Prophylaxe und Therapie der Osteoporose
- Autor(en): Alex Flückiger
- Reviewer: Heiner C. Bucher , Hansjörg Häuselmann, Carlos Quinto
- pharma-kritik-Jahrgang 22
, Nummer 11, PK317
Redaktionsschluss: 26. Januar 2001
DOI: https://doi.org/10.37667/pk.2000.317 - PDF-Download der Printversion dieser pharma-kritik Nummer
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Behandlung der Osteoporose (2014-12-16)
Update
Die Osteoporose gehört zu den bedeutendsten Erkrankungen älterer Leute. Rund 40% aller Frauen und 15% aller Männer erleiden mindestens einmal im Leben eine osteoporosebedingte Fraktur. Proximale Femurfrakturen haben bezüglich Mortalität und Morbidität wesentlich mehr Gewicht als Wirbelkörperfrakturen und distale Vorderarmfrakturen, da sie bei etwa 20% der Betroffenen zum Tod und bei ebenfalls rund 20% zu definitiver Pflegebedürftigkeit führen. In der Schweiz verursacht die Osteoporose jährlich 1,3 Milliarden Franken direkte Kosten, die Tendenz ist steigend. Diese Zahlen unterstreichen, welch grosse Bedeutung einer wirksamen Prophylaxe und Therapie der Osteoporose zukommt.
Eine früher in pharma-kritik publizierte Übersicht zeigte, dass bis 1994 weder zur primären noch zur sekundären Prävention osteoporotisch bedingter Frakturen Ergebnisse von methodisch aussagekräftigen Studien vorlagen.(1) Seither sind die Resultate verschiedener grosser Studien publiziert worden. Welche neuen Erkenntnisse ergeben sich daraus?
Die Osteoporose ist charakterisiert durch eine erhöhte Frakturanfälligkeit infolge abnormer ossärer Mikroarchitektur und erniedrigter Knochendichte. Das Frakturrisiko wird jedoch nicht nur durch Eigenschaften des Knochens, sondern in hohem Masse auch durch extraossäre Faktoren (Körperbau, Muskelmasse, Alter, Sturzhäufigkeit) definiert. Rund ein Drittel aller über 65jährigen stürzt pro Jahr mindestens einmal, wobei 5% der Stürze eine Fraktur verursachen. Mit zunehmendem Alter steigt nicht nur das Sturzrisiko, sondern auch das Risiko, sich bei einem Sturz eine Fraktur zuzuziehen. So nimmt beispielsweise die Inzidenz von proximalen Femurfrakturen bei Frauen ab 65 Jahren, bei Männern ab 70 Jahren exponentiell zu. Eine Verminderung der Knochendichte stellt nur einen von zahlreichen Risikofaktoren dar, eine osteoporotisch bedingte Fraktur zu erleiden. Es ist deshalb nicht überraschend, dass Frakturen im Einzelfall schlecht voraussehbar sind, wenn man sich ausschliesslich auf die Knochendichte abstützt.
Zur Beurteilung des Nutzens einer medikamentösen Osteoporosetherapie sind namentlich zwei Überlegungen zu berücksichtigen:
1. Zuverlässig lässt sich der Nutzen eines Medikamentes nur anhand von Doppelblindstudien beurteilen, in denen die Zahl neu aufgetretener Frakturen (Frakturinzidenz) unter aktiver Therapie mit jener unter Placebo verglichen wird. Ergebnisse aus Verlaufsstudien können aufgrund des Selektionsbias den Nutzen der Intervention überschätzen. Auch wenn kumulierte Frakturraten als Resultat angegeben werden, wird der Nutzen zu hoch eingeschätzt, da hier wiederholte Frakturen bei den gleichen Individuen als unabhängige Ereignisse gewertet werden.
