Behandlung der Inkontinenz nach radikaler Prostatektomie

  • r -- Goode PS, Burgio KL, Johnson TM 2nd et al. Behavioral therapy with or without biofeedback and pelvic floor electrical stimulation for persistent postprostatectomy incontinence: a randomized controlled trial. JAMA 2011 (12. Januar); 305: 151-9 [Link]
  • Zusammenfassung: Peter Schläppi
  • Kommentar: Martin Schuhmacher
  • infomed screen Jahrgang 15 (2011) , Nummer 3
    Publikationsdatum: 15. Juni 2011
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Studienziele

Bis zu zwei Drittel aller wegen eines Prostatakarzinoms radikal prostatektomierten Männer leiden anschliessend an Inkontinenz. Perioperatives Beckenbodenmuskeltraining ist erwiesenermassen effektiv. In dieser Studie wurde untersucht, ob auch bei Männern, die mehr als ein Jahr nach  einer Prostatektomie inkontinent waren, ein achtwöchiges Verhaltenstherapieprogramm (Beckenboden- und Blasentraining) hilft und ob zusätzliches Biofeedback bzw. elektrische Beckenbodenstimulation diesen Nutzen verstärken.

Methoden

Von 968 im Umfeld der Universität Alabama rekrutierten Männern mit persistierender Inkontinenz (1 bis 17 Jahre nach Prostatektomie) konnten schliesslich 208 in drei vergleichbare Gruppen randomisiert werden: Eine erste Gruppe erhielt während acht Wochen vier Sitzungen Verhaltenstherapie (Beckenbodentraining, Blasenkontrolltechniken), in denen auch Heimübungen instruiert wurden; die zweite Gruppe erhielt zusätzlich zu denselben Massnahmen Biofeedback und Elektrostimulation. Nach Abschluss der Intervention sollte das Heimprogramm täglich weitergeführt werden. Die dritte Gruppe diente als Kontrollgruppe, in der nur ein Miktionsprotokoll geführt wurde. Primärer Endpunkt war die Reduktion der Anzahl wöchentlicher Inkontinenzepisoden bei Abschluss der Intervention. Zusätzlich interessierte der Langzeitverlauf nach sechs und zwölf Monaten.

Ergebnisse

Mit acht Wochen Verhaltenstherapie verminderte sich die mittlere Zahl wöchentlicher Inkontinenzepisoden von 28 auf 13 (55% Reduktion, 95% CI 44%-66%), mit zusätzlichem Biofeedback von 26 auf 12 (51%, 95% CI 37%-64%), in der Kontrollgruppe von 25 auf 21 (24%, 95% CI 10%-39%). Die Reduktion war für beide aktiven Gruppen im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikant (p=0,001), der Unterschied zwischen den beiden Therapiegruppen jedoch nicht. Die Verbesserungen persistierten auch nach sechs und zwölf Monaten.

Schlussfolgerungen

Männer mit einer Inkontinenz mehr als ein Jahr nach einer radikalen Prostatektomie konnten mit einem achtwöchigen Verhaltenstherapieprogramm, bestehend aus Beckenbodentraining und Blasenkontrolltechniken, die Zahl ihrer Inkontinenzepisoden halbieren. Wurde täglich ein Heimprogramm weitergeführt, war dieser Effekt nachhaltig. Biofeedback und Elektrostimulation brachten keinen zusätzlichen Nutzen.

Zusammengefasst von Peter Schläppi

Trotz verbesserter Operationstechnik leidet eine signifikante Anzahl an Patienten nach radikaler Prostatektomie an einer Stressinkontinenz, die die Lebensqualität beeinträchtigt. Zur Behandlung wird zunächst ein konservativer Therapieversuch in den ersten 12 Monaten nach radikaler Prostatektomie empfohlen. Kommt es zu keiner Besserung der Inkontinenz, empfiehlt sich ein operatives Vorgehen.

Diese randomisierte Studie konnte zeigen, dass mit einer strukturierten Verhaltenstherapie mit/ohne Biofeedback und elektrischer Beckenbodenstimulation eine Verbesserung der Inkontinenz auch ein Jahr nach radikaler Prostatektomie möglich ist. Eine vollständige Kontinenz fand sich jedoch nur bei 16% der Patienten. Die Indikation der minimal-invasiven Verfahren zur Therapie der männlichen Inkontinenz nach radikaler Prostatektomie gilt weiterhin.

Martin Schuhmacher

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infomed-screen 15 -- No. 3
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Behandlung der Inkontinenz nach radikaler Prostatektomie ( 2011)