Sexuell übertragbare Infekte bei Schwangeren

Weltweit sind mehr als 30 sexuell übertragbare Erkrankungen bekannt, die von Bakterien, Viren, Pilzen, Protozoen oder Ektoparasiten verursacht werden. Am häufigsten sind es bei uns humane Papillomaviren (HPV), Herpesviren und Chlamydien, seltener Trichomonaden, Hepatitis-B-Viren, humane Immundefizienzviren (HIV), Treponemen und Gonokokken, die für diese Infektionen verantwortlich sind. Die Inzidenz von sexuell übertragbaren Infekten ist schwierig einzuschätzen; die Weltgesundheitsorganisation (WHO) spricht in einem aktuellen Merkblatt von weltweit 448 Millionen Fällen jährlich;1 zweifellos bestehen enorme regionale Unterschiede. Viele dieser Infektionen verursachen auch Beschwerden oder Befunde ausserhalb der Sexualorgane.(1)

Es ist äusserst wichtig, dass sexuell übertragene Infektionen bei Schwangeren erkannt und adäquat behandelt werden, denn die Folgen einer unbehandelten Infektion können gravierend sein. Durch die Übertragung der Keime von der Mutter auf das ungeborene Kind sind Fehl- und Totgeburten oder schwere Schädigungen – unter anderem des Zentralnervensystems – möglich. Bei Frauen mit unbehandelter Syphilis zum Beispiel wird die perinatale Mortalität auf etwa 40% geschätzt.

Gemeinsam ist allen sexuell übertragbaren Infektionen, dass sie zu einem erhöhten Risiko führen, sich zusätzlich mit HIV zu infizieren. Das HIV wird leichter übertragen, wenn im Bereich der Genitalien entzündliche Veränderungen oder gar Ulzerationen vorliegen.(2)
 
Werden die Infektionen rechtzeitig erkannt, können sie häufig gut und effektiv behandelt werden. Der folgende Text berücksichtigt in erster Linie Infektionen, die in der Praxis behandelt werden.

Chlamydien-Infektion

Chlamydia trachomatis ist weltweit der häufigste Erreger einer sexuell übertragenen Infektionskrankheit. Bei Frauen verläuft diese Infektion oft asymptomatisch. In der Schweiz gehen Fachleute von etwa 100'000 Neuinfektionen pro Jahr aus. Von 2001 bis 2010 hat die Zahl der gemeldeten Infektionen bei Frauen von 1818 auf 4696 zugenommen,(3) wobei dies wohl teilweise auch auf der verbesserten Diagnostik beruht. In der Schweiz zeigten Screeninguntersuchungen bei Schwangeren eine Prävalenz von etwa 4%,(4) mit einer grossen Streubreite.

Infektionen mit Chlamydia trachomatis sind besonders bei Frauen im gebärfähigen Alter gefürchtet. Die klinisch manifesten Verläufe äussern sich mit weisslich-gelblichem genitalem Ausfluss, Juckreiz, Dysurie und diffusen Unterbauchschmerzen. Urethritis, Zervizitis sowie Komplikationen an den inneren Organen (Salpingitis, Oophoritis, sogen. «Pelvic Inflammatory Disease», PID) sind möglich. 

In der Schwangerschaft werden unbehandelte Chlamydieninfektionen zudem mit einem erhöhten Risiko für Spontan­abort, Extrauteringravidität, Frühgeburt und vorzeitigen spontanen Blasensprung assoziiert. Frauen, bei denen es zu einem Abort kommt, haben im Vergleich mit Frauen, die keinen Abort hatten, doppelt so häufig eine positive Chlamydien-Serologie.(5) Während der Geburt kommt es in bis zu 70% der Fälle zur Übertragung des Erregers auf das Neugeborene. Bei etwa 50% der Kinder tritt eine Konjunktivitis und bei etwa 20% ein bis drei Monate später eine intersti­tielle Pneumonie auf. 

