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Stürze unter hohen Vitamin-D-Dosen gehäuft
Auch bezüglich Gleichgewicht und Kraft der unteren Exremitäten bringt eine hochdosierte Substitution keinen Nutzen.
- Zusammenfassung:
- Kommentar: Etzel Gysling
- infomed screen Jahrgang 20 (2016)
, Nummer 3
Publikationsdatum: 14. Juni 2016 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Vitamin D verbessert die Muskelkraft und könnte dadurch das Sturzrisiko mit möglichen Folgeerscheinungen wie Frakturen, Autonomieverlust vermindern. Es fehlt allerdings an zuverlässigen Daten, die diese Hypothese stützen Die vorliegende Doppelblindstudie aus Zürich ging der Frage nach, ob hohe Vitamin-D-Dosen einen günstigen Einfluss auf den altersbedingten funktionellen Abbau der unteren Extremitäten und das Sturzrisiko haben.
Methoden
In die Untersuchung wurden 200 noch selbständig zu Hause lebende Frauen und Männer im Alter über 70 einbezogen, die im Vorjahr mindestens ein Sturzereignis erlebt hatten. Während eines Jahres erhielten sie nach dem Zufall eine von drei unterschiedlichen monatlichen Vitamin-D-Dosierungen. Die Kontrollgruppe erhielt die gängige, zur Prophylaxe verwendete Vitamin-D3-Dosis von 24'000 IE (600 mcg), die zweite Gruppe eine höhere Dosis von 60'000 IE (1,5 mg) und die dritte Gruppe 24'000 IE Vitamin D3 plus 300 mcg Calcifediol. Calcifediol ist ein zwei- bis dreimal wirksamerer Metabolit von Vitamin D. Die jeweilige Dosis wurde einmal monatlich verabreicht, Vitamin D3 als Trinklösung und Calcifediol in Kapselform. Die Personen der ersten beiden Gruppen erhielten zusätzlich zur Trinklösung Placebo-Kapseln, um die Verblindung zu gewährleisten.
Primäre Endpunkte waren die Funktionsverbesserung der unteren Extremitäten, gemessen mit der «Short Physical Performance Battery» (SPPB), einem Leistungstest, mit welchem Gang, Gleichgewicht und Kraft erfasst werden, sowie das Erreichen eines «normalen» 25-OH-D-Spiegels von mindestens 30 ng/ml (75 nmol/l). Als sekundärer Endpunkt wurden die Anzahl Stürze erfasst.
Ergebnisse
Das durchschnittliche Alter der untersuchten Personen betrug 78 Jahre, der Frauenanteil 67%. 58% der Teilnehmenden hatten bei Studienbeginn einen 25-OH-D-Spiegel von weniger als 30 ng/ml. In den beiden Gruppen mit hohen Vitamin-D- Dosen erreichten zwar mehr Personen einen normalen Vitamin-D-Spiegel als in der Kontrollgruppe (81% bzw. 83% gegenüber 55% in der Kontrollgruppe), aber in Bezug auf die Funktion der unteren Extremitäten (SPPB) konnte kein Unterschied zwischen den drei Gruppen festgestellt werden. Von den 200 an der Studie beteiligten Personen stürzten insgesamt 121 (61%) im Laufe eines Jahres. In den beiden Gruppen mit hohen Vitamin-D-Dosen waren Stürze signifikant häufiger als in derjenigen mit der gängigen Standard-Dosis (67% bzw. 66% gegenüber 48%).
Schlussfolgerungen
Mit höheren Vitamin-D-Dosen wurde zwar häufiger ein 25-OH-D-Spiegel über 30 ng/ml erreicht als mit der gängigen Standard-Dosis, gleichzeitig nahm jedoch das Sturzrisiko zu. Die Studienverantwortlichen haben bislang keine Erklärung für dieses unerwartete Resultat.
Zusammengefasst von Bettina Wortmann
Da in dieser Studie keine Placebo-Vergleichsgruppe mitgeführt wurde, lassen die Resultate keinen Schluss auf die Wirksamkeit der niedrigeren, «gängigen» Vitamin-D-Dosis zu. So bleiben wir auch in Bezug auf die vielfach übliche, vergleichsweise niederdosierte Vitamin-D-Substitution im Unklaren. Das Editorial, das die vorliegende Publikation begleitet, bringt es auf den Punkt: Eine Vitamin-D-Substitution ist bei Personen, die langfristig hospitalisiert sind (also z.B. in Pflegeheimen) sinnvoll – für alle anderen älteren Leute ist es bisher nicht wirklich nachgewiesen, dass ihnen die Substitution etwas nützt (oder gar schadet).
Etzel Gysling
Standpunkte und Meinungen
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