Hypertonie auch im Alter über 80 behandeln!
- Zusammenfassung: Markus Häusermann
- Kommentar: Etzel Gysling
- infomed screen Jahrgang 12 (2008)
, Nummer 4
Publikationsdatum: 1. Juli 2008 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Das Nutzen-Risiko-Verhältnis einer antihypertensiven Behandlung von Personen im Alter von über 80 Jahren war bisher noch unklar. Diese Lücke suchte man mit einer placebokontrollierten Doppelblindstudie zu schliessen.
Methoden
Über 4‘500 Männer und Frauen im Alter von mindestens 80 Jahren, deren Blutdruck anhaltend erhöht war, erhielten nach Absetzen aller Antihypertensiva 2 Monate lang nur Placebo. Danach wurde zweimal im Abstand von einem Monat der Blutdruck im Sitzen gemessen. Personen mit einem Blutdruck zwischen 160 und 199 mm Hg systolisch und maximal 110 mm Hg diastolisch wurden in die Studie aufgenommen, sofern ihr systolischer Blutdruck im Stehen nicht auf weniger als 140 mm Hg absank. 3’845 Personen erhielten dann nach dem Zufall einmal täglich entweder 1,5 mg Indapamid in retardierter Form (Fludex® SR) oder Placebo. Wurde das vordefinierte Blutdruckziel (weniger als 150 mm Hg systolisch) nicht erreicht, so wurde Perindopril (2 oder 4 mg/Tag, Coversum®) oder ein entsprechendes Placebo hinzugefügt. Als primärer Endpunkt waren tödliche und nichttödliche Schlaganfälle definiert.
Ergebnisse
Die Studie wurde vorzeitig beendet, nachdem in einer geplanten Zwischenanalyse unter Behandlung signifikant weniger Schlaganfälle und Todesfälle gezählt worden waren. Gemäss der Schlussauswertung hatten die aktiv Behandelten 30% weniger Schlaganfälle erlitten (statistisch knapp nichtsignifikant); unter der Behandlung signifikant seltener waren aber Todesfälle (21% weniger), tödliche Schlaganfälle (39% weniger) und Herzinsuffizienz (64% weniger). Um einen Todesfall zu verhindern, mussten 40 Personen während 2 Jahren behandelt werden. Klinisch bedeutsame unerwünschte Ereignisse waren in der Placebogruppe häufiger; in der Regel wurde jedoch vermutet, es bestehe kein Zusammenhang zwischen solchen Ereignissen und der Studienmedikation.
Schlussfolgerungen
Eine antihypertensive Behandlung mit einem Diuretikum als Basis und einem Zielwert von unter 150 mm Hg ist auch bei Menschen über 80 gut verträglich und verhindert Todesfälle, Schlaganfälle und Herzinsuffizienz.
Zusammengefasst von Markus Häusermann
Diese Studie zeigt einmal mehr die Bedeutung von methodologisch guten Studien für unsere therapeutischen Entscheide. Was bisher nur vermutet oder dann in Frage gestellt wurde – dass nämlich eine blutdrucksenkende Therapie auch im hohen Alter nützlich sei – wurde nun in einer verhältnismässig grossen randomisierten Studie korrekt dokumentiert. Offensichtlich profitieren auch alte Menschen ganz erheblich von der «Standardtherapie» einer Hypertonie mit einem Diuretikum und einem ACE-Hemmer. (In der hier rapportierten HYVET-Studie erhielten rund 75% der aktiv Behandelten sowohl Indapamid als auch Perindopril.) An der klinischen Relevanz des Resultats lässt sich nicht zweifeln, wenn man die oft invalidisierenden oder gar tödlichen Folgen eines Schlaganfalls bedenkt. Einmal mehr muss man sich wundern über die Empfehlung der Schweizer Hypertoniegesellschaft, Diuretika nicht mehr als Antihypertensiva der ersten Wahl zu verwenden.
Etzel Gysling
Standpunkte und Meinungen
- Es gibt zu diesem Artikel keine Leserkommentare.
Copyright © 2025 Infomed-Verlags-AG
-
Jahrgang 2025
Jahrgang 2024
Jahrgang 2023
Jahrgang 2022
Jahrgang 2021
Jahrgang 2020
Jahrgang 2019
Jahrgang 2018
Jahrgang 2017
Jahrgang 2016
Jahrgang 2015
Jahrgang 2014
Jahrgang 2013
Jahrgang 2012
Jahrgang 2011
Jahrgang 2010
Jahrgang 2009
Jahrgang 2008
Jahrgang 2007
Jahrgang 2006
Jahrgang 2005
Jahrgang 2004
Jahrgang 2003
Jahrgang 2002
Jahrgang 2001
Jahrgang 2000
Jahrgang 1999
Jahrgang 1998
Jahrgang 1997