Flohsamen sind Kleie überlegen beim Reizdarm
- r -- Bijkerk CJ, de Wit NJ, Muris JW et al. Soluble or insoluble fibre in irritable bowel syndrome in primary care? Randomised placebo controlled trial. BMJ 2009 (27. August); 339: b3154 [Link]
- Zusammenfassung: Peter Ritzmann
- Kommentar: Stephan Vavricka
- infomed screen Jahrgang 13 (2009)
, Nummer 6
Publikationsdatum: 1. November 2009 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Unter dem Begriff Colon irritabile (Reizdarmsyndrom) werden funktionelle Störungen des Magen-Darm-Traktes mit wiederholten Episoden von Bauchschmerzen und veränderten Stuhlgewohnheiten zusammengefasst, die nicht auf eine organische Ursache zurückgeführt werden können. Häufig wird versucht, mit einer Veränderung der Ernährung und/ oder der zusätzlichen Gabe von Nahrungsfasern eine Stuhlregulation zu erreichen. Allerdings ist der Nutzen von Nahrungsfasern bei der Behandlung des Colon irritabile bisher ungenügend belegt. In dieser Studie wurde der Einsatz von verschiedenen Nahrungsfasern mit Placebo verglichen.
Methoden
In Allgemeinpraxen wurden 275 Personen mit entsprechenden Beschwerden und einer mindestens wahrscheinlichen Diagnose Colon irritabile in die Studie aufgenommen. Sie erhielten nach dem Zufall für 12 Wochen täglich 10 g wasserlösliche Nahrungsfasern (Psyllium, Flohsamen, Plantago ovata, z.B. in Metamucil®), wasserunlösliche Nahrungsfasern (Haferkleie) oder ein Placebopräparat (Reismehl). Primärer Endpunkt war eine akzeptable Linderung der Beschwerden über mindestens 2 Wochen im letzten Monat.
Ergebnisse
Die Untersuchten waren mehrheitlich Frauen (78%) und 56% gaben Obstipation als Hauptbeschwerde an. In der Psylliumgruppe erreichten über die gesamte Studienzeit mehr Behandelte den primären Endpunkt als in der Placebogruppe. Besonders gross war der Unterschied im ersten Monat (53% gegenüber 29%). Im dritten Monat war der Unterschied nicht mehr signifikant (29% gegenüber 19%). In der Haferkleiegruppe erreichte der Unterschied gegenüber Placebo hingegen erst im dritten Monat statistische Signifikanz (32% gegenüber 19%). In Bezug auf den krankheitsspezifischen Symptomenscore, der als sekundärer Endpunkt erfasst wurde, schnitt die Psylliumgruppe nach drei Monaten besser ab als die Haferkleie- und die Placebogruppe. Zu Behandlungsabbrüchen wegen verschlechterter Symptome im ersten Behandlungsmonat kam es besonders häufig in der Haferkleiegruppe.
Schlussfolgerungen
Nahrungsfaserzusätze verbesserten in dieser Studie die Beschwerden von Colon irritabile-Kranken über einen Zeitraum von 3 Monaten. Der Nutzen von löslichen Flohsamen- Fasern konnte bereits im ersten Monat nachgewiesen werden, schien aber im Verlaufe eher abzunehmen. Unlösliche Haferkleie scheint hingegen initial eher zu einer Zunahme der Beschwerden zu führen.
Zusammengefasst von Peter Ritzmann
Das Colon irritabile (Reizdarm, «irritable bowel syndrome », IBS) ist eine funktionelle Störung des Gastrointestinaltraktes mit rezidivierenden Bauchschmerzen und veränderten Stuhlgewohnheiten mit einer hohen Prävalenz in der Bevölkerung von bis zu 10%. Die meisten Hausärztinnen und Hausärzte empfehlen beim IBS eine vermehrte Einnahme von faserhaltigen Substanzen, zum Beispiel in der Form von Kleie. Zudem erhalten mehr als die Hälfte der IBS-Kranken eine Therapie mit Flohsamen, entweder als Nahrungszusatz oder in der Form eines Medikamentes (in der Schweiz z.B. Mucilar®, Agiolax® oder Metamucil®). Bisher publizierte Studien zeigten, dass faserreiche Substanzen nur bedingt die Symptome bei IBS verbessern können und dass unlösliche Fasern wie zum Beispiel Kleie die IBSSymptome sogar verschlechtern können. Die besprochene Studie von Bijkerk et al. ist die erste Studie, welche ausschliesslich in Grundversorgerpraxen durchgeführt wurde. Sie liefert wie bereits einige vorgängig publizierte Daten einen deutlichen Hinweis, dass Flohsamen bei IBS-Kranken einen besseren Effekt hat als Kleie. Somit steht diese Studie im Einklang mit den bereits publizierten Studien zu diesem Thema.
Stephan Vavricka
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