Heute wird in vielen Ländern empfohlen, alle Schwangeren im ersten Trimester auf Chlamydien zu testen. Bei Hochrisikoschwangeren (Alter unter 25 Jahren, neuer oder mehrere Sexualpartner) sollte der Test im dritten Trimester (30.-34. Schwangerschaftswoche) wiederholt werden. Nach einem positiven Chlamydiennachweis wird die Wiederholung des Tests 4 bis 6 Wochen nach abgeschlossener Antibiotikatherapie empfohlen.(6)
Therapie
Zur Behandlung in der Schwangerschaft (und im Wochenbett) gilt Azithromycin (Zithromax® u.a., 1 g per os als Einmaldosis, siehe Tabelle 1) als erste Wahl.7 Die Therapie mit Azithromycin ist ebenso wirksam und besser verträglich als die früher empfohlene Verabreichung von Erythromycin. Dennoch wird zum Teil noch geraten, bis zur 20. Woche mit Erythromycin (Erythrocin®, 4x 500 mg täglich per os für 7 Tage) zu behandeln.8 Bei gastrointestinaler Unverträglichkeit von Erythromycin wird die Dosis halbiert und die Einnahmezeit entsprechend verlängert (4x 250 mg täglich für 14 Tage). Die damit unter Umständen verschlechterte Compliance muss berücksichtigt werden. Eine weitere Behandlungsmöglichkeit ist Amoxicillin (Clamoxyl® u.a., 3x 500 mg täglich per os für 7 Tage).9
Die amerikanischen Centers for Disease Control (CDC) und weitere Institutionen empfehlen, bei Nachweis von Chlamydien bei der Schwangeren auch den Partner mit einer Einmaldosis Azithromycin (1 g per os) oder Doxycyclin (Vibramycin® u.a., 2x 100 mg täglich per os für 7 Tage) zu behandeln.7
Eine nachträglich erkannte Exposition des Kindes unter der Geburt stellt keine Indikation zur Therapie des Neugeborenen dar. Dieses muss aber entsprechend überwacht und wenn nötig, z.B. bei Auftreten einer Konjunktivitis, gezielt behandelt werden.

Gonorrhoe

Die Gonorrhoe ist weltweit die zweithäufigste Geschlechtskrankheit; über 80% der Fälle betreffen aber Männer. Wie in anderen Ländern ist seit einigen Jahren in der Schweiz eine Zunahme der Fälle zu verzeichnen. Im Jahr 2010 wurden dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) total 236 Gonorrhoe-Infektionen bei Frauen gemeldet, mehr als in den vorausgehenden vier Jahren.(3) Die Prävalenz in der Schwangerschaft ist wahrscheinlich sehr gering; schweizerische Daten dazu wurden keine gefunden. 

Infektionen mit Neisseria gonorrhoeae verlaufen bei Frauen häufig stumm. Eitriger Ausfluss, Dysurie, Urethritis, Konjunktivitis oder unspezifische Symptome im Hals/Rachen können Zeichen einer Gonokokken-Infektion sein. Aufsteigende Erreger können zu einer Adnexitis führen (mit eventuell nachfolgender Infertilität). Extrauterine Schwangerschaften, Aborte, vorzeitiger Blasensprung und erhöhtes Risiko einer Frühgeburt sowie eine Konjunktivitis beim Neugeborenen, welche zur Blindheit führen könnte, werden mit Gonokokken assoziiert. 

Therapie

Zur Therapie der unkomplizierten Gonorrhoe empfehlen die CDC aktuell als erste Wahl eine Einmaldosis Ceftriaxon (Rocephin® u.a., 250 mg intramuskulär), kombiniert mit einer oralen Einmaldosis von Azithromycin (1 g). Spezielle Empfehlungen für die Schwangerschaft werden nicht formuliert.10 Eine orale Behandlung mit einer Einmaldosis Cefixim (Cephoral®, 400 mg per os) + Einmaldosis Azithromycin sollte wegen der weniger zuverlässigen Wirkung gemäss CDC nur ausnahmsweise in Betracht gezogen werden. Die ausschliesslich orale Behandlung gilt bei pharyngealer Gonorrhoe als zu wenig wirksam; auch bei anderen Gonorrhoe-Formen soll bei oraler Behandlung bereits nach einer Woche eine Überprüfung (Abstrich und Kultur) erfolgen. Besteht eine gesicherte Betalaktam-Allergie, so empfiehlt sich die Behandlung in einem spezialisierten Zentrum. Doxycyclin fällt während der Schwangerschaft ausser Betracht und Chinolone sind heute grossenteils ungenügend wirksam.

