Kiffen und Autofahren: geht schlecht

  • f -- Laumon B, Gadegbeku B, Martin JL et al. Cannabis intoxication and fatal road crashes in France: population based case-control study. BMJ 2005 (10. Dezember); 331: 1371-6
  • Zusammenfassung: Renato L. Galeazzi
  • Kommentar: Ulfert Grimm
  • infomed screen Jahrgang 10 (2006) , Nummer 3
    Publikationsdatum: 1. März 2006
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Studienziele
Im Fahrsimulator verschlechtert Cannabis die Fahrtüchtigkeit, aber epidemiologische Studien zu den Auswirkungen im Strassenverkehr waren bis anhin schwierig zu interpretieren, weil Cannabis selten konsumiert wurde und dann erst noch meist zusammen mit Alkohol. Mit dieser Studie sollte das relative Risiko, unter Cannabis-Einfluss einen tödlichen Verkehrsunfall zu verursachen, eruiert werden.

Methoden
Diese Fall-Kontroll-Studie aus Frankreich erfasste alle zwischen Oktober 2001 und September 2003 in einen tödlichen Verkehrsunfall verwickelten Motorfahrzeuglenkerinnen und -lenker, von denen Blut-Alkohol-Spiegel und die Konzentrationen von Tetrahydrocannabinol (THC) in Urin oder Blut bekannt waren. «Fälle» waren diejenigen, welche ursächlich für den Unfall verantwortlich zeigten, «Kontrollen» diejenigen, welche ohne Verschulden in den Unfall verwickelt waren. Wichtigste Variable war der positive Nachweis von THC. Alkohol wurde ebenfalls untersucht und diente als Kontrolle, da sowohl Konsum als auch Anteil an tödlichen Unfällen in Frankreich bekannt sind. Die anderen Faktoren, für welche die Resultate kontrolliert wurden, waren Opiate, Kokain und Amphetamine im Blut, Alter, Geschlecht, Art des Vehikels und der Zeitpunkt des Unfalls.

Ergebnisse
Im untersuchten Zeitraum konnten 6’766 Fälle und 3’006 Kontrollen erfasst werden. Von diesen 9’772 Personen hatten 7% einen positiven THC-Nachweis und 21% mehr als 0,5 g/l Alkohol im Blut und 3% beides. Männer, jüngere Personen, und solche, die mit Moped- oder Motorrad unterwegs waren, hatten häufiger beide Substanzen gebraucht als Frauen, Ältere und Autolenkerinnen und -lenker. Sowohl Alkohol als auch THC (jeweils korrigiert für die andere Substanz) waren signifikant und dosisabhängig mit den Unfällen verbunden («odds ratio» für Alkohol 8,5 und für THC 1,8). Relevante Co-Faktoren waren dabei männliches Geschlecht, jüngeres Alter, Moped- oder Motorradfahren und nächtliche Unfallzeit. Der Anteil von Cannabis an den Unfallursachen wurde auf 4%, derjenige von Alkohol auf 31% berechnet, jeweils korrigiert für die andere Substanz.

Schlussfolgerungen
Cannabiskonsum erhöht signifikant das Risiko, in einen Verkehrsunfall ursächlich verwickelt zu werden. In Frankreich war aber Alkohol massiv häufiger die beteiligte Droge als Cannabis.

Zusammengefasst von Renato L. Galeazzi

Die verkehrsrelevante Bedeutung des Cannabiskonsums hat in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen, nicht zuletzt auch im Rahmen der Diskussionen über eine Legalisierung des Konsums. Mit der Revision des Strassenverkehrsgesetzes zum 1.1.2005 wurde als Grenzwert für eine Fahrunfähigkeit eine Blut-THCKonzentration von 1,5 μg/l festgelegt, welcher einer so genannten «Nulltoleranz» entspricht. Eine Beeinflussung der Fahrfähigkeit durch THC-Wirkung ist erst bei höheren THC-Konzentrationen zu erwarten, wie dies auch in der vorliegenden Untersuchung deutlich wird. Daneben muss aber zwei weiteren Aspekten Beachtung geschenkt werden: Auch bei scheinbar geringen THCKonzentrationen ist nämlich eine Beeinträchtigung der Fahrfähigkeit infolge Reduktion der so genannten Leistungsreserve möglich. Dies kann insbesondere in schwierigen, nicht voraussehbaren Verkehrssituationen Bedeutung erlangen. Zudem muss auf die Problematik einer Kumulation von THC im Körper infolge der langen Halbwertzeit hingewiesen werden, wodurch vor allem bei regelmässigem Konsum eine Trennung von Konsum und Fahren erschwert bis verunmöglicht werden kann.

Ulfert Grimm



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