandine intra- oder extraamniotisch oder intravaginal verabreicht. Der Einfluss einer Vorbehandlung mit Mifepriston auf den Abortverlauf wurde untersucht.

In einer Doppelblindstudie erhielten 100 Frauen mit einem Gestationsalter zwischen 12 und 18 Wochen 600 mg Mifepriston oral oder Placebo per os, 36 Stunden vor der Einleitung des Aborts mit intravaginalem Gemeprost. Durch Mifepriston wurde die Zeit bis zur Ausstossung der Frucht signifikant verkürzt (durchschnittlich 7 Stunden gegenüber 16 Stunden). Bei 96% der Mifepristongruppe und 80% der Placebogruppe erfolgte der Abort innerhalb von 24 Stunden nach Beginn der Gemeprostbehandlung. Ausserdem brauchten die Frauen der Mifepristongruppe weniger Gemeprost und weniger Schmerzmittel.(6)

Vier weitere Studien bei 50 bis 70 Frauen bestätigen dieses Resultat.(7-10) Auch Dosen von nur 200 mg Mifepriston verkürzten die Zeitspanne bis zum Abort und verringerten die benötigte Prostaglandindosis.(8,10)

Bei 71 Frauen mit einem Gestationsalter zwischen 15 und 23 Wochen wurde der Abort mit intravaginalem Meteneprost induziert. Als Vorbehandlung wurde entweder 0,5 mg Prostaglandin E2-Gel intrazervikal 12 Stunden vor Meteneprost oder 200 mg Mifepriston oral 24 Stunden vor Meteneprost oder beides verabreicht. Die mittlere Zeitspanne bis zur Ausstossung der Frucht nach Beginn der Meteneprostbehandlung betrug für die drei Gruppen 13, 10 bzw. 6,6 Stunden.(11)

«Pille danach»

In einer Studie bei 800 Frauen wurde innerhalb von 72 Stunden nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr entweder Äthinylöstradiol plus Norgestrel (0,1 mg + 1 mg; zwei Gaben im Abstand von 12 Stunden) oder eine Einmaldosis Mifepriston (600 mg) verabreicht. In der Äthinylöstradiol/ Norgestrel-Gruppe kam es bei vier Frauen zu einer Schwangerschaft (1%), in der Mifepristongruppe bei keiner. Ohne medikamentöse Intervention wären je 23 Schwangerschaften in beiden Gruppen zu erwarten gewesen. Damit ergibt sich in der Äthinylöstradiol/Norgestrel- Gruppe ein Misserfolg von 17%, in der Mifepristongruppe von 0%.(12)

In einer Studie bei 579 Frauen wurde die Wirksamkeit von zwei Gaben Äthinylöstradiol plus Norgestrel (0,1 mg + 0,5 mg, z.B. zwei Dragées Tetragynon®), zwei Gaben Danazol (600 mg, Danatrol®) und eine Einmaldosis Mifepriston (600 mg) miteinander verglichen. Eine Schwangerschaft trat in der Äthinylöstradiol/Norgestrel-Gruppe bei fünf Frauen (2,6%), in der Danazolgruppe bei neun (4,6%) und in der Mifepristongruppe bei keiner (0%) ein. Ohne Behandlung wären in jeder Gruppe 11 bis 12 Schwangerschaften zu erwarten gewesen.(13)

Weitere Indikationen

Gute Resultate zeigten erste Studien, in denen Mifepriston zur Dilatation und Erweichung der Zervix vor einem chirurgischen Abort im ersten Schwangerschaftstrimester eingesetzt wurde.(14,15) Eine erleichterte Zervixdilatation vermindert bei diesem Eingriff die Häufigkeit einer Uterusperforation oder eines Zervixtraumas. Erfolgversprechende Resultate ergaben auch erste Studien mit Mifepriston zur Abortinduktion bei intrauterinem Kindstod, (16) zur Verhinderung einer Schwangerschaft in der späten lutealen Zyklusphase,(17)sowie zur Geburtsinduktion bei Frauen am Termin.(18) Teilweise erfolgreich war eine Langzeitbehandlung (einige Monate bis ein Jahr) mit Mifepriston bei einer sehr kleinen Zahl von Patienten mit nicht operablen Meningeomen oder mit metastasierendem Mamma-Karzinom. Erst sehr wenige Resultate gibt es zur Behandlung eines Cushing-Syndroms mit Mifepriston.

