Frühe Hormonersatztherapie doch sinnvoll?

  • r -- Schierbeck LL, Rejnmark L, Tofeng CL et al. Effect of hormone replacement therapy on cardiovascular events in recently postmenopausal women: a randomised trial. BMJ 2012 (9.Oktober); 345: e6409 [Link]
  • Zusammenfassung:
  • Kommentar: Etzel Gysling
  • infomed screen Jahrgang 17 (2013) , Nummer 1
    Publikationsdatum: 25. Februar 2013
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Studienziele

Die Hormonersatzbehandlung in der Menopause wird seit der Publikation der «Women’s Health Initiative» (WHI) sehr kritisch beurteilt. In dieser Studie konnte bekanntlich eine ungünstige Wirkung der Hormonersatztherapie auf das Herz-Kreislauf-System nachgewiesen werden. Einzelne neuere Studien, darunter zwei Meta-Analysen, sprechen dafür, dass die Hormonersatztherapie einen positiven Effekt auf das kardiovaskuläre System haben kann, wenn sie kurz nach dem Einsetzen der Menopause beginnt. Anhand von Daten der «Danish Osteoporosis Prevention Study» wurde in einer Teilstudie bei postmenopausalen Frauen die Wirkung einer Hormonbehandlung auf das kardiovaskuläre System untersucht.

Methoden

Anfang der neunziger Jahre wurden 1'006 gesunde Frauen in diese offen geführte Studie aufgenommen. Sie waren durchschnittlich 50 Jahre alt und waren aufgrund der Anamnese und der Werte des Serum-FSH postmenopausal. Nach Zufall erhielten 502 eine Hormonersatztherapie und 504 Placebo. Die ursprünglich für 20 Jahre geplante Intervention  wurde nach zehn Jahren beendet, nachdem andere Untersuchungen gezeigt hatten, dass die Risiken und Nebenwirkungen den Nutzen überwiegen. Eine sechsjährige Beobachtungsphase ohne Hormontherapie schloss sich an. Das Ziel dieser Studie war die Primärprävention einer Osteoporose. Für die aktuelle retrospektive Analyse wurde der Einfluss auf einen kombinierten Endpunkt von Tod, Hospitalisation wegen Herzinsuffizienz und Myokardinfarkt untersucht. 

Ergebnisse

Die Anzahl der Frauen, die während der Hormontherapie den kombinierten Endpunkt erreichten, war halb so gross wie in der Placebogruppe, und der Unterschied war signifikant (16 gegenüber 33 Frauen; HR: 0,48). Auch sechs Jahre nach Absetzen der Behandlung blieb der Unterschied signifikant. Nach 10 und 16 Jahren konnte keine Zunahme der möglichen unerwünschten Wirkungen wie Karzinom, Hirnschlag oder venöse Thromboembolie nachgewiesen werden.

Schlussfolgerungen

Die Studienverantwortlichen stellen eine vorteilhafte Wirkung einer frühen postmenopausalen Hormonsubstitution fest und vermuten, dieses gegenüber der WHI stark abweichende Resultat liesse sich möglicherweise durch die Verwendung anderer Hormone (als in der WHI) erklären.

Zusammengefasst von Bettina Wortmann

Nachträgliche Analysen der grossen Studie der «Women’s Health Initiative» konnten für Frauen, die schon kurz nach der Menopause Hormone erhielten, keinen signifikanten Vorteil zeigen. Auch bei frühem Einsatz der Hormone war das Risiko im kardiovaskulären Bereich, aber auch für einen Brustkrebs erhöht.(1) Mit anderen Worten: es gibt kein sinnvolles therapeutisches Fenster für die Hormonsubstitution. Die vorliegende Studie ändert daran nichts. Die methodologischen Mängel sind zu gross (offene Studie, im Studienprotokoll keine kardiovaskulären Endpunkte definiert, kardiovaskuläre Ereignisse zu wenig verifiziert), als dass man annehmen dürfte, eine frühe Hormonsubstitution sei problemlos. Verwunderlich ist eigentlich nur, dass eine angesehene Zeitschrift wie das BMJ eine derart fragwürdige Studie veröffentlicht.

Etzel Gysling

1 Prentice RL, Manson JE, Langer RD et al. Benefits and risk of postmenopausal hormone therapy when it is initiated soon after menopause. Am J Epidemiol 2009; 170: 12-23

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Frühe Hormonersatztherapie doch sinnvoll? ( 2013)