Verhindert Vitamin D respiratorische Infekte?

  • m -- Martineau AR, Jolliffe DA, Hooper RL et al. Vitamin D supplementation to prevent acute respiratory tract infections: systematic review and meta-analysis of individual participant data. BMJ 2017 (15. Februar); 356: i6583 [Link]
  • Zusammenfassung:
  • Kommentar: Etzel Gysling
  • infomed screen Jahrgang 21 (2017) , Nummer 3
    Publikationsdatum: 13. Juni 2017
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Studienziele

Vitamin D moduliert in vitro die Aktivität von Zellen des Immunsystems. Möglicherweise kann dieses Vitamin deshalb akute Infekte des Respirationstraktes beeinflussen. Verschiedene Meta-Analysen zu diesem Thema ergaben allerdings widersprüchliche Ergebnisse. Im Rahmen der vorliegenden Meta-Analyse sollten die individuellen Daten aller untersuchten Personen zusammengefasst werden, was zusätzliche Untergruppen-Analysen ermöglicht. Damit sollten mögliche Ursachen für die widersprüchlichen Resultate eruiert werden.

Methoden

In verschiedenen Datenbanken wurden Doppelblindstudien gesucht, in denen eine Vitamin D-Substitution mit Placebo verglichen und die Inzidenz respiratorischer Infekte prospektiv erhoben worden war. Für alle in die Meta-Analyse aufgenommenen Studien wurden die individuellen Daten der untersuchten Personen bei den Studienverantwortlichen angefordert und in anonymisierter Form neu analysiert. Dabei wurden auch verschiedene vordefinierte Untergruppen gesondert untersucht, wie beispielsweise unterschiedliche Verabreichungsschemata oder Vitamin-D-Ausgangswerte im Blut.

Ergebnisse

25 Studien mit insgesamt 11'321 Personen erfüllten die geforderten Kriterien. Individuelle Untersuchungsdaten waren für 97% der Beteiligten erhältlich. Der Anteil untersuchter Personen mit mindestens einem respiratorischen Infekt war in der Substitutionsgruppe 12% geringer («Odds Ratio» OR 0,88, 95% CI 0,81-0,96), dabei mussten 33 Personen mit Placebo behandelt werden, um einen Infekt zu verhindern («Number Needed to Treat» NNT=33). Bei Personen mit einem 25-Hydroxy-Vitamin D Ausgangsspiegel von unter 25 nmol/l war die Wirkung der Substitution noch stärker (OR 0,58, NNT=8), bei einem Vitaminspiegel von mindestens 25 nmol/l hingegen konnte keine Wirkung nachgewiesen werden. Tägliche oder wöchentliche Einnahmen ohne zusätzlichen Bolus resultierten in einem um 19% geringeren Anteil an Personen mit Infekt (OR 0,81, NNT=20). Hingegen brachte die Verabreichung als Bolus – sei es allein oder zusätzlich zu einer regelmässigen Gabe -  keinen Nutzen, was auch für einen Vitamin D-Spiegel von unter 25 nmol/l galt.

Schlussfolgerungen

Anhand dieser auf individuellen Daten basierenden Meta-Analyse konnte ein Schutzeffekt von Vitamin D auf akute respiratorische Infekte gezeigt werden. Eine positive Wirkung wurde hauptsächlich dann erzielt, wenn der Vitamin-D-Ausgangsspiegel unter 25 nmol/l lag und das Vitamin täglich oder wöchentlich eingenommen wurde.

Zusammengefasst von Bettina Wortmann

Ob Vitamin D eine vorbeugende Wirkung hinsichtlich Infektionen der Atemwege haben könnte, ist bereits in mehreren Meta-Analysen untersucht worden. Die Mehrzahl dieser Arbeiten ist zu einem negativen Resultat gelangt. Die vorliegende neue Meta-Analyse zeichnet sich dadurch aus, dass nicht nur Studienresultate, sondern zusätzlich die Originaldaten berücksichtigt worden sind. Lässt sie zuverlässigere Schlüsse zu? Die kurze Antwort lautet: nein. Einmal mehr wurden sehr heterogene Studien analysiert und nur in wenigen Studien stellte eine Infektion der Atemwege einen klar definierten primären Endpunkt dar. Bei der Analyse verschiedener Subgruppen ergab sich einzig für die Gruppe «Kinder zwischen 1 und 16 Jahren» (mit rund 1000 Kindern) eine statistisch signifikante Reduktion von Atemwegsinfekten. Gesamthaft wurde eine Inzidenz respiratorischer Infekte bei 40% in der Interventionsgruppe (Vitamin-D-Gabe) gegenüber 42% in der Placebogruppe berechnet. Unabhängig von den Fragen zur methodologischen Validität der Arbeit bestehen somit Zweifel, dass der festgestellte Unterschied tatsächlich von Bedeutung ist.

Etzel Gysling

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Verhindert Vitamin D respiratorische Infekte? ( 2017)