Sauerstoff ohne Nutzen in der Pallativmedizin?
- r -- Abernethy AP, McDonald CF, Frith PA et al. Effect of palliative oxygen versus room air in relief of breathlessness in patients with refractory dyspnoea: a double-blind, randomised controlled trial. Lancet 2010 (4. September); 376: 784-93 [Link]
- Zusammenfassung: Peter Ritzmann
- infomed screen Jahrgang 14 (2010)
, Nummer 6
Publikationsdatum: 3. Dezember 2010 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Bei Lungenkrankheiten, die zu einer ungenügenden Sauerstoffaufnahme führen, ist der Nutzen einer Sauerstoff-Heimtherapie gut belegt. Dyspnoe ist aber ein häufiges, belastendes Symptom auch in der Endphase anderer Krankheiten, die zum Tod führen. Andere Faktoren wie muskuläre Schwäche oder Angst und Hilflosigkeit sind an ihrer Entstehung mitbeteiligt. Obwohl der Nutzen kaum untersucht wurde, gilt die Gabe von Sauerstoff zur Linderung von Atemnot in der palliativen Pflege als Standard. In der vorliegenden Studie wurde der symptomatische Nutzen einer Sauerstoff-Heimtherapie bei 239 terminal Kranken ohne Hypoxämie (paO2 über 7,3 kPa) mit unterschiedlichen Grundkrankheiten und einer erwarteten Überlebenszeit von mindestens einem Monat untersucht. Nach dem Zufall erhielten die Untersuchten doppelblind für 7 Tage einen Sauerstoff-Konzentrator, der entweder Sauerstoff oder normale Raumluft abgab.
Nach Installation des Geräts und der Anwendung von 2 l pro min via Nasensonde konnte in beiden Gruppen eine kleine, aber statistisch signifikante Abnahme der angegebenen Dyspnoe beobachtet werden. Zwischen den Gruppen blieben die Unterschiede aber ohne Signifikanz. Die Verbesserung von Dyspnoe und Lebensqualität war marginal grösser in der Sauerstoffgruppe. Interessanterweise gaben die Leute aus der Sauerstoffgruppe morgens und diejenigen aus der Raumluftgruppe abends tendenziell weniger Dyspnoe an.
Die beispielhaft geplante und durchgeführte Studie endet mit einem spannenden Resultat: Entgegen der Erwartung linderte die Anwendung von Sauerstoff die Atemnot bei terminal Kranken höchstens marginal besser als Raumluft. Zwar wird dies in der Praxis wenig ändern: Auch wenn der Nutzen des Sauerstoff-Konzentrators mehrheitlich einer Placebowirkung entspricht, wird man nicht Raumluft zuführen, wenn man schon ein solches Gerät installiert. Die Studie könnte allerdings bei uns die naheliegende, aber wohl zu mechanistische Vorstellung von «Dyspnoe = zu wenig Sauerstoff» erschüttern. Vielleicht werden wir dann in einer entsprechenden Situation einmal eher den Betroffenen und ihren Angehörigen zuhören als eine Sauerstoffbehandlung verschreiben?
Zusammengefasst von Peter Ritzmann
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