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Teure Ärzte werden seltener juristisch belangt!
- a -- Jena AB, Schoemaker L, Bhattacharya J et al. Physician spending and subsequent risk of malpractice claims: observational study. BMJ 2015 (4. November); 351: h5516 [Link]
- Zusammenfassung: Peter Ritzmann
- infomed screen Jahrgang 20 (2016)
, Nummer 2
Publikationsdatum: 4. April 2016 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Die Angst vor Kunstfehler-Klagen wird in verschiedenen Umfragen von Ärztinnen und Ärzten weltweit als Argument für bestimmte Untersuchungen, Zuweisungen zu Spezialisten oder Behandlungen mit einem fraglichen Nutzen angegeben. Je nach Umfrage geben bis zu 98% der Befragten an, mindestens gelegentlich «defensive» Medizin zu betreiben, d.h. Interventionen vornehmlich zur Vermeidung einer Kunstfehler-Klage zu veranlassen. Die aktuelle Studie untersuchte auf Basis von Spitaldaten aus Privatspitälern im US-Bundesstaat Florida, ob Belegärztinnen und -ärzte mit höheren durchschnittlichen Spitalkosten pro Behandlung weniger Kunstfehler-Klagen ausgesetzt sind als solche mit niedrigeren Kosten.
Gefunden wurde eine umgekehrte Korrelation zwischen veranlassten Spitalkosten und dem Risiko für eine Kunstfehler-Klage im folgenden Jahr über alle untersuchten Fachgebiete hinweg. Ausser für die Allgemeinmedizin war die Korrelation in allen Fachgebieten statistisch signifikant. So war z.B. bei Internistinnen und Internisten aus der Quintile mit den niedrigsten Spitalkosten das Risiko für eine Kunstfehler-Klage im folgenden Jahr 5mal so hoch wie in der Quintile mit den höchsten Kosten (1,5% gegenüber 0,3%). Ähnlich verhielt es sich in Gynaekologie und Geburtshilfe (1,9% gegenüber 0,4%), wo sich eine vergleichbare Korrelation auch für die Kaiserschnittrate nachweisen liess: bei den Ärztinnen und Ärzten der Quintile mit den niedrigsten Kaiserschnittraten (5%) war das Risiko für eine Kunstfehler-Klage gut doppelt so hoch wie bei der Quintile mit der höchsten Sectiorate (32%).
Die Resultate dieser Beobachtungsstudie geben zu denken. Zwar sind wir in Mitteleuropa noch nicht bei «amerikanischen Verhältnissen», was das Risiko für Kunstfehler-Klagen angeht. Auch kann die Studie auf Grund ihrer Methodik einen kausalen Zusammenhang zwischen «defensiver» Medizin und einem niedrigeren Risiko für Kunstfehler-Klagen nicht beweisen. Die Resultate illustrieren aber eindrücklich eines der Dilemmata, in welchem ärztliches Handeln stattfindet: Einerseits besteht ein gesellschaftlicher Anspruch auf eine möglichst kostengünstige medizinische Versorgung (repräsentiert im Allgemeinen durch Gesundheitspolitiker und Krankenversicherer). Andererseits verlangt die Gesellschaft (repräsentiert vor allem durch die Rechtssprechung) im Einzelfall einen raschen Einsatz aller zur Verfügung stehenden Mittel für die Aufdeckung auch seltener gesundheitsrelevanter Begebenheiten und Komplikationen. Beide Ansprüche haben ihre Berechtigung, das Dilemma, das unser ärztliches Handeln begleitet und erschwert, ist nicht zu lösen.
Zusammengefasst und kommentiert von Peter Ritzmann
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