Eprosartan

Synopsis

Eprosartan (Teveten®) ist ein neuer Angiotensin-II-Rezeptorantagonist, der zur Behandlung der arteriellen Hypertonie empfohlen wird.

Chemie/Pharmakologie

Von den anderen Sartanen (eine Bezeichnung, die sich als Gruppenname für Angiotensin-II-Rezeptorantagonisten einbürgert) unterscheidet sich Eprosartan chemisch, indem es keine Biphenyl- und keine Tetrazolgruppe enthält. Die pharmakologischen Eigenschaften sind aber dieselben: Eprosartan bindet sich selektiv an den Angiotensin-II-Rezeptor-Subtyp AT1 und hemmt die Wirkung von Angiotensin II. Dieses Peptidhormon, das aus Angiotensinogen und – unter Mithilfe des «Angiotensin Converting Enzyme» (ACE) – aus Angiotensin I entsteht, ist über diverse Wege an der Blutdruckregulation beteiligt. Es ruft eine Vasokonstriktion hervor und verstärkt die Aldosteron- und Katecholaminsekretion sowie die renale Natriumrückresorption. Ferner können durch Angiotensin II Veränderungen in den Gefässwänden induziert werden, was langfristig ebenfalls den Blutdruck zu erhöhen vermag.(lit)

Pharmakokinetik

Nach oraler Einnahme von Eprosartan wird die Plasmaspitzenkonzentration nach 1 bis 2 Stunden erreicht. Eprosartan wird im Magen-Darm-Trakt schlecht resorbiert, was damit zusammenhängt, dass die Löslichkeit und Lipophilie pH-abhängig sind. Die biologische Verfügbarkeit beträgt, mit einer Dosis von 300 mg bestimmt, durchschnittlich 13%. Bei höheren Dosen ist sie möglicherweise noch geringer. Nahrungsmittel können die Aufnahme verzögern und mengenmässig geringgradig vermindern. Eprosartan wird zum grössten Teil unverändert ausgeschieden, ungefähr zu zwei Dritteln biliär, zu einem Drittel renal. Die Plasmahalbwertszeit liegt zwischen 5 und 9 Stunden. Bei älteren Leuten und bei Leber- oder Niereninsufffizienz findet man rund 1½- bis 2mal höhere Plasmaspiegel.(lit)

Klinische Studien

In klinischen Studien und «Postmarketing-Surveillance»-Programmen ist Eprosartan bei etwa 3800 Männern und Frauen geprüft worden, die an einer arteriellen Hypertonie litten, wobei es sich mehrheitlich um eine leichte bis mittelschwere Form handelte (diastolischer Wert zwischen 95 und 114 mmHg). Davon haben über ein Viertel das Mittel mindestens ein Jahr lang verwendet.(2,4) Alle Studien, die hier beschrieben sind, wurden doppelblind durchgeführt. Bei den Studienresultaten wurde neben dem Ausmass der Blutdrucksenkung meistens auch die Ansprechrate genannt; ein Ansprechen ist definiert als Absinken des diastolischen Wertes unter 90 mm Hg oder als Absinken unter 100 mm Hg, verbunden mit einer absoluten Reduktion um wenigstens 10 mm Hg.

Die blutdrucksenkende Wirkung von Eprosartan ist in mehreren placebokontrollierten Studien belegt worden. Gegenüber Placebo senkt Eprosartan den diastolischen Blutdruck um etwa 2 bis 5 mm Hg, den systolischen um 5 bis 10 mm Hg. Dosisfindungsstudien lassen annehmen, dass der Effekt von Eprosartan zwischen 200 und 1200 mg/Tag mehr oder weniger dosisabhängig ist.(1) Ein Beispiel eines Placebovergleichs: 237 Personen wurden auf drei Gruppen verteilt. Während 9 bis 13 Wochen nahm die erste eine Eprosartan-Dosis von 1mal 400 bis 800 mg/Tag, die zweite dieselbe Tagesdosis auf zwei Portionen verteilt (2mal 200 bis 400 mg/Tag) und die dritte Placebo. Wurde Eprosartan einmal pro Tag verabreicht, erreichte man eine Blutdrucksenkung von 10/9 mm Hg und eine Ansprechrate von 47%; wurde es zweimal pro Tag genommen, betrugen diese Werte 15/9 mm Hg und 35%; mit Placebo waren es 4/4 mm Hg und 26%.(5)

