Foramen ovale und Schlaganfall: Wann ist ein Verschluss indiziert?

Ein offenes Foramen ovale kann wegen der Möglichkeit von gekreuzten Embolien den entscheidenden Faktor beim Auftreten eines Schlaganfalls darstellen. Naturgemäss ist aber schwierig abzuschätzen, ob bei einem Einzelfall auch bei nachgewiesenem offenen Foramen tatsächlich eine gekreuzte Embolie die Ursache eines Schlaganfalls gewesen ist. Mehrere Studien hatten in der Vergangenheit keinen Vorteil bezüglich Schlaganfall-Rezidiven durch den Verschluss eines offenen Foramen ovale nach Schlaganfall zeigen können. 

Aktuell wurden jetzt drei offen geführte randomisierte Studien publiziert, die bei unterschiedlichen Einschlusskriterien einen Vorteil des Verschlusses gegenüber einer medikamentösen Sekundärprophylaxe nachweisen konnten.


In diese Studie (Akronym CLOSE) wurden 663 Personen aufgenommen, die einen Schlaganfall erlitten hatten, bei dem ein offenes Foramen ovale als Ursache vermutet wurde und bei denen entweder ein Vorhofseptum-Aneurysma oder ein grosses Shunt-Volumen nachweisbar war. Sie wurden nach dem Zufall entweder mit einem oralen Antikoagulans, mit einem Plättchenhemmer oder mit einem Plättchenhemmer plus Verschluss des Foramen ovale (Kathetertechnik) behandelt. Während der Beobachtungszeit von durchschnittlich 5,3 Jahren wurden keine Rezidiv-Schlaganfälle in der Gruppe mit Verschluss des Foramen ovale beobachtet gegenüber 5,9% in der Plättchenhemmer-Gruppe (Unterschied signifikant). Bei 6% traten Komplikationen des Kathetereingriffs auf und signifikant mehr Personen entwickelten nach dem Verschluss ein Vorhof­flimmern (4,6% gegenüber 0,9%). Auch bei den Antikoagulierten waren Schlaganfälle seltener als unter dem Plättchenhemmer, der Unterschied aber nicht statistisch signifikant.


In diese Studie (Akronym RESPECT) wurden 980 Personen aufgenommen, die einen Schlaganfall erlitten hatten, bei denen ein offenes Foramen ovale nachgewiesen und bei denen keine andere Ursache (Erkrankung der grossen Arterien, kardiale Emboliequelle usw.) gefunden werden konnte. Sie erhielten nach dem Zufall entweder nur eine medikamentöse Behandlung (Plättchenhemmer oder Antikoagulantien) oder einen Verschluss des Foramen ovale, gefolgt von einer Plättchenhemmung (zuerst kombiniert, nach einem Monat nur mit einem Medikament). Während der Beobachtungszeit von median 5,9 Jahren verliessen mehr Teilnehmende in der medikamentösen Gruppe die Studie (33% gegenüber 21%). Ein Schlaganfallrezidiv erlitten 28 bzw. 18 Personen (1,1 gegenüber 0,6 Ereignissen pro 100 Personenjahre, Unterschied statistisch signifikant). Signifikant mehr Personen erlitten nach dem Verschluss ein thromboembolisches Ereignis (0,6 gegenüber 0,2 pro 100 Personenjahre).


In diese Studie (Akronym REDUCE) wurden 664 Personen aufgenommen, die einen Schlaganfall erlitten hatten, bei denen ein offenes Foramen ovale mit Rechts-Links-Shunt nachgewiesen wurde und bei denen trotz systematischer Suche keine andere Ursache (Erkrankung der grossen Arterien, kardiale Emboliequelle usw.) gefunden werden konnte. Sie wurden nach dem Zufall entweder nur mit einem Plättchenhemmer behandelt (einfach oder kombiniert) oder zusätzlich mit einem Verschluss des Foramen ovale. Bei 81% wurde ein mindestens mittelschwerer Shunt auf Vorhofebene nachgewiesen. Während der Beobachtungszeit von median 3,2 Jahren erlitten mehr Teilnehmende in der medikamentösen Gruppe ein klinisches Schlaganfallrezidiv (5,4% gegenüber 1,4%; Unterschied signifikant). Auch bildgebend wurden zwei Jahre nach Studieneinschluss signifikant mehr neue Hirninfarkte in der Gruppe ohne Verschluss nachgewiesen (bei 11% gegenüber 6%). Bei 4% traten Komplikationen des Kathetereingriffs auf und signifikant mehr Personen entwickelten nach dem Verschluss ein Vorhofflimmern (6,6% gegenüber 0,4%).

Zusammengefasst von Peter Ritzmann

Ein kryptogener Stroke ist bei einem jüngeren Menschen immer eine schwere Bedrohung und die Angst vor einem Rezidiv nachfühlbar, zumal nicht ganz klar ist, was die Prognose am besten beeinflussen kann. Die drei jetzt im New England Journal of Medicine publizierten grossen prospektiven Studien zeigen nun klar eine Reduktion eines klinischen (nicht stummen) zerebralen Rezidivs durch einen Schirm-Verschluss des offenen Foramen ovale (PFO) und Acetylsalicylsäure gegenüber einer alleinigen Acetylsalicylsäure-Prophylaxe. Der Nutzen kommt dabei vor allem beim Vorhandensein eines Vorhofseptum-Aneurysmas zum Tragen. Dass das PFO nicht Ursache, sondern nur Risikofaktor ist, macht die Sache jedoch kompliziert. Denn leider konnten die Studien den Mehrwert gegenüber einer Antikoagulation nicht klar belegen. Interessant ist die Beobachtung, dass es bei Rezidiven mehr thromboembolische Ereignisse gab, was die Forderung nach einer lebenslangen Antikoagulation nach tiefen Venenthrom­bo­sen/Lungenembolien in Guidelines unterstreicht.1 Erwähnt wer­den muss zudem, dass die Resultate teils nur für Personen zwischen 45 und 59 Jahren, teils nur für Männer und nicht bei kleinen Shunts dokumentiert wurden. Auch trat nach PFO-Verschluss in etwa 5% teils ein passageres Vorhofflimmern auf; bei der Dauer der Studien kommt zudem die Frage nach dem Langzeitrisiko durch den Schirm auf. Obwohl ein Holter-EKG (mehrere Tage?) nicht zu den Einschluss-Kriterien zählte, sollte dies im Alltag bei der Abklärung erfolgen. Dass wir die Evidenz gewonnen haben, mit einem Schirmverschluss bei richtiger Indikation das Risiko eines kryptogenen Stroke-Rezidivs minimieren zu können, ist jedoch eine wichtige Mitteilung.

Michel Zuber

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Foramen ovale und Schlaganfall: Wann ist ein Verschluss indiziert? ( 2018)