Lebensgefahr: orale Glykoprotein-IIb/IIIa-Antagonisten
- m -- Chew DP, Bhatt DL, Sapp S et al. Increased mortality with oral platelet glycoprotein IIb/IIIa antagonists: A meta-analysis of phase III multicenter randomized trials. Circulation 2001 (16. Januar); 103: 201-6 [Link]
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- infomed screen Jahrgang 5 (2001)
, Nummer 4
Datum der Ausgabe: April 2001
Studienziele
Der Nutzen von intravenös verabreichten Glykoprotein-IIb/IIIa-Antagonisten (GPIIb/IIIa-Antagonisten) als Zusatztherapie bei Koronarinterventionen sowie beim akuten Koronarsyndrom ist gut dokumentiert. Da nach solchen Situationen die Plättchenaktivität erhöht bleibt, könnte theoretisch eine Blockade durch einen anschliessend oral verabreichten GPIIb/IIIa-Antagonisten das Rezidivrisiko senken. Die vorhandenen Resultate grosser Studien zeigen jedoch alle eine erhöhte Mortalität. Die vorliegende Metaanalyse fasst diese Ergebnisse zusammen.
Methoden
Die Metaanalyse umfasst 4 grosse randomisierte Studien; 3 davon wurden bei akutem Koronarsyndrom, 1 nach Koronarintervention durchgeführt. Drei unterschiedliche GPIIb/IIIa-Antagonisten wurden getestet. Die Protokolle dieser Studien unterschieden sich hinsichtlich der gleichzeitigen Verabreichung von Acetylsalicylsäure. Die klinischen Endpunkte Tod, Myokardinfarkt, notfallmässige Revaskularisation und grössere Blutungskomplikationen waren in allen 4 Studien identisch.
Ergebnisse
Insgesamt wurden 33'340 Frauen und Männer in die 4 Einzelstudien aufgenommen. Die gepoolte Auswertung bestätigte die erhöhte Mortalität unter oral verabreichten GPIIb/IIIa-Antagonisten («Odds Ratio» OR 1,37; p=0,001). Auch das Auftreten von Myokardinfarkten wurde nicht gesenkt (OR 1,04), grössere Blutungen traten signifikant häufiger auf (OR 1,74; p<0,001). Einzig notfallmässige Revaskularisationen mussten signifikant weniger häufig durchgeführt werden (OR 0,77; p<0,001). Diese Effekte waren dosisabhängig und unabhängig von der gleichzeitigen Einnahme von Acetylsalicylsäure.
Schlussfolgerungen
Die Metaanalyse bestätigt, dass sich oral verabreichte GPIIb/IIIa-Antagonisten nach Koronarintervention und akutem Koronarsyndrom schädlich auswirken. Durch die fortgesetzte Einnahme solcher Medikamente resultiert eine 31%ige Mortalitätssteigerung. Ein direkter toxischer Effekt ist anzunehmen.(WE)
Eigentlich erübrigt sich ein Kommentar zu dieser Studie. Sie bestätigt lediglich, was schon die Einzelstudien belegten: Mit einer fortgesetzten oralen Verabreichung von GPIIb/IIIa-Antagonisten nach einer Koronarintervention oder einem akuten Koronarsyndrom schaden wir unseren Patientinnen und Patienten, womit diese Medikamente in diesem Zusammenhang kontraindiziert sind. Nachdenklich stimmt, dass trotz eindeutiger Resultate der Einzelstudien es insgesamt 4 solcher Studien und einer Metaanalyse bedurfte, um definitiv zu belegen, dass etwa 20'000 Personen einer schädlichen «Therapie» ausgesetzt wurden. In diesem Zusammenhang muss sich die medizinische Gemeinschaft darüber Rechenschaft geben, wie es um die Unabhängigkeit der medizinischen Kompetenzzentren gegenüber der pharmazeutischen Industrie steht. Positiv zu werten ist, dass diese Studien offen und in namhaften Zeitschriften veröffentlicht wurden, was für negative Resultate doch eher selten in dieser Offenheit geschieht.
Werner Eugster
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