In drei Studien ist Eprosartan mit dem ACE-Hemmer Enalapril (Reniten® u.a.) verglichen worden. Die grösste Untersuchung umfasste 528 Personen und dauerte ein halbes Jahr. Die Anfangsdosis betrug bei Eprosartan 2mal 200 mg/Tag, bei Enalapril 1mal 5 mg/Tag. Falls nötig, wurde die Eprosartan-Dosis bis auf 2mal 300 mg/Tag, die Enalapril-Dosis bis auf 1mal 20 mg/Tag gesteigert. In beiden Gruppen benötigten rund die Hälfte der Behandelten die maximale Dosis. Bei knapp einem Drittel liess sich der Blutdruck mit Eprosartan oder Enalapril allein nicht kontrollieren, so dass man zusätzlich Hydrochlorothiazid (Esidrex®, 1mal 12,5 bis 25 mg/Tag) verordnete. Insgesamt verminderte sich der Blutdruck in der Eprosartan-Gruppe im Durchschnitt um 16/13 mm Hg, in der Enalapril-Gruppe um 15/12 mm Hg. Die Ansprechrate war bei Personen weisser Hautfarbe, dem Gros der Studienpopulation, ebenfalls praktisch gleich (85 bis 90%, wenn man die Personen mit der Diuretikumzugabe mitzählte).(6)

In einer anderen Studien erhielten 110 Personen während 6 Wochen entweder Eprosartan (2mal 300 mg/Tag), Enalapril (1mal 20 mg/Tag) oder Placebo. Beide Antihypertensiva wirkten gleich gut und signifikant besser als Placebo. Mit Eprosartan und Enalapril reduzierte sich der diastolische Blutdruck um 7 bis 9 mm Hg (Ansprechrate ungefähr zwischen 42 und 53%), mit Placebo um gut 3 mm Hg (Ansprechrate 25%).(7)

Der dritte Vergleich befasste sich mit 118 Personen, die eine schwere Hypertonie mit diastolischen Werten zwischen 115 und 125 mm Hg aufwiesen. Die Studie erstreckte sich über 8 bis 10 Wochen. Auch hier war als weiteres Antihypertensivum Hydrochlorothiazid erlaubt (25 mg/Tag). Unter Eprosartan (2mal 200 bis 400 mg/Tag) sank der Blutdruck um 29/20 mm Hg, unter Enalapril (1mal 10 bis 40 mg/Tag) um 21/16 mm Hg; beim systolischen Wert war der Unterschied signifikant. Die Ansprechrate betrug 70% in der Eprosartan- und 54% in der Enalapril-Gruppe (kein signifikanter Unterschied). In beiden Gruppen nahmen knapp 40% der Personen zusätzlich Hydrochlorothiazid.(8)

In einer Studie wurde Eprosartan gegen ein anderes Sartan getestet, wobei man keine signifikanten Unterschiede finden konnte: 60 Personen behandelte man 4 Wochen lang mit Eprosartan (1mal 600 mg/Tag) oder Losartan (Cosaar®, 1mal 50 mg/Tag). Mit Eprosartan fiel der Blutdruck um 13/12 mm Hg, mit Losartan um 11/10 mm Hg.(9)

Bei 205 Personen wurde Eprosartan (2mal 200 bis 300 mg/Tag) über 12 Wochen einem Nifedipin-Retardpräparat (Adalat® CR u.a., 1mal 60 bis 90 mg/Tag) gegenübergestellt. Details zu dieser Studie sind nicht publiziert; doch ist erwähnt, dass Nifedipin – in dieser Untersuchung offenbar relativ hoch dosiert – signifikant besser wirkte als Eprosartan (Abnahme des diastolischen Blutdrucks von 15 bzw. 11 mm Hg).(lit)

Unerwünschte Wirkungen

Als unerwünschte Symptome unter Eprosartan werden Kopfschmerzen, Infekte der oberen Luftwege, Myalgien, Schwindel, Bauchschmerzen und Diarrhoe aufgeführt. In Bezug auf diese Nebenwirkungen unterschied sich Eprosartan nicht signifikant von Placebo. Vereinzelt sind Fälle von Hyperkaliämie vorgekommen. Husten trat ähnlich häufig auf wie bei Placebo und war damit deutlich seltener als bei Enalapril.(2,4) Eine andere, gefährliche Nebenwirkung von ACE-Hemmern, das Angioödem, ist bei Eprosartan selbst noch nicht beobachtet worden, bei anderen Sartanen aber beschrieben.