2. Studien, in denen die Wirksamkeit eines Medikamentes lediglich mittels Knochendichtemessung beurteilt wird, kommt nur eine geringe Aussagekraft zu, da nicht immer ein Zusammenhang zwischen Knochendichte und Frakturrisiko besteht.(2) In den letzten Jahren sind nur wenige Studien veröffentlicht worden, die diesen Anforderungen genügen.(3) Hier sollen nun im wesentlichen die Erkenntnisse zusammengefasst werden, die sich auf die Osteoporose von Frauen nach der Menopause beziehen.
Klinische Studien
Kalzium / Vitamin D
Eine randomisiert-kontrollierte Studie umfasste inital 3270 durchschnittlich 84 Jahre alte Frauen, die während drei Jahren täglich 1,2 g Kalzium und 800 IE Colecalciferol (Vitamin D3) oder entsprechende Placebos erhielten. In der aktiv behandelten Gruppe erlitten 12%, in der Placebogruppe signifikant mehr, nämlich 16% der Frauen mindestens eine proximale Femurfraktur. Zur Inzidenz von Wirbelfrakturen finden sich keine Angaben.(4)
Ähnliche Ergebnisse ergab eine kleinere Doppelblindstudie, in der 389 Personen (213 Frauen und 176 Männer, Durchschnittsalter 71 Jahre) während drei Jahren entweder 500 mg Kalzium und 700 IE Colecalciferol täglich oder Placebo erhielten. Unter aktiver Behandlung hatten 11 (6%), unter Placebo 26 Personen (13%) eine periphere Fraktur.(5)
Die Verabreichung von Colecalciferol allein erwies sich hingegen in einer randomisiert-kontrollierten Studie als wirkungslos. Die Studie umfasste 1916 Frauen und 662 Männer mit einem Durchschnittsalter von 80 Jahren, die während 36 bis 42 Monaten täglich 400 IE Colecalciferol oder Placebo erhielten. Zwischen den beiden Gruppen fanden sich keine signifikanten Unterschiede in bezug auf die Häufigkeit peripherer Frakturen.(6)
Alendronat
Primärprävention
Eine multizentrische Doppelblindstudie umfasste 4432 Frauen im Alter von 54 bis 81 Jahren, deren Knochendichte im Schenkelhalsbereich mindestens um 1,6 Standardabweichungen unter jener von jungen Frauen lag ("T-Score" von -1,6 oder schlechter), und die bei Studienbeginn radiologisch keine Wirbelfrakturen aufwiesen. Während durchschnittlich 4,2 Jahren wurde Alendronat (in den ersten zwei Jahren 5 mg/Tag, später 10 mg/Tag) oder Placebo verabreicht. 80% aller Frauen wurden zusätzlich mit 500 mg Kalzium und 250 IE Colecalciferol pro Tag behandelt. Der primäre Endpunkt war das Auftreten einer symptomatischen Fraktur. Die Resultate von 82% aller Teilnehmerinnen konnten ausgewertet werden. In der Alendronat-Gruppe erlitten 272 Frauen (12%), in der Placebo-Gruppe 312 Frauen (14%) mindestens eine symptomatische Fraktur. Dieser Unterschied ist statistisch nicht signifikant. Die Knochendichte nahm in der Alendronat-Gruppe gegenüber der Placebo-Gruppe durchschnittlich um 5 bis 6% zu. Anhand des initialen "T-Scores" wurden Posthoc-Subanalysen durchgeführt. Sie zeigten, dass Frauen mit sehr niedriger Knochendichte ("T-Score" von -2,5 oder schlechter) von Alendronat profitierten: In der Alendronatgruppe trat bei 107 Frauen (13%), in der Placebogruppe bei 159 Frauen (20%) mindestens eine symptomatische Fraktur auf.(8)
Sekundärprävention
