• Haarausfall bei Dimethylfumarat
  • Verfasst von: Urspeter Masche
  • Datum: 27. November 2020

Dimethylfumarat ist eine immunmodulierende Substanz, die zur Therapie der MS (als Tecfidera®) sowie der Psoriasis (als Skilarence®) angeboten wird. Die holländische Arzneimittelbehörde hat insgesamt 92 Fallberichte gesammelt, in denen Haarausfall unter einer Dimethylfumarat-Behandlung geschildert wird. In 13 Fällen wurde berichtet, dass der Haarausfall nach Absetzen von Dimethylfumarat stoppte (positiver «Dechallenge»), und in 1 Fall, dass nach Wiedereinsetzen von Dimethylfumarat erneut Haarausfall auftrat (positiver «Rechallenge»). Die Zahl der Meldungen ist in den letzten drei Jahren sprunghaft angestiegen, was vermutlich die Zunahme der Dimethylfumarat-Verschreibungen widerspiegelt.

Mitteilung der holländischen Arzneimittelbehörde: Dimethyl fumarate and alopecia

Früherer BDN-Text: Progressive multifokale Leukenzephalopathie unter Dimethylfumarat (Tecfidera®)

  • Hepatische Nebenwirkungen unter Fingolimod (Gilenya®)
  • Verfasst von: Urspeter Masche
  • Datum: 26. November 2020

Eine Leberenzymerhöhung wird als relativ häufige Nebenwirkung beschrieben, die unter einer Behandlung mit Fingolimod, einem bei MS eingesetzten Immunsuppressivum, beobachtet wird. Da dies auch einen relevanten Leberschaden anzeigen kann – es sind Fälle bekannt, die in einer Lebertransplantation endeten –, wird darauf hingewiesen, dass eine Fingolimod-Therapie von einer regelmässigen Kontrolle der Leberwerte (inkl. Serum-Bilirubin) begleitet sein sollte. Abhängig vom Ausmass einer Leberwerterhöhung müsste dann das Kontrollintervall verkürzt oder die Behandlung gar unterbrochen werden.

Französischer «Dear Doctor Letter»: Fingolimod – Mise à jour des recommandations afin de réduire le risque d’atteinte hépatique médicamenteuse

  • Hautverfärbungen durch Eisen
  • Verfasst von: Urspeter Masche
  • Datum: 25. November 2020

Eine australische Publikation erinnert daran, dass auch intravenös verabreichtes Eisen potentiell irreversible Hautverfärbungen verursachen kann, wenn versehentlich eine Paravasation stattgefunden hat. Vor einer intravenösen Eisengabe muss deshalb auf diese Nebenwirkung hingewiesen werden. Falls die Indikation für eine intravenöse Eisentherapie gegeben ist, das heisst, eine orale Substitution nicht in Frage kommt, soll man auf eine korrekte Injektionstechnik achten (Wahl des Injektionsortes, Prüfung der Venendurchgängigkeit u.a.); bei schwierig zu punktierenden Venen soll man die Punktionsversuche beschränken und allenfalls eine erfahrenere Fachperson beiziehen. Eine Eisenverabreichung ist sofort zu stoppen, wenn Symptome einer Paravasation auftreten (Schmerzen, Kribbeln, Druckgefühl oder Schwellung an der Injektionsstelle).

Artikel aus dem «Australian Prescriber»: A stain on iron therapy

  • Kutane Vaskulitis durch Tocilizumab (Actemra®)
  • Verfasst von: Urspeter Masche
  • Datum: 19. November 2020

In der Nebenwirkungsdatenbank der WHO finden sich 16 Fälle, die eine kutane Vaskulitis beschreiben, die unter einer Behandlung mit dem Interleukin-6-Rezeptor-Antagonisten Tocilizumab aufgetreten ist. Die Qualität der Meldungen wird zwar als im Grossen und Ganzen mangelhaft bezeichnet. Andererseits wurde in sechs Fällen ein positiver «Dechallenge» und bei einer betroffenen Person auch ein positiver «Rechallenge» verzeichnet, was doch als Hinweis für einen kausalen Zusammenhang gewertet werden kann.