Unerwünschte Wirkungen

In der Frühschwangerschaft verursacht Mifepriston bei nahezu allen Frauen eine vaginale Blutung. In Kombination mit einem Prostaglandin dauert die Blutung durchschnittlich 8 bis 9 Tage. Bei weniger als 1% ist diese Blutung so stark, dass ein blutstillender chirurgischer Eingriff vorgenommen werden muss.(2,4) 80% der Frauen klagen innerhalb von vier Stunden nach Prostaglandingabe über Bauchschmerzen (Uteruskrämpfe), die häufig so stark sind, dass sie mit Schmerzmitteln behandelt werden müssen. Bei etwa 40% treten Brechreiz und Erbrechen auf, bei 10% Durchfall.(1,4)Auch über Müdigkeit und Kopfschmerzen wird berichtet. Selten kann ein Status febrilis, eine Endometritis oder Salpingitis oder eine schwere Hypotonie auftreten.(2)
Bei drei von mehr als 60’000 behandelten Frauen trat bisher infolge eines Koronarspasmus ein Myokardinfarkt auf; einer davon verlief tödlich. Da in allen diesen Fällen das Prostaglandin Sulproston beteiligt war, wurde diese Kombinationsbehandlung verlassen.(4)
In der Anwendung als «Pille danach» führt Mifepriston zu weniger Übelkeit und Erbrechen als Äthinylöstradiol/ Norgestrel. Hingegen setzt die nächste Menstruation nach Mifepriston bei gut 40% verspätet ein (nach Äthinylöstradiol/ Norgestrel nur bei etwa 10%).(12,13)

Dosierung, Verabreichung

Frauen mit einer Amenorrhoe von maximal 49 Tagen (Frankreich) bzw. von maximal 63 Tagen (England) werden zu einer medikamentösen Unterbrechung der Frühschwangerschaft zugelassen. In der Regel wird eine Dosis von 600 mg Mifepriston (3 Tabletten zu 200 mg) oral verabreicht; 36 bis 48 Stunden später wird das Prostaglandin gegeben. Zur Verhinderung einer Rhesus-Sensibilisierung muss allen rhesus-negativen Frauen zu diesem Zeitpunkt Anti-D-Immunglobulin gegeben werden. Die Frauen werden anschliessend 4 bis 6 Stunden überwacht. Bis zur ersten Kontrolle nach 1 bis 2 Wochen sollen keine prostaglandinhemmenden Medikamente wie Acetylsalicylsäure oder andere nicht-steroidale Entzündungshemmer eingenommen werden.(2) Bei Raucherinnen (mehr als 10 Zigaretten/Tag) und bei Frauen über 35 Jahren soll wegen möglicher kardiovaskulärer Nebenwirkungen keine medikamentöse Schwangerschaftsunterbrechung vorgenommen werden.(2) In der Schweiz sind die Prostaglandin- Analoga Misoprostol und Sulproston erhältlich. Misoprostol hat gegenüber dem z.B. in England, Frankreich und Deutschland zugelassenen Gemeprost den Vorteil, dass es oral verabreicht werden kann und dass es nicht kühl gelagert werden muss.

Schlussfolgerungen

Mifepriston ist bisher in Frankreich, England, Schweden und China zugelassen. Zur Beendigung einer Frühschwangerschaft ist das Medikament in Kombination mit einem Prostaglandin schon bei mehr als 100’000 Frauen angewendet worden. In etwa 95% kann so ein vollständiger Abort erzielt werden. Damit hat sich diese Kombinationsbehandlung als wirksame und ausserdem recht gut verträgliche Methode erwiesen. Ob die minimal wirksame Dosis Mifepriston unter den üblicherweise verwendeten 600 mg liegt, ist noch nicht klar. Der Entschluss für eine medikamentöse Abortinduktion muss von den betroffenen Frauen sehr schnell gefällt werden: Wenn die maximale Amenorrhoedauer 49 Tagen beträgt, bleiben den Frauen nach der Diagnose der Schwangerschaft nur noch etwa zwei Wochen für die Entscheidung.
Auch als «Pille danach» hat sich Mifepriston als sehr wirksames Medikament erwiesen. In etwa 40% tritt die nachfolgende Menstruationsblutung allerdings verspätet ein -- eine Situation, die bei dieser Indikation die Angst vor einer ungewollten Schwangerschaft fördert.
Für viele mögliche Indikationen wurden in ersten Studien erfolgversprechende Resultate mit Mifepriston erzielt, z.B. als Medikament zur Dilatation und Erweichung der Zervix vor einem chirurgischen Abort im ersten Schwangerschaftstrimester, zur Beschleunigung eines mit Prostaglandinen induzierten Abortes im zweiten Schwangerschaftstrimester, zur Abortinduktion bei intrauterinem Kindstod, zur Verhinderung einer Schwangerschaft in der späten lutealen Phase sowie zur Geburtsinduktion bei Frauen am Termin. Eine abschliessende Beurteilung ist allerdings noch nicht möglich.
Die Anwendung von Mifepriston bei malignen Erkrankungen und beim Cushing-Syndrom ist noch experimenteller Natur.