In eine Doppelblindstudie wurden 2027 Frauen eingeschlossen, die bereits mindestens eine Wirbelfraktur erlitten hatten, und deren im Schenkelhalsbereich gemessene Knochendichte mindestens um 2,1 Standardabweichungen unter jener von jungen Frauen lag. Sie erhielten entweder Alendronat (5 mg/Tag in den ersten zwei Jahren, 10 mg/Tag im dritten Jahr) oder Placebo. Die meisten Frauen erhielten zudem 500 mg Kalzium und 250 IE Colecalciferol pro Tag. Nach drei Jahren zeigte sich, dass in der Alendronat-Gruppe signifikant weniger Wirbel- und Extremitätenfrakturen aufgetreten waren als in der Placebogruppe. Unter Alendronat wiesen 78 Frauen (8%) neue Wirbelkörperfrakturen im Röntgenbild auf, 23 dieser Frakturen waren auch klinisch manifest. In der Alendronatgruppe waren zudem 11 proximale Femurfrakturen und 22 distale Handgelenksfrakturen zu verzeichnen. In der Placebogruppe war die Frakturinzidenz ungefähr doppelt so hoch. Die Knochendichte nahm in der Alendronat-Gruppe gegenüber der Placebogruppe durchschnittlich um 4 bis 6% zu.(10)
Alternative Alendronat-Dosierungen (einmal wöchentlich 70 mg oder zweimal wöchentlich 35 mg) haben sich bezüglich Knochendichte als ähnlich wirksam gezeigt wie die tägliche Verabreichung von 10 mg.(11) Ferner befindet sich eine Reihe von neuen Bisphosphonaten in klinischer Erprobung.
Östrogensubstitution
Über 27'000 Frauen nehmen in den USA an einer Doppelblindstudie der "Women's Health Initiative" teil, in der die Auswirkungen einer Östrogen/Gestagen-Substitution - unter anderem - auf die Frakturinzidenz untersucht werden. Resultate werden erst in einigen Jahren vorliegen.
Wenn einzelne Fachleute schon heute eine präventive Östrogenverabreichung empfehlen, so beziehen sie sich in erster Linie auf Studien mit Knochendichtemessungen. Es liegen auch einige Beobachtungsstudien von Kohorten vor, die unter Östrogenen eine reduzierte Inzidenz von Frakturen zeigen. Resultate von kontrolliert-randomisierten Studien beziehen sich ausschliesslich auf Wirbelfrakturen; zudem handelt es sich dabei um kleine, methodisch ungenügende Studien. Zur Beeinflussung der Inzidenz von Extremitätenfrakturen durch Östrogene liegen keine Daten vor.(12)
Raloxifen
Raloxifen (Evista®), vor kurzem in pharma-kritik genauer beschrieben,(14)
ist ein selektiver Östrogen-Rezeptor-Modulator mit Östrogenwirkung auf das Skelett und Antiöstrogenwirkung auf Uterus- und Mammagewebe. In einer Doppelblindstudie erhielten 6828 Frauen, deren Menopause durchschnittlich etwa 20 Jahre zurücklag, während 3 Jahren Raloxifen (60 oder 120 mg/Tag) oder Placebo sowie täglich 500 mg Kalzium und 400 bis 600 IE Colecalciferol. Alle hatten eine Osteoporose nach WHO-Kriterien ("T-Score" unter -2,5). Unter Raloxifen erlitten signifikant weniger Frauen (rund 6%) mindestens eine neue Wirbelfraktur als unter Placebo (rund 10%). Am deutlichsten war die Wirkung bei Frauen, die schon vor der Studie eine oder mehrere Wirbelfrakturen hatten: unter 120 mg Raloxifen täglich trat nur bei 10,7%, unter 60 mg täglich bei 14,7%, unter Placebo dagegen bei 21,2% mindestens eine weitere Wirbelfraktur auf. Die Inzidenz nicht-vertebraler Fraktur wurde gesamthaft von Raloxifen nicht beeinflusst.(15)
Nach heutigen Kenntnissen verursacht Raloxifen keine Zunahme von Mamma- und Uteruskarzinomen. Hingegen begünstigt Raloxifen klimakterische Beschwerden. Thromboembolische Ereignisse sind unter Raloxifen zwar selten, aber signifikant häufiger als unter Placebo.
