Omeprazol
- Autor(en): André L. Blum
- pharma-kritik-Jahrgang 11
, Nummer 06, PK618
Redaktionsschluss: 28. März 1989 - PDF-Download der Printversion dieser pharma-kritik Nummer
Kommentar
Im pharma-kritik-Beitrag zum Thema «Omeprazol»(1) entdecke ich einen Kontrast zwischen den ersten 198 Zeilen und den beiden letzten: nach einer ausführlichen Beschreibung der hervorragenden Wirksamkeit und bisher guten Verträglichkeit des Medikamentes wird die Frage gestellt, «ob es richtig ist, Omeprazol ausserhalb von kontrollierten Studien einzusetzen».
Ich kann mir vorstellen, dass hier eine für das Verständnis wichtige Passage dem Rotstift zum Opfer gefallen ist, nämlich, dass der Einsatz des Omeprazols bei der Kurativtherapie der Ösophagitis und der Ulzera empfehlenswert ist, während eine Langzeittherapie in den seltenen Fällen, wo eine solche Indikation besteht, vorderhand noch in kontrollierten Studien erfolgen sollte.
Neben den im Artikel bereits erwähnten Argumenten erscheinen mir die folgenden Punkte wichtig:
1. Es wird von einer Erfahrung bei 3000 Patienten gesprochen. Schon im Oktober 1988 stand eine vollständige Dokumentation von 13’000 Kurativtherapien und 500 bis zu 5 Jahre dauernden Langzeittherapien zu Verfügung. Die Zahl der Kurativtherapien hat sich seither vervielfacht. Bei einem Stand von nur 3000 Behandlungen war ich selbst noch zurückhaltend; heute kann ich Omeprazol zur Kurativtherapie aller peptischen Erkrankungen empfehlen. Wie bei jedem neu eingeführten Medikament bleibt eine gewisse, wenn auch minimale, Unsicherheit hinsichtlich seltener Nebenwirkungen bestehen. Ich glaube, dass die Zahl von einer Million Omeprazol-Behandlungen, die zur Beseitigung dieser letzten Unsicherheit notwendig ist, bald erreicht sein wird.
2. Zur Frage der Karzinogenität von Omeprazol stehen schon heute gute Studien zur Verfügung, die ein günstiges Urteil zulassen. Beispielsweise ergab die histologische Untersuchung der Magenschleimhaut von 122 während mindestens eines Jahres mit Omeprazol behandelten Patienten durch Solcia und Mitarbeiter, dass selbst unter einer hochdosierten Langzeittherapie keine Karzinoide oder deren Vorstufen entstehen. Auch dysplastische Veränderungen wurden nicht beobachtet.
3. Ich bezweifle, dass beim Omeprazol «wie bei den H2- Blockern eine chronische Verabreichung vorprogrammiert » ist. Wenn die Kurativtherapie derart problemlos wird wie mit Omeprazol, tritt die Notwendigkeit zur Verhütung von Rezidiven, im Falle der H2-Blocker leider recht häufig notwendig, in den Hintergrund.
Ich könnte mir vorstellen, dass man die wirkliche Gefahr von Omeprazol nicht in den Nebenwirkungen, sondern in seiner «zu guten» Wirksamkeit sehen könnte. Die alle Rekorde sprengenden Verkaufserfolge der Histaminantagonisten führen möglicherweise zur Befürchtung, dass auch das Omeprazol kritiklos, ohne vorherige Diagnosestellung, zur Behandlung von Bagatellbeschwerden verwendet wird. Es besteht ferner die Gefahr, dass ein Patient zunächst scheinbar erfolgreich medikamentös behandelt wird, bis schliesslich -- zu spät -- ein Malignom als Ursache seiner Beschwerden erkannt wird. Diese Befürchtungen sind berechtigt, gelten aber für alle Ulkusmedikamente. Ich würde es begrüssen, wenn die Aerzte zu einer besseren Beachtung der zugelassenen Indikationen der Ulkusmedikamente angehalten werden könnten. Es scheint mir indessen nicht gerechtfertigt, auf Grund solcher Überlegungen dem Omeprazol als dem zur Zeit potentesten Ulkusmedikament Restriktionen aufzuerlegen.
André L. Blum
Literatur
- 1) B. Widmer: pharma-kritik 11: 5, 1989
Standpunkte und Meinungen
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