Antiretrovirale Kombination weckt neue Hoffnungen

  • r -- Delta Coordinating Committee. Delta: a randomised double-blind controlled trial comparing combinations of zidovudine plus didanosine or zalcitabine with zidovudine alone in HIV infection. Lancet 1996 (3. August); 348: 283-91
  • Kommentar: Manuel Battegay
  • infomed screen Jahrgang 1 (1997) , Nummer 1
    Publikationsdatum: 1. Januar 1997
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Studienziele

Der Nutzen einer Monotherapie mit Zidovudin (AZT, Retrovir®), einem Transkriptase-Hemmer (RT-Hemmer), bei HIV-Infektionen ist gut belegt, jedoch relativ bescheiden: das Leben wird im Mittel nur um wenige Monate verlängert. Eine Kombination von mehreren RT-Hemmern hatte in kleineren Studien eine ausgeprägtere Wirkung auf die Laborparameter CD4-Zellzahl und Viruskonzentration. Die Delta-Studie verglich die Wirksamkeit einer Kombination von Zidovudin mit Didanosin (ddI, Videx®) oder Zalcitabin (ddC, Hivid®) gegen Zidovudin allein.

Methoden

In 175 Zentren in Europa, Australien und Neuseeland wurden 1992 bis 1994 HIV-positive Personen mit weniger als 350x106/l CD4-Zellen aufgenommen und nach dem Zufallsprinzip entweder mit Zidovudin kombiniert mit Didanosin oder Zalcitabin oder Placebo behandelt. Schwere Aids-Fälle wurden ausgeschlossen. Personen, die bisher noch nie mit Zidovudin behandelt worden waren («Zidovudin-naiv») wurden ebenso eingeschlossen wie Personen, die früher bereits Zidovudin erhalten hatten («Zidovudin-erfahren»). Kontrollen wurden im ersten Halbjahr monatlich, dann 2-monatlich durchgeführt. Als Hauptendpunkte wurden Tod und, bei Personen ohne Aids bei Eintritt, das Auftreten von Aids definiert. Personen mit Krankheitsprogression konnten im Verlauf auf die Kombinationstherapie umstellen oder auf die andere Kombination wechseln. Die Analyse erfolgte jedoch nach dem «Intention-to-treat»-Prinzip (siehe Seite 8).

Ergebnisse

Insgesamt 3308 Personen (85 aus der Schweiz) wurden aufgenommen. Die Mehrheit hatte bei Studienbeginn kein Aids. Die mittlere Beobachtungsdauer betrug 30 Monate, wobei während rund 18 Monaten die zugeordnete Therapie eingenommen wurde. Insgesamt 699 Patienten (22%) starben. Die Sterblichkeit wurde vor allem bei Zidovudin-naiven Patienten deutlich und statistisch signifikant gesenkt: um 42% mit Zidovudin/Didanosin und um 32% mit Zidovudin/Zalcitabin. Bei Zidovudin-erfahrenen Patienten waren die Resultate weniger positiv: mit Zidovudin/Didanosin wurde die Sterblichkeit um 23%, mit Zidovudin/Zalcitabin nur um 9% gesenkt (statistisch nicht signifikant). Bei 939 der 2765 Patienten (34%), die initial Aids-frei waren, kam es im Verlauf zu einer Aids-definierenden Erkrankung. Die Progressionsrate wurde wiederum vor allem bei Zidovudin-naiven Patienten günstig beeinflusst, während bei den anderen kein signifikanter Vorteil einer Kombinationstherapie nachgewiesen werden konnte. Unerwünschte Wirkungen, die zum Abbruch der Studienmedikation führten, traten bei rund 25% der Patienten auf. Bei Zidovudin/Didanosin standen gastrointestinale Symptome im Vordergrund (14%), bei Zidovudin/Zalcitabin periphere Neuropathien (6%), gastrointestinale Symptome (3%) und Ulzera im Mund (3%). Eine Pankreatitis trat bei 12 Patienten (1%) unter Zidovudin/Didanosin und bei 5 Patienten (0,5%) unter Zidovudin/Zalcitabin auf.

Schlussfolgerungen

Der Delta-Trial zeigt, dass eine Kombination von zwei Transkriptase-Hemmern einer Monotherapie mit Zidovudin überlegen ist. Diese Überlegenheit ist bei Zidovudin-naiven Patienten ausgeprägt, während bei Zidovudin-erfahrenen Patienten der Unterschied statistisch nicht signifikant war. Zidovudin/Didanosin ist die wirksamere Kombination als Zidovudin/Zalcitabin, allerdings ist Didanosin deutlich unangenehmer im Geschmack. Pankreatitis und periphere Neuropathie traten eher seltener auf als erwartet. Auf Grund dieser Studie bleibt unklar, zu welchem Zeitpunkt mit der antiretroviralen Therapie begonnen werden sollte.

Kombinationstherapien werden seit einigen Jahren bei HIV-infizierten Patienten verwendet. Die Delta-Studie zeigte zum ersten Mal, dass eine Kombinationstherapie mit RT-Hemmern im Vergleich zu einer Monotherapie das Leben verlängert und die Progression verzögert. Dies wurde seither in zwei weiteren Studien bestätigt (ACTG 175, CPCRA 007).

Trotzdem sind die Resultate dieser Studien bereits durch die rasante Entwicklung, besonders durch die Einführung neuer Medikamente (Proteinasehemmer) überholt worden. Ob Studien mit klinischen Endpunkten in Zukunft überhaupt noch durchgeführt werden können ist unklar, da die Wirksamkeit einer Therapie wahrscheinlich auch an Hand von Virusmenge und CD4-Zellzahl geprüft werden kann. Aktuelle Therapierichtlinien finden sich im BAG-Bulletin.1

Manuel Battegay

1 Anon. Richtlinien zur Behandlung der HIV-Infektion mit antiviralen Medikamenten.
BAG-Bulletin 1996 (29. Juli); 29: 5-7

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