Kommentare

Von den im Artikel erwähnten Indikationen ist RU 486 einzig für die Indikation Schwangerschaftsabbruch bis 49 bzw. 63 Tage post menstruationem gut erforscht. Wenn wir über eine mögliche Zulassung des Medikamentes in der Schweiz diskutieren, sollten wir uns vorerst auf diese Indikation beschränken (entsprechend auch der Praxis in anderen Ländern).
Alle Studien sprechen für eine gute Wirksamkeit bei gleichzeitig wenig Nebenwirkungen. Entsprechend der heute vergleichsweise kleinen Prostaglandindosis mit Übergang von parenteraler zu vaginaler oder oraler Verabreichung haben diese auch an Stärke und Gefährlichkeit abgenommen. Die Akzeptanz bei den Frauen ist sehr gut. In Frankreich wählen heute die meisten Frauen, die sich innerhalb dieser Zeit entscheiden können, die medikamentöse Form des Schwangerschaftsabbruchs. Die, welche beide Methoden kennen, würden wieder RU 486 wählen. Die Interruptio wird natür licher, schonender, weniger eingreifend empfunden. Sie entscheiden sich aber vor allem für RU 486, weil sie so eine aktivere Rolle spielen und die Verantwortung selbst übernehmen können, den Ärztinnen oder Ärzten weniger ausgeliefert sind und sich keinem chirurgischen Eingriff unterziehen müssen. Dass das Medikament in der Schweiz trotzdem noch nicht zugelasen ist, dafür spielen angesichts des heiklen Themas Schwangerschaftsabbruch politische Gründe eine Rolle. Die Firma Hoechst Schweiz, Mutterfirma von Roussel Uclaf, hat für eine Einführung dieses Produktes folgende Bedingungen gesetzt:
1. Die Zulassung kann nur in einem Land beantragt werden, wo der Schwangerschaftsabbruch gesetzlich geregelt ist und von der Gesellschaft toleriert wird. 2. Das Land muss eine entwickelte medizinische Infrastruktur haben. Prostaglandin muss verfügbar sein, der Vertrieb von Mifepriston muss kontrollierbar sein. 3. Es muss der ausdrückliche Wunsch auf Zulassung von einer repräsentativen, verantwortlichen Instanz in diesem Land vorliegen (gemäss Hoechst
Information, Juli 1992).

Die dritte Bedingung ist in der Schweiz vorläufig nicht gegeben. Eine repräsentative Gruppe von Ärztinnen und Ärzten würde für die Firma den Anforderungen entsprechen. Entsprechende Vorstösse sind zum Teil in Vorbereitung, wurden mit der Einreichung von über 1000 Unterschriften auch schon gemacht. So hoffe ich auf eine baldige Zulassung dieses Mittels in der Schweiz, damit die Frauen auch hier die Möglichkeit der Wahl der Methode des Schwangerschaftsabbruchs haben.

