Schwangerschaft unbeeinflusst von antiretroviralen Mitteln

  • a -- Tuomala RE, Shapiro DE, Mofenson LM et al. Antiretroviral therapy during pregnancy and the risk of an adverse outcome. N Engl J Med 2002 (13. Juni); 346: 1863-70 [Link]
  • Kommentar: Pietro L. Vernazza
  • infomed screen Jahrgang 6 (2002) , Nummer 9
    Publikationsdatum: 1. September 2002
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Studienziele
Bei HIV-positiven Schwangeren wird eine antiretrovirale Therapie empfohlen, um das Infektionsrisiko für das Kind zu vermindern und den Gesundheitszustand der Mutter zu verbessern. Einzelne Studien liessen ein erhöhtes Risiko für  Frühgeburten unter einer antiretroviralen Therapie vermuten. In dieser Arbeit wurde untersucht, ob diese Therapien den Schwangerschaftsverlauf verändern bzw. welche unmittelbaren Risiken für das Kind damit verbunden sind.

Methoden
Es wurden die Daten von 2 abgeschlossenen und 5 noch nicht beendeten Studien analysiert. Die erste Gruppe bildeten 1’143 HIV-positive Frauen, die zwischen 1990 bis Februar 1994 geboren hatten und während der Schwangerschaft keine antiretrovirale Therapie erhalten hatten. Die andere Gruppe umfasste 2’123 Frauen, bei denen die Geburt zwischen März 1994 und 1998 stattgefunden hatte und die antiretroviral behandelt worden waren; bei 1’590 wurde eine Monotherapie - in der Regel mit Zidovudin (Retrovir®) - durchgeführt, 396 erhielten eine Kombination ohne Proteasehemmer und 137 einer Kombination mit Proteasehemmern. In allen Fällen musste die Schwangerschaftsdauer dokumentiert sein und mindestens 20 Wochen betragen; es wurden keine Mehrlingsschwangerschaften miteinbezogen.

Ergebnisse
Nachdem man die Daten hinsichtlich schwangerschaftsbeeinträchtigender Faktoren wie Rauchen oder Alkohol- und Drogenmissbrauch korrigiert hatte, errechnete sich für die Gruppe ohne antiretrovirale Medikamente eine Rate von 17% Frühgeburten (Schwangerschaftsdauer unter 37 Wochen) und eine Rate von 16% untergewichtiger Kinder (Geburtsgewicht unter 2’500 g). In der behandelten Gruppe waren diese Raten mit je 16% praktisch gleich. Auch hinsichtlich Apgar-Score und Totgeburtenrate fanden sich keine Unterschiede. Der Anteil stark untergewichtiger Kinder (Geburtsgewicht unter 1'500 g) betrug 2% bei den behandelten und 1% bei den unbehandelten Frauen (Unterschied nicht signifikant). Es fiel auf, dass das Risiko, ein untergewichtiges Kind zu gebären, unter einer Kombination ohne Proteasehemmer niedriger war als unter einer Kombination mit Proteasehemmern.

Schlussfolgerungen
Eine antiretrovirale Therapie hat keinen negativen Einfluss auf den Schwangerschaftsverlauf. Das Risiko für ein niedriges Geburtsgewicht scheint unter einer Kombinationstherapie ohne Proteasehemmer am niedrigsten zu sein. (UM)

HIV-positive Frauen haben zwar relativ häufig eine Frühgeburt, doch dürfte dies mit der grossen Anzahl von Drogensüchtigen in dieser Population zu erklären sein. Weitere Studien müssen nun noch belegen, dass die antivirale Therapie keine Schäden beim Neugeborenen verursachen. Angesichts des grossen Nutzens einer antiviralen Therapie während der Schwangerschaft und dem bisher fehlenden Nachweis von Geburtsschäden ist eine Therapie der schwangeren Frau mit HIV-Infektion sicherlich indiziert. Wichtig ist, dass die HIV-Infektion früh erkannt wird.

Pietro Vernazza


1 Lorenzi P, Spicher VM, Laubereau B et al. Antiretroviral therapies in pregnancy: maternal, fetal and neonatal effects. Swiss HIV Cohort Study, the Swiss Collaborative HIV and Pregnancy Study, and the Swiss Neonatal HIV Study. AIDS 1998 (24. Dezember); 12: F241-7


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