Calcitonin
Fluoride
Die Resultate älterer Studien sprechen bekanntlich gegen eine Wirksamkeit der Fluoride bei Osteoporose. In einer randomisierten Studie wurde nun nochmals die Frakturinzidenz unter Fluoriden mit derjenigen unter Placebo verglichen. An der Studie nahmen 354 durchschnittlich 66 Jahre alte Frauen mit vorbestehenden Wirbelfrakturen teil. Neben der Studienmedikation erhielten alle auch 1000 mg Kalzium und 800 IE Colecalciferol täglich. Nach 2 Jahren Studiendauer fanden sich zwischen den verschiedenen Gruppen keine Unterschiede in bezug auf die Häufigkeit von Extremitätenfrakturen und neuen Wirbelfrakturen.(17) Zwei weitere neuere, noch kleinere Fluoridstudien sind mangels Angaben über Extremitätenfrakturen nicht aussagekräftig.(3)
Nach heutigem Wissen kommt somit den Fluoriden keine Bedeutung in der Behandlung der Osteoporose zu.
Praktische Empfehlungen
Diagnostik
Die wichtigsten Fragen in der Osteoporose-Diagnostik lauten: Welche Frauen haben ein erhöhtes Frakturrisiko, und wie können sie einfach und zuverlässig identifiziert werden?
Anamnestische und klinische Daten sind bezüglich Frakturrisiko insgesamt mindestens ebenso aussagekräftig wie die Knochendichte. Das Frakturrisiko ist in erster Linie bei Frauen erhöht, die über 65 Jahre alt sind und deren Mutter osteoporosebedingte Frakturen erlitten hat. Generell steigt das Risiko nach der Menopause allmählich an; so ist das Risiko schon früh erhöht bei Frauen mit einer Menopause oder beidseitigen Ovarektomie im Alter von weniger als 45 Jahren. Erhöht ist das Frakturrisiko auch bei einem Körpergewicht von weniger als 60 kg, bei längerer Bettlägerigkeit (täglich mehr als 20 Stunden im Bett) und - wegen der Sturzgefahr - bei Einnahme eines langwirkenden Benzodiazepines, bei neurologisch bedingten Gangstörungen und bei Sehstörungen. Das höchste Frakturrisiko weisen Frauen auf, die bereits eine osteoporosebedingte Fraktur erlitten haben.
(Auf die Problematik sekundärer Osteoporoseformen - z.B. nach Kortikosteroidverabreichung - soll hier nicht eingegangen werden.)
Biochemisches Merkmal der primären Osteoporose ist eine beschleunigte Knochenresorption. Leider sind jedoch die zur Zeit verfügbaren Knochenresorptions-Parameter (z.B. Konzentration der Telopeptide und Pyridinoline im Urin) zu wenig zuverlässig in der individuellen Frakturvorhersage, als dass sich ihre routinemässige Bestimmung lohnen würde.(18)
Die Dualenergie-Röntgenabsorptiometrie (DXA) hat sich als beste Methode zur Messung der Knochendichte durchgesetzt; sie ist das einzige Verfahren, für das Langzeitergebnisse zur prognostischen Bedeutung der Knochendichte vorliegen. In der Regel wird die Knochendichte im Bereich des Schenkelhalses und des zweiten bis vierten Lendenwirbelkörpers gemessen, wobei die Schenkelhalswerte besser standardisiert sind und wegen geringerer Artefaktanfälligkeit vor allem bei älteren Leuten als zuverlässiger angesehen werden.(19)
Die heute sehr populäre quantitative Ultraschalluntersuchung weist gegenüber der DXA den Nachteil auf, die Dichte von Knochen (Kalkaneus, Phalangen) zu messen, deren Eigenschaften nur sehr beschränkt mit jenen der von osteoporotischen Komplikationen betroffenen Knochen übereinstimmen. Die Ultraschalluntersuchung gilt bisher nicht als validierte Methode. Gemäss der WHO liegt eine Osteoporose vor, wenn die mittels DXA bestimmte Knochendichte mindestens um 2,5 Standardabweichungen unter jener von 20- bis 29jährigen gesunden weissen Personen liegt. Ist die Knochendichte nur um 1,0 bis 2,4 Standardabweichungen reduziert, so spricht man von Osteopenie.