Helene Huldi
RU 486 ist als Progesteronrezeptor-Antagonist mit nachfolgender Prostaglandin-Applikation hauptsächlich bei therapeutischem Abort im ersten Trimenon geprüft. Bei Beachtung der Kontraindikationen und Wahl des geeigneten Prostaglandins liegt die Erfolgsrate an vollständigen Aborten ohne nachfolgende Curettage bei 95%. Analgetikapflichtige Schmerzen sind während der Abortinduktion die häufigste Nebenwirkung. Die Kombination von RU 486 und Prostaglandin vermag auch bei Abortinduktion im zweiten Trimenon im Vergleich zur üblichen alleinigen Prostaglandin-Applikation die Dauer des Abortgeschehens zu verkürzen und die erforderliche Prostaglandindosis zu senken. Auch als «Pille danach» erweist sich RU 486 als deutlich wirksamer als die in der Praxis übliche Verabreichung von zwei Dosen eines Östrogen-Gestagen-Gemisches oder von Antigonadotropin. Erfolgversprechende Resultate liegen auch vor zum Priming der Portio im ersten Trimenon und zur Weheninduktion bei intrauterinem Fruchttod.
Die genannten Indikationen sind klinisch alltäglich, die Notwendigkeit ihrer Therapie ist ausgewiesen. Mit Verabreichung wirksamer Pharmaka lässt sich die Anzahl instrumenteller Eingriffe deutlich reduzieren.
J. Kunz

In Lausanne ist Mifepriston in zwei Studien verwendet worden: In einer Studie wurde bei 40 Frauen vor einer chirurgischen Schwangerschaftsunterbrechung der Einfluss von Mifepriston auf die Zervix untersucht. Die dabei festgestellte Erweichung der Zervix hat den Nutzen, bei Primigravidae die mechanische Belastung der Zervix mit eventuell daraus folgender Zervixinsuffizienz zu reduzieren.(19) In der anderen Studie wurde Mifepriston mit einem vaginalen oder intrazervikalen Prostaglandin zusammen 45 Frauen mit einer Amenorrhoe- Dauer von 42 bis 49 Tagen zur Abortinduktion verabreicht. Diese Untersuchung hat bestätigt, dass es notwendig ist, Mifepriston mit einem wirksamen Prostaglandin zu kombinieren, um eine Abortrate von etwa 95% zu erreichen. Die Verträglichkeit war gut. Zehn Frauen, die vorher einmal eine chirurgische Schwangerschaftsunterbrechung gehabt hatten, gaben der medikamentösen Methode den Vorzug. Dabei wird aber in keinem Fall die Schwangerschaftsunterbrechung banalisiert. Diese Methode erfordert nämlich eine zuverlässige Mitarbeit der Patientin und ist zum Teil beanspruchender als der chirurgische Eingriff.(20) Es handelt sich um eine wichtige Alternative, die jedoch den Spezialärztinnen und -ärzten vorbehalten und mit den gesetzlichen Vorschriften konform sein muss.
G. Spoletini

Literatur

  1. 1) Brodgen RN et al. Drugs 1993; 45: 384-409
  2. 2) Ulmann A et al. Acta Obstet Gynecol Scand 1992; 71: 278-83
  3. 3) UK Multicenter Trial. Br J Obstet Gynaecol 1990; 97: 480-6
  4. 4) Peyron R et al. N Engl J Med 1993; 328: 1509-13
  5. 5) Aubeny E, Baulieu EE. C R Acad Sci III 1991; 312: 539-45
  6. 6) Rodger MW, Baird DT. Br J Obstet Gynecol 1990; 97: 41-5
  7. 7) Urquhart DR, Templeton AA. Hum Reprod 1990; 5: 883-6
  8. 8) Urquhart DR et al. Hum Reprod 1989; 4: 202-3
  9. 9) D’Ercole C et al. Rev Franç Gynecol Obstet 1992; 87:277-80
  10. 10) Pons JC et al. J Gynécol Obstét Biol Reprod 1992; 21: 255-7
  11. 11) Gottlieb C, Bygdeman M. Acta Obstet Gynecol Scand 1991; 70: 199-203
  12. 12) Glasier A et al. N Engl J Med 1992; 327: 1041-4
  13. 13) Webb AMC et al. Br Med J 1992; 305: 927-31
  14. 14) Cohn M, Stewart P. Br J Obstet Gynecol 1991; 98: 778-82
  15. 15) Henshaw RC, Templeton AA. Br J Obstet Gynecol 1991; 98: 1025-30
  16. 16) Cabrol D et al. Am J Obstet Gynecol 1990; 163: 540-2
  17. 17) Dubois C et al. Fertil Steril 1988; 50: 593-6
  18. 18) Frydmann R et al. Obstet Gynecol 1992; 80: 972-5
  19. 19) De Grandi P, Giuidici G. J Gyneéol Obstét Biol Reprod 1989; 18: 801-8
  20. 20) Spoletini G, De Grandi P. Sexualmed 1991; 20: 162-8

Standpunkte und Meinungen

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Mifepriston (28. Juli 1993)
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