Zwillinge: Vererbung und Krebs

  • k -- Lichtenstein P, Holm NV, Verkasalo PK et al. Environmental and heritable factors in the causation of cancer: Analyses of cohorts of twins from Sweden, Denmark, and Finland. N Engl J Med 2000 (13. Juli); 343: 78-85 [Link]
  • Kommentar: Shah Ebrahim
  • infomed screen Jahrgang 4 (2000) , Nummer 8
    Publikationsdatum: 1. September 2000
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Studienziele

Es wird angenommen, dass der Beitrag von Erbfaktoren zur Entstehung von Krebs relativ klein ist, ausser bei einigen Arten von familiären Krebsarten wie z.B. die familiäre Polyposis coli. Nur durch den Vergleich von monozygoten und dizygoten Zwillingen kann der Einfluss von genetischen Faktoren, gemeinsamen und allgemeinen Umweltfaktoren genauer evaluiert werden.

Methoden

Von 44’788 Zwillingspaaren aus den Zwillingsregistern von Schweden, Dänemark und Finnland wurden mit Hilfe der nationalen Sterbe- und Krebsregister sowie mit Fragebogen Krebserkrankungen erfasst, um das Krebsrisiko der Zwillinge von krebserkrankten Personen zu eruieren. Damit wurde das relative Risiko, an einem bestimmten Krebs zu erkranken, für die Personen berechnet, deren Zwilling an diesem Krebs erkrankt war. Als Vergleich dienten Personen, deren Zwilling nicht erkrankt war. Zusätzlich wurde die Konkordanz ermittelt, d.h. die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person am gleichen Krebs erkrankt, an dem schon sein Zwilling erkrankt ist. Mit dem Wissen, dass monozygote Zwillinge 100% der Gene gemeinsam haben, dizygote Zwillinge aber nur ungefähr 50%, konnte mittels einer Modellrechnung der prozentuale Anteil der drei Faktoren «Vererbung», «gemeinsame Umwelt» (z.B. gleiche Ernährung) und «allgemeine Umwelt» an der Entstehung der einzelnen Krebsarten berechnet werden.

Ergebnisse

Bei 10’803 Personen von 9’512 Zwillingspaaren wurde Krebs diagnostiziert. Der Zwilling einer an Krebs erkrankten Person hatte ein erhöhtes Risiko, am gleichen Krebs zu erkranken, besonders bei Magen-, Kolorektal-, Lungen-, Brust- und Prostatakrebs. So hat beispielsweise der monozygote Zwilling eines Mannes mit Magenkrebs ein fast 10fach höheres Risiko, an einem Magenkrebs zu erkranken, als der monozygote Zwilling eines Mannes ohne Magenkrebs. Die Konkordanz beim Magenkrebs beträgt 8%. Die Modellrechnung ergab, dass beim Magenkrebs genetische Faktoren etwa 28% zur Entstehung beitragen, gemeinsame Umwelteinflüsse 10% und sonstige Umwelteinflüsse 62%.

Schlussfolgerungen

Die Konkordanz lag bei allen Krebsarten unter 10%. Mit der Modellrechnung wurde ermittelt, dass beim Brust-, Kolorektal-, und Prostatakrebs Erbfaktoren mit 27% bis 42% signifikant zur Entstehung beitragen. Die bisher gefundenen Krebs-Gene (BRCA1 und BRCA2 bei Brustkrebs, HPC1 bei Prostatakrebs) können die erwähnten Prozentzahlen nicht vollständig erklären. Der Anteil der gemeinsamen Umgebungsfaktoren an der Krebsentstehung beträgt 0% bis 20%. Den grössten Anteil haben die allgemeinen Umgebungsfaktoren mit 58% bis 82%.

Die Häufigkeit von Mutationen bekannter Gene (BRCA1 und 2, HPC1) ist zu gering, um den in dieser Studie beobachteten starken Einfluss der Vererbung erklären zu können. Für die meisten Krebsarten ist das Konkordanz- Niveau niedrig (unter 0,10), was darauf hinweist, dass für den Zwilling eines an Krebs erkrankten Zwillings nur ein geringes Risiko besteht, an derselben Krebsart zu erkranken. Die wichtigste Schlussfolgerung dieser bemerkenswerten Studie ist deshalb, dass in erster Linie Umgebungsfaktoren, die den Zwillingen nicht gemeinsam sind, für die Krebsentstehung verantwortlich sind.

Shah Ebrahim

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Zwillinge: Vererbung und Krebs ( 2000)