Alphablocker Doxazosin ungenügend
- r -- The ALLHAT Officers and Coordinators for the ALLHAT Collaborative Research Group. Major cardiovascular events in hypertensive patients randomized to doxazosin vs chorthalidone. JAMA 2000 (19. April); 283: 1967-75 [Link]
- Kommentar: Jörg Furrer
- infomed screen Jahrgang 4 (2000)
, Nummer 5
Publikationsdatum: 1. Mai 2000 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Der «Antihypertensive and Lipid-Lowering Treatment to Prevent Heart Attack Trial» (ALLHAT) ist eine noch nicht abgeschlossene Studie bei 42'448 Personen. In dieser Studie werden vier Antihypertensiva bezüglich Verhinderung von kardiovaskulären Ereignissen verglichen: Chlortalidon (Hygroton®), Amlodipin (Norvasc®), Lisinopril (Prinil®, Zestril®) und der Alphablocker Doxazosin (Cardura®). Aufgrund einer Interimsanalyse wurde der Studienarm mit Doxazosin vorzeitig abgebrochen.
Methoden
In diese Studie wurden Personen über 55 Jahre mit einer Hypertonie aufgenommen, welche mindestens einen zusätzlichen kardiovaskulären Risikofaktor aufwiesen. Die meisten standen schon vorher unter Antihypertensiva; andernfalls musste ihr Blutdruck mindestens 140/90 mm Hg betragen. Die Behandlung wurde doppelblind mit einem der genannten Antihypertensiva begonnen. Dieses konnte in der Dosis gesteigert und bei ungenügender Wirkung mit anderen Antihypertensiva kombiniert werden, um das Blutdruck-Behandlungsziel zu erreichen (unter 140/90 mm Hg). Primärer Endpunkt der Studie war ein tödlicher oder nicht-tödlicher Herzinfarkt. Als sekundäre Endpunkte wurden die Gesamtmortalität und andere kardiovaskuläre Ereignisse erfasst.
Ergebnisse
Die kumulative Inzidenz des primären Endpunktes über 4 Jahre war in der Chlortalidon- und in der Doxazosin-Gruppe identisch (je 6,3%). In der Doxazosin-Gruppe trat aber bei 8,1% eine Herzinsuffizienz auf, in der Chlortalidon-Gruppe nur bei 4,5%. Auch Schlaganfälle, koronare Revaskularisationen und Spitalaufenthalte wegen Angina pectoris waren in der Doxazosin-Gruppe häufiger. Gesamthaft waren kardiovaskuläre Ereignisse in der Doxazosin-Gruppe um 25% häufiger. Die Gesamtmortalität war hingegen in der Doxazosin-Gruppe kaum höher (9,6%) als in der Chlortalidon-Gruppe (9,1%).
Schlussfolgerungen
Bei Personen mit einer arteriellen Hypertonie und einem zusätzlichen kardiovaskulären Risikofaktor wird das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse durch die Behandlung mit dem Alphablocker Doxazosin signifikant weniger stark gesenkt als durch Chlortalidon. Auswirkungen auf die Mortalität waren in der Studie nicht nachweisbar.
Seit Jahren haben verschiedene nationale und internationale Expertenkommissionen Alphablocker als Antihypertensiva der ersten Wahl empfohlen. Grosse randomisierte Studien mit harten Endpunkten (wie Schlaganfälle, Myokardinfarkt und Herzinsuffizienz) fehlten. Die Empfehlungen stützten sich auf Surrogat-Endpunkte (Blutdrucksenkung) und theoretische Spekulationen. So wurde u.a. argumentiert, Alphablocker seien besser als Diuretika, da sie die Insulinresistenz nicht verschlechtern. Nun hat im direkten Vergleich das altbekannte Diuretikum Chlortalidon deutlich besser abgeschnitten als Doxazosin, ein weltweit häufig eingesetzter Alphablocker.
Fazit: Therapieempfehlungen sollten sich nur auf randomisierte, kontrollierte Studien mit genügend hohen Patientenzahlen und klinisch relevanten Endpunkten stützen. Expertenkommissionen, die sich daran nicht halten, werden sich weiterhin die Finger verbrennen. Auch Klasseneffekte sind fragwürdiger als manche denken, wie etwa die Diskussionen um unterschiedliche Kalziumantagonisten und der Rückzug des mit viel Vorschusslorbeeren eingeführten Mibefradil (Posicor®) deutlich gemacht haben.
Jörg Furrer
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