Bericht aus dem «WHO Pharmaceuticals Newsletter»: Tocilizumab and Cutaneous Vasculitis

Frühere BDN-Texte: Interstitielle Lungenerkrankungen unter Tocilizumab und Leberschäden bei Tocilizumab

  • Erhöhen Antibiotika bei Kindern das Appendizitis-Risiko?
  • Verfasst von: Urspeter Masche
  • Datum: 18. November 2020

In einer dänischen Kohortenstudie wurden Daten von knapp 1,4 Millionen Kindern ausgewertet. Die Analyse zeigte, dass eine Antibiotika-Behandlung ein signifikant höheres Risiko bedeutet, in den nachfolgenden Jahren im Kindes- oder Jugendalter an einer Appendizitis zu erkranken (RR 1,72 [1,61–1,85]). Zudem war ein dosisabhängiger Effekt zu erkennen, das heisst, das Risiko steigt mit der Anzahl der Antibiotika-Behandlungen.

Volltext der Studie aus «Alimentary Pharmacology and Therapeutics»: Antibiotics during childhood and development of appendicitis – a nationwide cohort study

  • Tranexamsäure (Cyklokapron® u.a.): Ungünstiger Effekt bei Gastrointestinalblutung
  • Verfasst von: Urspeter Masche
  • Datum: 17. November 2020

In einer Doppelblindstudie erhielten knapp 12’000 Patienten und Patientinnen mit einer schweren Gastrointestinalblutung entweder Tranexamsäure, die als Fibrinolysehemmer wirkt, oder Placebo. Der Prozentsatz der Personen, die innerhalb der ersten fünf Tage an der Blutung starben – der primäre Endpunkt –, betrug bei der Tranexamsäure 3,7% und bei Placebo 3,8% (RR 0,99 [0,82–1,18]). Die Häufigkeit von arteriellen Thromboembolien war in beiden Gruppen vergleichbar, während bei den venösen Thromboembolien das Resultat zuungunsten von Tranexamsäure ausfiel.

Volltext der Studie aus dem «Lancet»: Effects of a high-dose 24-h infusion of tranexamic acid on death and thromboembolic events in patients with acute gastrointestinal bleeding (HALT-IT): an international randomised, double-blind, placebo-controlled trial

  • Genotypisierung vor geplanter Behandlung mit Clopidogrel (Plavix® u.a.) zeigt keinen Vorteil
  • Verfasst von: Urspeter Masche
  • Datum: 11. November 2020

Clopidogrel muss, um seine plättchenhemmende Wirkung zu entfalten, via Zytochrome zum aktiven Metaboliten umgewandelt werden. Das polymorph vererbte CYP2C19 spielt dabei eine wichtige Rolle, weshalb man bei verminderter CYP2C19-Aktivität (langsamem Metabolismus) von einer potentiell ungenügenden Clopidogrel-Wirkung ausgeht.
In einer randomisierten Studie wurde prospektiv untersucht, welchen Einfluss es hat, wenn man sich bei der Wahl eines Plättchenhemmers von einer vorgängigen Genotypisierung leiten lässt. Knapp 5300 Personen, bei denen eine koronare Intervention stattgefunden hatte, wurden auf zwei Gruppen verteilt. In der einen Gruppe wurde die CYP2C19-Aktivität ermittelt und bei langsamem Metabolismus die Plättchenhemmung mit Ticagrelor (Brilique®) fortgesetzt, während bei normalem Metabolismus Clopidogrel verschrieben wurde. In der anderen Gruppe führte man keine Genotypisierung durch und setzte Clopidogrel ein. Nach 12-monatiger Beobachtung fand sich beim primären Endpunkt (Kombination von kardiovaskulär bedingtem Todesfall, Myokardinfarkt, Schlaganfall, erneuter Ischämie und Stentthrombose) zwischen den beiden Gruppen kein signifikanter Unterschied. Dies bezieht sich auf die Analyse der ganzen Studienpopulation (HR = 0,84 [0,65–1,07]) als auch auf den Vergleich, für den nur die Leute mit langsamem Metabolismus herangezogen wurden (HR = 0,66 [0,43–1,02]).