Die Mehrzahl der Fachleute ist sich heute einig, die Densitometrie erlaube keine verbindliche Aussage zur individuellen Frakturgefährdung.(20) Dass die Knochendichte als Surrogat-Parameter gar irreleiten kann, wird durch die Tatsache untermauert, dass es unter Fluoriden trotz zunehmender Knochendichte zu vermehrten Extremitäten-Frakturen kommen kann.(2)
Dennoch empfehlen viele, die Knochendichte bei allen Frauen zu messen, die - zusätzlich zur Menopause - mindestens einen Risikofaktor für osteoporotisch bedingte Frakturen aufweisen oder die bereits eine Fraktur erlitten haben. Noch weiter gehen die aktuellen amerikanischen Richtlinien mit äusserst komplizierten Algorithmen, nach denen schliesslich sämtliche weissen Frauen nach der Menopause einer Densitometrie zugeführt werden müssten.
Ein rationales Vorgehen könnte so aussehen: Eine densitometrische Untersuchung wird nur bei jenen Frauen durchgeführt, die bisher keine Fraktur erlitten haben, die aber aufgrund der Anamnese ein hohes Frakturrisiko aufweisen und deshalb für eine primärpräventive Behandlung mit Alendronat in Frage kommen könnten. Gut wäre es, wenn sich so das individuelle Frakturrisiko einschätzen liesse. Dies ist vorläufig nicht möglich, da keine entsprechende Risikoskala zur Verfügung steht. Frauen, die bereits osteoporosebedingte Frakturen erlitten haben, lassen sich ohne vorgängige Densitometrie einer sekundärpräventiven Behandlung zuführen. In der Praxis ist allerdings oft sowohl von ärztlicher wie von Patientinnen-Seite her das Bedürfnis nach einer Überprüfung des Behandlungserfolgs vorhanden; ohne initiale DXA ist dies nicht realisierbar.
Bei niedrigem Frakturrisiko kann grundsätzlich auf eine Densitometrie verzichtet werden.
Prophylaxe und Therapie
Allgemeine, nicht-medikamentöse Strategien zur Verhütung osteoporosebedingter Frakturen sollten breit empfohlen und angewandt werden, wenngleich ihr Nutzen im Zusammenhang mit der Osteoporose nur bruchstückhaft dokumentiert ist. Mögliche Massnahmen sind eine ausgewogene, kalziumreiche Ernährung, körperliche Aktivität (z.B. regelmässiges Krafttraining) und das Vermeiden von übermässigem Alkohol- oder Tabakkonsum. Dabei handelt es sich um Massnahmen, die sich auch sonst vorteilhaft auswirken und keine unerwünschten Effekte verursachen. Von grosser Bedeutung ist die Verhinderung von Stürzen bei älteren Leuten. In randomisierten Studien konnte auf eindrucksvolle Weise gezeigt werden, dass sich die Inzidenz von Stürzen (und damit von Frakturen) durch gezielte Interventionen - Geh- und Gleichgewichtstraining, Absetzen von ungeeigneten Medikamenten (vor allem Psychopharmaka und langwirkende Schlafmittel), Visuskorrektur, Optimierung von Möblierung, Bodenbeschaffenheit, Beleuchtung und Schuhwerk - signifikant reduzieren lässt.(21) Sturzgefährdete Personen profitieren auch vom Gebrauch eines Hüftschoners: dank einem solchen über das Hüftgelenk getragenen Schoner konnte bei Personen mit einem Durchschnittsalter von 82 Jahren in einer randomisierten Studie die Inzidenz einer Schenkelhalsfraktur auf die Hälfte reduziert werden.(22)
Die Frage, nach welchen Kriterien und mit welcher Substanz eine Primärprävention der Osteoporose eingeleitet werden sollte, ist weiterhin nicht schlüssig beantwortet. Sämtliche Empfehlungen zur medikamentösen Osteoporose-Prophylaxe stehen auf schwachen Füssen. Anderseits ist es kaum mehr vertretbar, auf die erste Fraktur zu warten, bis eine Therapie begonnen wird. Der oft angeführte Vergleich, eine Hypertonie werde auch nicht erst behandelt, wenn bereits zerebrovaskuläre Komplikationen aufgetreten sind, hinkt allerdings, ist doch der Nutzen einer Hypertoniebehandlung ungleich besser dokumentiert als derjenige einer Osteoporose-Prophylaxe. Wir bewegen uns somit auf einem schmalen Grat zwischen therapeutischem Nihilismus und unkritischer Anwendung von Medikamenten, deren Nutzen nicht gesichert ist.
