Sartane wirksam gegen diabetische Nephropathie (1): Irbesartan / IDNT-Studie

  • r -- Lewis EJ, Hunsicker LG, Clarke WR et al. Renoprotective effect of the angiotensin-receptor antagonist irbesartan in patients with nephropathy due to type 2 diabetes. N Engl J Med 2001 (20. September); 345: 851-60 [Link]
  • Kommentar: Peter Diem
  • infomed screen Jahrgang 5 (2001) , Nummer 11
    Publikationsdatum: 1. November 2001
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Mikroalbuminurie und ein zu hoher Blutdruck sind Risikofaktoren für eine diabetische Nephropathie, welche ihrerseits die führende Ursache einer terminalen Niereninsuffizienz ist. Während der vorteilhafte Einfluss der ACE-Hemmer auf die Nierenfunktion von Personen mit einem Typ-1-Diabetes gut dokumentiert ist, gibt es bisher weniger Studien, in denen die Beeinflussung des Renin-Angiotensin-Systems bei Typ-2-Diabetes untersucht wurde.

Irbesartan: IDNT-Studie

1'715 Personen mit einer Hypertonie, Typ-2-Diabetes und einer Proteinurie von mindestens 900 mg/24 Stunden wurden während einer Beobachtungszeit von 2,6 Jahren (mittlere Dauer) doppelblind entweder mit täglich 300 mg Irbesartan (Aprovel®) oder mit täglich 10 mg Amlodipin (Norvasc®) bzw. mit Placebo behandelt. Mit Ausnahme von ACE-Hemmern, Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten und Kalziumantagonisten waren andere Antihypertensiva erlaubt. In allen 3 Gruppen wurde ein Blutdruck von 135/85 mm Hg oder weniger angestrebt. Irbesartan war bezüglich primärem Endpunkt (Verdoppelung des anfänglich gemessenen Plasmakreatininspiegels, terminale Niereninsuffizienz, Tod) signifikant wirksamer als Amlodipin oder Placebo. Das Risiko für eine Verdoppelung des Plasmakreatininspiegels war in der Irbesartan-Gruppe um 37% geringer als in der Amlodipin-Gruppe (p<0,001) und um 33% geringer als in der Placebo-Gruppe (p=0,003). In der Irbesartan-Gruppe war das Risiko für eine terminale Niereninsuffizienz (nicht-signifikant) um 23% geringer als in den beiden anderen Gruppen. Die Gesamtmortalität war in allen Gruppen praktisch identisch. Die mittleren Blutdruckwerte unter Irbesartan und Amlodipin lagen durchschnittlich nur um 3,3 mm Hg unter den Werten in der Placebo-Gruppe.(TW)

Sartane wirksam gegen diabetische Nephropathie (2 und 3) / weitere Studien:
RENAAL und IRMA-2