Kurzform der Studie aus dem JAMA: Effect of Genotype-Guided Oral P2Y12 Inhibitor Selection vs Conventional Clopidogrel Therapy on Ischemic Outcomes After Percutaneous Coronary Intervention

  • Bradyarrhythmien und AV-Blockierungen unter Ticagrelor (Brilique®)
  • Verfasst von: Urspeter Masche
  • Datum: 10. November 2020

Die kanadische Arzneimittelbehörde kommt nach einer Durchsicht der gemeldeten und der in der Literatur publizierten Fälle zum Schluss, dass Ticagrelor möglicherweise Herzrhythmusstörungen hervorrufen kann. So sind unter Ticagrelor einerseits eine Verschlechterung einer Bradyarrhythmie beobachtet worden bei Leuten mit einer bekannten Bradyarrhythmie, andererseits Fälle von zweit- und drittgradigen AV-Blockierungen.

Bericht von «Health Canada»: Ticagrelor – Assessing the Potential Risks of a Worsening of a Slow and Irregular Heartbeat (Bradyarrhythmia) and Partial or Complete Block in the Transmission of Heart Impulses (Second- and Third-Degree Atrioventricular Block)

  • Erythrozytose durch Gliflozine (SGLT2-Hemmer)
  • Verfasst von: Urspeter Masche
  • Datum: 5. November 2020

In einem Brief, der im «Canadian Medical Association Journal» erschienen ist, beschreiben drei Hämatologen, dass ihnen zunehmend Leute zugewiesen würden, bei denen eine Erythrozytose abzuklären sei und die Gliflozine einnähmen. Nach Absetzen dieser Antidiabetika würde sich das Blutbild oft normalisieren. Auch in der Literatur seien unterdessen Fälle von Erythrozytosen beschrieben, die unter Gliflozinen aufgetreten seien. Man vermutet, dass Gliflozine die Erythrozytose über eine Hämokonzentration, Veränderung des Eisenstoffwechsels oder vermehrte Erythropoietin-Bildung hervorrufen können.

Volltext des Briefs aus dem CMAJ: Erythrocytosis induced by sodium-glucose cotransporter-2 inhibitors

  • Akute generalisierte exanthematische Pustulose unter Aciclovir (Zovirax® u.a.) und Valaciclovir (Valtrex® u.a.)
  • Verfasst von: Urspeter Masche
  • Datum: 3. November 2020

Die akute generalisierte exanthematische Pustulose (AGEP) ist eine seltene Hautreaktion, die charakterisiert ist durch rasches Auftreten von Erythemen, auf denen sich nichtfollikuläre Pusteln bilden. Ursache sind meistens Medikamente, am häufigsten Betalaktam- oder andere Antibiotika. Die WHO berichtet nun von insgesamt 24 Fällen, bei denen sich eine AGEP unter Aciclovir oder Valaciclovir entwickelt hat. Auch wenn zum Teil noch andere Medikamente eingenommen worden sind, die zu dieser Nebenwirkung führen können, ergebe sich insbesondere für Aciclovir ein starker Verdacht, dass ein kausaler Zusammenhang mit der AGEP bestehe. Bei Aciclovir und Valaciclovir an eine AGEP zu denken, ist umso wichtiger, da sie mit einer Herpes-Eruption verwechselt werden kann.

Bericht aus dem «WHO Pharmaceuticals Newsletter»: Aciclovir or valaciclovir – Acute generalised exanthematous pustulosis