Welchen Weg gibt es, aus diesem Dilemma herauszukommen? Wir könnten beispielsweise allen Frauen ab 65 Jahren (und allen Männern ab 70 Jahren) ohne vorgängige Densitometrie Kalzium (500 bis 1000 mg täglich) und Colecalciferol (Vitamin D3, 400 bis 800 IE täglich) verabreichen. Dabei handelt es sich um eine höchstwahrscheinlich wirksame und nebenwirkungsarme Kombination,5 deren vergleichsweise günstiger Preis die Industrie wohl davon abgehalten hat, für eine umfassendere Dokumentation der Wirksamkeit zu sorgen. Bei Frauen, die aufgrund von anamnestischen Daten - osteoporosebedingte Fraktur bei einer Verwandten ersten Grades, frühzeitige Menopause, Körpergewicht unter 60 kg - ein hohes Frakturrisiko aufweisen, und deren Knochendichte zudem um mindestens 2,5 Standardabweichungen vermindert ist, wäre die zusätzliche Gabe von Alendronat zu erwägen.
Die Notwendigkeit einer Behandlung von Personen mit bereits vorhandenen osteoporosebedingten Frakturen ist unbestritten. Eine praktisch bedeutsame sekundärpräventive Wirkung ist bisher nur für Alendronat und das bisher in der Schweiz nicht erhältliche Risedronat - in Kombination mit Kalzium und Colecalciferol - auf adäquate Weise nachgewiesen worden. Wir wissen jedoch bisher nichts über die optimale Dauer einer Alendronat-Behandlung. Raloxifen ist bestenfalls zweite Wahl, solange keine Studien vorliegen, die eine Reduktion nichtvertebraler Frakturen zeigen.
Literatur
- 1) Bucher HC, Schmidt JG. pharma-kritik 1994; 16: 13-6
- 2) Bucher HC et al. JAMA 1999; 282: 771-8
- 3) Meunier PJ. Int J Clin Pract 1999; 53: 122-9
- 4) Chapuy MC et al. Br Med J 1994; 308: 1081-2
- 5) Dawson-Hughes B et al. N Engl J Med 1997; 337: 670-6
- 6) Lips P et al. Ann Intern Med 1996; 124: 400-6
- 7) Gysling E. pharma-kritik 1996; 18: 9-11
- 8) Cummings SR et al. JAMA 1998; 280: 2077-82
- 9) Pols HA et al. Osteoporosis Int 1999; 9: 461-8
- 10) Black DM et al. Lancet 1996; 348: 1535-41
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- 14) Masche UP. pharma-kritik 2000; 22: 33-4
- 15) Ettinger B et al. JAMA 1999; 282: 637-45
- 16) Chesnut CH et al. Am J Med 2000; 109: 267-76
- 17) Meunier PJ et al. Osteoporosis Int 1998; 8: 4-12
- 18) Looker AC et al. Osteoporosis Int 2000; 11: 467-80
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- 20) Wilkin TJ. Br Med J 1999; 318: 862-5
- 21) Feder G et al. Br Med J 2000; 321: 1007-11
- 22) Kannus P et al. N Engl J Med 2000 ; 343 : 1506-13
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