Off-Label-Anwendung von Pregabalin oft ungenügend dokumentiert

  • m -- Federico CA, Wang T, Doussau A et al. Assessment of pregabalin postapproval trials and the suggestion of efficacy for new indications: A systematic review. JAMA Intern Med. 2019 Jan 1;179:90-7 [Link]
  • Zusammenfassung:
  • Kommentar: Etzel Gysling
  • infomed screen Jahrgang 23 (2019) , Nummer 2
    Publikationsdatum: 12. März 2019
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Warum diese Studie?

Sobald ein neues Medikament die Zulassung erreicht hat, werden zur Untersuchung weiterer möglicher Indikationen oft kleine klinische Studien durchgeführt. Wenn deren Ergebnisse nicht in grösseren randomisierten Studien mit einer etablierten Therapie verglichen werden, bleibt der klinische Nutzen aber unklar. Die hier vorgestellte systematische Übersicht befasste sich mit dem umsatzstarken Pregabalin (Lyrica® u.a.).

Was hat man gefunden?

In den Datenbanken OvidMEDLINE und Embase wurden 238 vor Januar 2018 publizierte Studien zu mindestens 33 bis dahin nicht registrierten Indikationen von Pregabalin gefunden. 79% dieser Studien erforschten die Wirksamkeit auf verschiedenste Schmerzarten (z.B. Restless-Legs-Syndrom oder lumbale Rückenschmerzen); die übrigen betrafen meist neurologische (z.B. essentieller Tremor) oder psychiatrische Indikationen (z.B. Angstattacken). 16 Indikationen wurden in randomisierten Studien untersucht; fünf davon erhielten danach eine Marktzulassung. 17 Indikationen wurden nur in «exploratory tirals» geprüft, ohne dass in den darauffolgenden fünf Jahren eine randomisierte Studie folgte.

Wie wird es gedeutet?

Viele Berichte über mögliche neue Indikationen von Pregabalin wurden nicht in randomisierten Studien nachgeprüft. Es fehlt dafür an finanziellen oder gesetzlichen Anreizen. Off-label-Anwendungen ohne Studien­evidenz werden manchmal auch in medizinische Richtlinien aufgenommen.

Zusammengefasst von Bettina Wortmann

Screen-Kommentar

Wen wundert es? Nicht vergebens musste der Hersteller von Lyrica®schon 2009 eine Milliardenbusse bezahlen, weil er die Off-Label-Anwendung bei ungenügend dokumentierten Indi­kationen propagiert hatte. Wir erfahren also nichts wirklich Neues – dass Pregabalin viel zu häufig bei fragwürdigen Indi­kationen eingesetzt wurde (und wohl auch heute noch wird), ist gut bekannt. Spannender wäre gewesen, wenn sich das für diese Zusammenstellung verantwortliche Team zur Analyse anderer Off-Label-verwendeter Medikamente entschieden hätte. Es besteht ja kein Zweifel, dass das Privileg des ärztli­chen Verschreibens auch heute noch oft ausserhalb des Evi­denzbereichs angewandt wird, z.B. bei vielen Psychophar­maka, aber auch in «somatisch» orientierten Fächern.

Etzel Gysling

Standpunkte und Meinungen
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infomed-screen 23 -- No. 2
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Off-Label-Anwendung von Pregabalin oft ungenügend dokumentiert ( 2019)