Postmenopausaler Hormonersatz und Alzheimer-Risiko
- r -- Savolainen-Peltonen H, Rahkola-Soisalo P, Hoti F et al. Use of postmenopausal hormone therapy and risk of Alzheimer's disease in Finland: nationwide case-control study. BMJ. 2019 Mar 6; 364: l665 [Link]
- Zusammenfassung: Barbara Loeliger
- infomed screen Jahrgang 23 (2019)
, Nummer 4
Publikationsdatum: 16. Juli 2019 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Einige Beobachtungsstudien haben eine protektive Wirkung der postmenopausalen Hormonsubstitution auf die Entwicklung einer Alzheimer-Demenz vermuten lassen. Die einzige Placebo-kontrollierte Studie, die Women’s Health Initiative Memory Study (WHIMS), hat dies widerlegt, wobei sie sich aber auf die Hormongabe bei Frauen ab dem 65. Altersjahr beschränkte. In dieser Fall-Kontroll-Studie wurde die Verwendung postmenopausaler Hormonpräparate bei Frauen mit und ohne Alzheimer-Erkrankung verglichen.
Was hat man gefunden?
Das finnische Gesundheitsregister erfasst alle Personen mit einer Alzheimer-Erkrankung; die Diagnose wird obligat durch spezialisierte Fachpersonen gestellt. Zwischen 1999 bis 2013 wurden 84'739 Frauen im Alter nach der Menopause mit einer Alzheimer-Demenz ermittelt und einer gleichen Anzahl Frauen desselben Alters und Spitaldistriktes, aber ohne Alzheimer-Demenz zugeordnet. Daten zur Hormonersatztherapie stammten aus dem nationalen Medikamentenregister. Das Alter bei der Alzheimer-Diagnose lag bei 99% der Frauen über 60 Jahren, bei 56% über 80 Jahren. Sowohl systemisch eingenommenes Estradiol (Odds Ratio [OR] 1,09; 95% CI 1,05-1,14) wie auch Östrogen-Gestagen-Kombinationen (OR 1,17; 95% CI 1,13-1,21) erhöhten das Alzheimer-Risiko. Für die verschiedenen Gestagene fand sich kein nennenswerter Unterschied. Der ausschliessliche Gebrauch von vaginalem Estradiol war mit keiner Risikozunahme verbunden (OR 0,99; 95% CI 0,96-1,01). Das Alter zu Therapiebeginn hatte keinen wesentlichen Einfluss. Für Frauen unter 60 Jahren bei Therapiebeginn nahm das Risiko erst nach 10-jähriger Hormoneinnahme zu.
Wie wird es gedeutet?
Der Langzeitgebrauch von postmenopausalen Hormonen ist möglicherweise mit einem erhöhten Risiko für Alzheimer-Demenz assoziiert, mit Ausnahme von vaginal appliziertem Estradiol. Das Alter zu Therapiebeginn und das verwendete Gestagen scheinen keinen Einfluss auf das Risiko zu haben.
Screen-Kommentar
Die Alzheimer-Demenz, von der Frauen häufiger betroffen sind als Männer, bleibt ein Damokles-Schwert für die immer älter werdende Bevölkerung. Leider erzielen Östrogen-Präparate keine Schutzwirkung. Die einzige kontrollierte Studie zu diesem Thema, die WHIMS, bestätigte dies, schloss aber weder jüngere Frauen (50-59 Jahre) ein noch differenzierte sie zwischen Alzheimer-Demenz und z.B. vaskulärer Demenz. Diese finnische Studie besticht durch die Grösse der Kohorte, die Rückverfolgbarkeit der Hormontherapie für jede Frau und die saubere Diagnosestellung einer Alzheimer-Demenz. Festzuhalten bleibt aber, dass es sich um eine retrospektive Beobachtungsstudie handelt, so dass die Ergebnisse mit Zurückhaltung zu werten sind. Absolut gesehen bedeutet das Resultat, dass mit 9-18 zusätzlichen Alzheimer-Diagnosen pro Jahr pro 10'000 Frauen zwischen 70 und 80 Jahren zu rechnen ist. Für den klinischen Alltag ändert sich nichts: Weiterhin gilt, Hormone in der Menopause so kurzfristig wie nötig und nur zur Linderung von Wallungen einzusetzen. Immerhin: bei kurzfristiger Gabe von Hormonen in der jüngeren Altersgruppe scheint sich die Alzheimer-Prognose nicht zu verschlimmern.
Zusammengefasst und kommentiert von Barbara Loeliger
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