Gemeinsamer Kommentar zu den drei Studien IDNT, RENAAL und IRMA-2

Die terminale Niereninsuffizienz als Folge des Diabetes mellitus bleibt bekanntermassen ein grosses medizinisches und gesundheits-ökonomisches Problem. Eine intensivierte Therapie mit verbesserter Blutzuckerkontrolle und eine antihypertensive Therapie senken beide das Risiko renaler Komplikationen bzw. vermögen den Abfall der Nierenfunktion im Rahmen einer bestehenden diabetischen Nephropathie zu verlangsamen. Den ACE-Hemmern wird dabei ein über das Mass der jeweiligen Blutdrucksenkung hinausgehender, renoprotektiver Effekt zugeschrieben. In den drei vorliegenden Studien wurde bei Typ-2-Diabetes die Bedeutung von Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten, den sog. Sartanen, in der Therapie der Diabetes-assoziierten Nephropathie untersucht.
In den beiden ersten Studien (Lewis et al. und Brenner et al.) wurden Typ-2 Diabeteskranke in einem fortgeschritteneren Stadium der Nephropathie mit Vorliegen einer Makroproteinurie untersucht. In diesen Studien war in beiden Studienarmen jeweils der Einsatz traditioneller Antihypertensiva erlaubt, nicht aber ACE-Hemmer. Beide Studien belegen auch in dieser Personengruppe signifikante Vorteile im mit einem Angiotensin-II-Rezeptorantagonist behandelten Arm. Das dokumentierte Ausmass der Nephroprotektion liess sich nicht durch die Blutdrucksenkung alleine erklären.
In der dritten Studie (Parving et al.) wurde Irbesartan bei Typ-2 Diabetes mit einer Mikroalbuminurie und koexistierender Hypertonie mit Placebo verglichen, wobei in beiden Gruppen die zusätzliche Gabe von Diuretika, Kalziumantagonisten, Betablockern und Alphablockern, nicht aber von ACE-Hemmern erlaubt war. In dieser Studie konnten eindeutige renoprotektive Effekte gezeigt werden, indem dosisabhängig die Rate des Fortschreitens von einer Mikro- zur Makroalbuminurie reduziert wurde. Offensichtlich war das Ausmass der Renoprotektion unabhängig von der durch Gabe des Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten erreichten Blutdrucksenkung.
Während zahlreiche Studien den im Vergleich zu anderen Antihypertensiva überlegenen renoprotektiven Effekt der ACE-Hemmer beim Typ-1-Diabetes belegt haben, war die Bedeutung der ACE-Hemmer beim Typ-2-Diabetes lange weniger gut geklärt. Man darf sich allerdings mit einem gewissen Recht fragen, wie weit zum Zeitpunkt der Planung dieser Studien ein Studiendesign mit einer Kontroll-Gruppe, welcher ACE-Hemmer bewusst vorenthalten wurde, ethisch überhaupt noch verantwortbar war. Bereits 1993 wurde nämlich die erste Studie, welche die Wirksamkeit von Captopril (Lopirin® u.a.) in der Nephroprotektion bei Diabetes mellitus belegte, publiziert.1 Einige Studienverantwortliche der aktuellen Arbeiten kannten die Resultate bereits vor dem Erscheinen der Publikation. Nach Bekanntwerden der Resultate der HOPE-Studie2 wurde jedenfalls die eine Studie (Brenner et al.) aus ethischen Überlegungen vorzeitig abgebrochen. Mit den vorliegenden drei relativ grossen, randomisierten und placebo-kontrollierten Interventionsstudien werden die Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten hinsichtlich ihres Einsatzes in frühen Nephropathiestadien zu einer der bei Typ-2-Diabeteskranken am besten untersuchten Substanzklassen. Puristen werden weiter bemängeln, dass die besprochenen drei Studien nicht harte Endpunkte (in diesem Fall das Auftreten eines terminalen Nierenversagens) untersuchten. Meines Erachtens wurden jedenfalls wichtige Surrogat-Endpunkte definiert und untersucht.
Auch nach Vorliegen dieser drei Studien bleibt die wichtige Frage, welche Form der Hemmung/Blockierung des Renin-Angiotensin-Systems (ACE-Hemmer oder Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten) bei Diabeteskranken zur Nephroprotektion geeigneter sei, unbeantwortet. Zwei kleinere Studien bei Typ-2-Diabetes deuten im Moment darauf hin, dass ACE-Hemmer und Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten durchaus vergleichbar sein dürften.3,4 Zudem kann die Kombination der beiden Substanzklassen durchaus berechtigt sein. 3

Peter Diem

1    Lewis EJ, Hunsicker LG, Bain RP et al. The effect of angiotensin-convertingenzyme inhibition on diabetic nephropathy. The Collaborative Study Group. N Engl J Med 1993 (11. November); 329: 1456-62

2    Effects of ramipril on cardiovascular and microvascular outcomes in people with diabetes mellitus: results of the HOPE study and MICRO-HOPE substudy. Heart Outcomes Prevention Evaluation Study Investigators. Lancet 2000 (22. Januar); 355: 253-9

3    Mogensen CE, Neldam S, Tikkanen I et al. Randomised controlled trial of dual blockade of renin-angiotensin system in patients with hypertension, microalbuminuria, and non-insulin dependent diabetes: the candesartan and lisinopril microalbuminuria (CALM) study. BMJ 2000 (9. Dezember); 321: 1440-4

4    Lacourciere Y, Belanger A, Godin C et al. Long-term comparison of losartan and enalapril on kidney function in hypertensive type 2 diabetics with early nephropathy. Kidney Int 2000 (August); 58: 762-9

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Sartane wirksam gegen diabetische Nephropathie (1): Irbesartan / IDNT-Studie ( 2001)