Lindert ein Beckenbodentraining Prolaps-Symptome?

  • r -- Wiegersma M, Panman CM, Kollen BJ et al. Effect of pelvic floor muscle training compared with watchful waiting in older women with symptomatic mild pelvic organ prolapse: randomised controlled trial in primary care. BMJ 2014 (22. Dezember); 349: g737 [Link]
  • Zusammenfassung:
  • infomed screen Jahrgang 19 (2015) , Nummer 2
    Publikationsdatum: 8. April 2015
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Ältere Frauen leiden häufig an einem Vorfall der Genitalorgane. In fortgeschrittenen Fällen wird ein solcher operativ oder mit Pessaren behandelt. In leichteren Fällen wird oft Beckenbodentraining verschrieben. Allerdings sind die wenigen Studien, die es zu diesem Thema gibt, entweder sehr klein, mit methodologischen Mängeln behaftet oder beziehen sich auf ausgewählte Frauenpopulationen in Spezialkliniken. Mit der hier vorgestellten, pragmatischen Studie, welche in 15 holländischen Allgemeinpraxen durchgeführt wurde, sollte diese Lücke geschlossen werden. Dafür wurden 287 Frauen mit wenig fortgeschrittenem, aber Beschwerden verursachendem Prolaps (Mindestalter 55 Jahre) nach dem Zufall entweder mit individualisiertem Beckenbodentraining (im Rahmen von mehreren physiotherapeutischen Sitzungen) behandelt oder einer Vergleichsgruppe mit «beobachtendem Abwarten» zugeteilt. Als primärer Endpunkt galten Änderungen der Verdauungs-, Blasen- oder Beckenbodensymptome, die anhand des «Pelvic Floor Distress Inventory-20» (PFDI-20, Score von 0 bis 300 Punkte) erfasst wurden.

Insgesamt wurden 287 Frauen in eine der beiden Gruppen eingeteilt. Nach gut drei Monaten konnte bei insgesamt 250 davon der PFDI-20-Score erhoben werden. Bei den mit Beckenbodentraining behandelten Frauen verbesserte sich der Score im Schnitt um 9,1 Punkte mehr als in der Beobachtungsgruppe. Dies entspricht zwar einem statistisch signifikanten Unterschied, doch die Studienverantwortlichen selbst bezweifeln, ob er auch klinisch relevant ist. Sie gehen davon aus, dass dafür ein Unterschied von mindestens 15 Punkten notwendig wäre. Immerhin beurteilten insgesamt 57% der Frauen in der Trainingsgruppe ihre Symptome insgesamt als gebessert im Vergleich zu 13% in der Beobachtungsgruppe, und es traten keinerlei unerwünschte Wirkungen auf.

Lohnt sich nun der Aufwand des Beckenbodentrainings in Hinblick auf die nur minimale Symptomlinderung? Wie viel davon ist einem Placeboeffekt zuzuschreiben – denn eine solche Intervention kann ja naturgemäss kaum verblindet werden? Hätte man allenfalls eine etwas längere Nachbeobachtungszeit abwarten sollen, um einen besseren Nutzen dokumentieren zu können? Auch wenn die Studie mehr Fragen aufwirft als beantwortet – es handelt sich doch um eine von der Sorte, von denen es mehr geben sollte: Anhand eines praxisnahen Studienprotokolls wird auf kritische Art und Weise eine Intervention untersucht, zu der es sonst kaum Daten gibt. Kein Wunder – die beiden ersten Autorinnen sind ja auch angehende Allgemeinpraktikerinnen mit Forschungs-Hintergrund.

Zusammengefasst und kommentiert von Alexandra Röllin

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infomed-screen 19 -- No. 2
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Lindert ein Beckenbodentraining Prolaps-Symptome? ( 2015)