Pneumokokken-Impfung bei alten Leuten nutzlos

  • m -- Moore RA, Wiffen PJ, Lipsky BA. Are the pneumococcal polysaccharide vaccines effective? Meta-analysis of prospective trials. BMC Family Practice 2000 (4. Oktober); 1:1 [Link]
  • Kommentar: Andreas U. Gerber
  • infomed screen Jahrgang 4 (2000) , Nummer 10
    Publikationsdatum: 1. November 2000
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Studienziele

Obwohl in den meisten Ländern die Pneumokokken-Impfung für ältere und immungeschwächte Personen sowie für solche mit chronischen Krankheiten empfohlen wird, ist die Wirksamkeit der Impfung bei diesen Personengruppen umstritten. In der vorliegenden Metaanalyse wurden alle randomisierten Studien erfasst, in denen polyvalente Polysaccharid-Pneumokokken-Impfstoffe mit Placebo verglichen werden.

Methoden

In den wichtigsten Datenbanken (Cochrane Library, Medline, Embase) sowie in Übersichtsarbeiten und Literaturverzeichnissen wurde nach relevanten Begriffen wie «pneumococcal vaccine», «pneumonia» gesucht. Aufnahme in die Analyse fanden Arbeiten, in denen eine Polysaccharid-Pneumokokken-Vakzine mit Placebo oder keiner Therapie verglichen wurden. Ziel der Metaanalyse war es, die Wirksamkeit des Impfstoffes bei Geimpften mit intaktem Immunsystem (junge, gesunde Erwachsene) und bei solchen mit möglicherweise verminderter Immunantwort festzustellen.

Ergebnisse

Es wurden 13 geeignete randomisierte Studien mit insgesamt über 45‘000 Personen gefunden. In 3 Arbeiten bestand die Studienpopulation (n=21‘152) aus immunkompetenten jungen Erwachsenen (südafrikanische Goldgrubenarbeiter, Bewohner des Papua-Neu-Guinea-Hochlandes). Bei diesen Populationen reduzierte die Pneumokokken-Impfung die Inzidenz von Pneumonien jeglicher Ätiologie etwa auf 50%, von Pneumokokken-Pneumonien auf 16% und die Anzahl pneumoniebedingter Todesfälle auf 70%. In 10 Studien mit insgesamt über 24'000 Personen (vorwiegend ältere Leute, teilweise mit chronischen Krankheiten) beeinflusste die Pneumokokken-Impfung dagegen keinen der oben aufgeführten klinischen Endpunkte.

Schlussfolgerungen

In aktuellen Guidelines wird empfohlen, bei Risikopersonen (ältere oder chronischkranke Personen) eine Pneumokokken-Impfung vorzunehmen. Die bisher durchgeführten randomisierten Studien unterstützen eine solche Empfehlung nicht; die Pneumokokken-Impfung bei Risikopersonen zeigte keinen Nutzen.

Die Wirksamkeit der Polysaccharid-Pneumokokken-Vakzine führt auch 25 Jahre nach deren Einführung immer wieder zu Diskussionen. Die vorliegende Re-Analyse von 13 randomisierten Studien mit insgesamt 45‘226 Personen kommt zum Schluss, dass diese Vakzine keinen relevanten Schutz bietet, weder für junge gesunde Individuen noch für solche mit mutmasslich durch Alter oder Krankheit bedingter Infektabwehrschwäche. Damit beschränkt sich die Indikation der bis heute registrierten Pneumokokkenvakzine auf die «konventionellen» Risikogruppen: Zu Splenektomierende, Splenektomierte (wiederholte Impfung!) und solche, welche an einer gesicherten Immundefizienz leiden oder einer immundepressiven Therapie bedürfen.

Die Botschaft der vorliegenden Studie und deren Hintergründe hat entscheidenden Lehrwert für die Zukunft: Die Wirksamkeit der Polysaccharid-Pneumokokken-Vakzine war und bleibt für die grösste Zielpopulation (Alterspatienten) zu wenig dokumentiert. Diese Zielpopulation hätte nie als solche in Guidelines aufgenommen werden dürfen. Daraus ergibt sich die imperative Forderung an die neue protein-konjugierte Pneumokokkenvakzine: Deren Wirksamkeit muss insbesondere auch für die genannten Zielpopulationen in echt randomisierten, prospektiven, placebokontrollierten Doppelblindstudien sauber untersucht werden.

Andreas Gerber

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Pneumokokken-Impfung bei alten Leuten nutzlos ( 2000)