Interaktionen

Da Eprosartan praktisch nicht metabolisiert wird, ist das Risiko von pharmakokinetischen Interaktionen als gering einzuschätzen. Es liegen Untersuchungen vor, in denen Eprosartan mit Medikamenten kombiniert wurde, die eine schmale therapeutische Breite aufweisen (z.B. Digoxin), wobei keine Interaktionen nachgewiesen werden konnten. Zusammen mit anderen kaliumsparenden Mitteln oder mit Kalium verabreicht, ist an eine Verstärkung der Hyperkaliämiegefahr zu denken. ACE-Hemmer können zu einem Anstieg des Lithiumspiegels führen; eine entsprechende Wechselwirkung kann auch bei Sartanen nicht ausgeschlossen werden.

Dosierung, Verabreichung, Kosten

Eprosartan (Teveten®) ist kassenzulässig und als nicht teilbare Tabletten zu 600 mg erhältlich, was – einmal pro Tag genommen – die empfohlene Dosis ist. Eprosartan ist nur für die Behandlung der arteriellen Hypertonie zugelassen; der Einsatz bei Herzinsuffizienz ist nicht untersucht. Die maximale blutdrucksenkende Wirkung von Eprosartan tritt innerhalb von zwei bis drei Wochen ein. Falls die Wirkung ungenügend ist, kann Eprosartan mit einem anderen Antihypertensivum wie zum Beispiel einem Thiaziddiuretikum kombiniert werden. Bei schwerer Leber- und Niereninsuffizienz, bei Volumenmangel und bei anderen Krankheitszuständen, bei denen das Renin-Angiotensin-System aktiviert ist, sollte Eprosartan nur mit Vorsicht eingesetzt werden. Sartane dürfen in der Schwangerschaft nicht verschrieben werden, da sie zu schweren fetalen Schäden führen können. Zur Anwendung in der Stillzeit und bei Personen unter 18 Jahren sind keine Daten vorhanden.

Eprosartan (600 mg/Tag) kostet 55 Franken pro Monat und ist damit um ein paar Franken billiger als die niedrigste Dosis anderer Sartane. Ein genauer Preisvergleich ist indessen nicht möglich, weil man zuwenig weiss, welche Dosen als gleichwertig zu betrachten sind.

Kommentar

Was man bei den ACE-Hemmern verfolgen konnte, wird nun bei den Sartanen fortgeführt. Es lockt ein profitabler Markt, so dass eine Substanz nach der anderen angeboten wird und man sich mit Eprosartan schon zwischen sechs Sartanen entscheiden muss. Hauptunterschied sind die pharmakokinetischen Eigenschaften der einzelnen Substanzen, und hier bietet Eprosartan nichts, was man beim einen oder anderen Sartan nicht auch fände.

Die in der Schweiz empfohlene Eprosartan-Dosierung (1mal 600 mg/Tag) unterscheidet sich von der Dosierung, die in den meisten klinischen Studien festgelegt war (2mal 200 bis 400 mg/Tag), und dürfte deshalb nicht über alle Zweifel erhaben sein. Abgesehen davon, dass sie keine individuell angepasste Behandlung erlaubt, bleibt auch die Frage, ob es immer genügt, das Mittel nur einmal pro Tag zu nehmen.

Zum Schluss sei einmal mehr darauf hingewiesen, dass der Einsatz von Sartanen nur zu unterstützen ist, wenn ACE-Hemmer nicht toleriert werden. Dies gilt mindestens solange, bis die Resultate der Studien vorliegen, die im Gange sind und den Einfluss der Sartane auf kardiovaskuläre Endpunkte untersuchen.

Standpunkte und Meinungen

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Eprosartan (25. September 2000)
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pharma-kritik, 22/No. 03
PK289
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