Naltrexon hilft Alkoholkranken wenig

  • m -- Srisurapanont M, Jarusuraisin N. Opioid antagonists for alcohol dependence (Cochrane Review). In: The Cochrane Library, Issue 3, 2000. Oxford: Update Software. [Link]
  • Kommentar: Bertrand Yersin
  • infomed screen Jahrgang 4 (2000) , Nummer 10
    Publikationsdatum: 1. November 2000
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Studienziele

Opioid-Antagonisten wie Naltrexon (Nemexin®) führen möglicherweise zu einer verminderten Alkoholeinnahme. Ihr Nutzen bei Alkoholabhängigen wurde in mehreren kontrollierten Studien untersucht. Ziel der «Cochrane Review» war es, aufgrund der verfügbaren Studien die Wirksamkeit von Opioid-Antagonisten bei der Unterstützung einer Alkoholabstinenz zu evaluieren.

Methoden

Die grossen Datenbanken (Medline, Embase, Cochrane Library u.a.) sowie Herstellerdaten und Literaturlisten wurden nach kontrollierten Studien mit Opioid-Antagonisten bei Personen mit einer Alkoholabhängigkeit durchsucht. Naltrexon und Nalmefen (in der Schweiz nicht im Handel) waren die verwendeten Medikamente. Verschiedene klinische Endpunkte wie Alkoholkonsum und die Dauer der Abstinenz wurden berücksichtigt.

Ergebnisse

11 Studien entsprachen den Einschlusskriterien. In 7 Studien wurde Naltrexon mit Placebo verglichen, in einer Studie Naltrexon mit Disulfiram (Antabus®) und in einer weiteren die Kombination Naltrexon/Disulfiram mit einer Disulfiram-Monotherapie. In zwei Studien wurde Nalmefen mit Placebo verglichen. In den Studien «Naltrexon gegen Placebo» (767 bzw. 497 Personen) dauerte die Behandlungs- und Beobachtungszeit meistens 12 Wochen. Während dieser Zeit war das Rückfallrisiko signifikant reduziert (49% gegenüber 64%), ebenso die Anzahl Tage mit Alkoholkonsum und die eingenommene Alkoholmenge. Unter Naltrexon waren Therapieabbrüche signifikant häufiger (54% gegenüber 45%). Nur in einer Studie mit 80 Personen wurden auch die Zahlen nach sechs Monaten präsentiert, ein signifikanter Nutzen war nicht mehr nachweisbar. In einer Studie mit 18 Personen war eine 3monatige Behandlung mit Naltrexon signifikant weniger wirksam als Disulfiram in Bezug auf die Zeit bis zum Rückfall, die Anzahl Tage mit Alkoholkonsum und die konsumierte Alkoholmenge. Die einzige Studie mit Langzeitresultaten ist eine offen geführte randomisierte Studie mit 30 Personen, welche für 2 Jahre Disulfiram allein oder in Kombination mit Naltrexon erhielten. Während der gesamten Beobachtungszeit war das Risiko für einen Rückfall in der Kombinationsgruppe signifikant geringer (nach 2 Jahren 60% gegenüber 100%).

Schlussfolgerungen

Nachgewiesen ist lediglich ein kurzzeitiger Nutzen von Naltrexon. Therapieabbrüche sind aber relativ häufig. Es fehlen bisher Studien, welche einen länger anhaltenden Nutzen belegen und den Stellenwert einer Therapie mit Opioid-Antagonisten im Vergleich zu oder in Kombination mit Disulfiram sicher abschätzen lassen.(PR)

Die vorhandenen Daten zur Rolle und Wirksamkeit von Naltrexon oder Nalmefen sind aufgrund der Studienzahl, der berücksichtigten Personenzahl, der Behandlungsdauer und der Studienqualität beschränkt. Zusammenfassend kann man sagen, dass diese Medikamente sehr wahrscheinlich eine kurzfristige Wirkung (3 Monate) auf das Rückfallrisiko ausüben. Nach Absetzen der Behandlung lässt diese Wirkung nach, die Wirkung einer langfristigen Behandlung ist nicht bekannt. Es wichtig zu betonen, dass eine medikamentöse Behandlung zur Rückfallprophylaxe bei Alkoholismus nur im Rahmen einer psychosozialen Betreuung einen Sinn hat. Im Einzelfall kann eine medikamentöse Zusatztherapie in Frage kommen.

Bertrand Yersin

Standpunkte und Meinungen
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Naltrexon hilft Alkoholkranken wenig ( 2000)