Sexualpartner sollten – wenn immer möglich – getestet und ebenfalls mit Ceftriaxon/Azithromycin behandelt werden. Lässt sich dies nicht realisieren, so soll versucht werden, wenigstens eine orale Therapie (mit Cefixim/Azithromycin) zu vermitteln.

Sechs Wochen nach der Behandlung sollte bei Schwangeren zum Ausschluss eines erneuten Infektes ein Kontrollabstrich durchgeführt werden. 

Syphilis

Wie allgemein in Westeuropa ist die Syphilis (Lues) in der Schweiz eine vergleichsweise seltene Erkrankung, die überwiegend Männer betrifft. Die Zahlen zur Inzidenz in der Schweiz sind nicht einfach zu interpretieren, da zwischen «gemeldeten» und «bestätigten» Fällen unterschieden wird. Von den 2010 bei Frauen gemeldeten 266 Fällen konnten gemäss BAG nur 54 definitiv bestätigt werden.(3) Schweizer Daten zur Prävalenz in der Schwangerschaft sind nicht verfügbar; in den letzten Jahren ist jedoch auch in der Schweiz wieder ein Fall der gefürchteten Lues connata aufgetreten.(11)
 
Die Konsequenzen einer unbehandelten Syphilis in der Schwangerschaft sind jedoch enorm: Tot- und Frühgeburten, geringes Geburtsgewicht, intrauterine Wachstumsverzögerungen und mentale oder physische Behinderungen beim Kind werden beschrieben. Es wird geschätzt, dass wegen einer Syphilis mindestens ein Drittel der Schwangerschaften mit einem Spontanabort enden. Gemäss den Empfehlungen der «International Union against Sexually Transmitted Infections» (IUSTI) sollte bei allen Schwangeren ein Syphilis-Screening durchgeführt werden.(12) So ist z.B. in Deutschland die Suche nach Treponema pallidum bei allen Schwangeren zwingend und Bestandteil der Mutterschaftsrichtlinien. 

Therapie

Dank ausbleibender Resistenzentwicklung und sehr guter Wirksamkeit wird auch in der Schwangerschaft ein lang wirksames Penicillin G (Benzathin-Benzylpenicillin) eingesetzt. Dieses Präparat muss importiert werden, z.B. Tardocillin® aus Deutschland oder Extencilline® aus Frankreich. Die Dosierung richtet sich nach dem Krankheitsstadium. Die primäre und sekundäre Syphilis sowie die frühe Lues latens werden mit einer Einmaldosis (2,4 Mio IE i.m.) behandelt.(13) Einige Fachleute empfehlen, in der Schwangerschaft bei der primären Syphilis die Penicillingabe nach 1 Woche zu wiederholen. Bei Therapieversagen (5-10% der Fälle), bei der späten Lues latens und der tertiären Syphilis werden jeweils 3 Dosen Benzathin-Benzylpenicillin zu 2,4 Mio IE intramuskulär in wöchentlichen Abständen verabreicht.(13)

Bei einer Penicillinallergie gestaltet sich die Therapie der Syphilis in der Schwangerschaft schwierig. Tetrazykline sind kontraindiziert, Erythromycin hat keine ausreichende Wirksamkeit beim Fetus (ungenügende Plazentagängigkeit) und zu Ceftriaxon gibt es keine ausreichenden Daten.(14) In einer kleinen Studie (11 Schwangere) wurde Ceftriaxon (250 mg täglich i.m. über 7-10 Tage) positiv beurteilt.(15) Trotzdem empfehlen die CDC eine Desensibilisierung und nachfolgend die Therapie mit Benzylpenicillin.

Zu Beginn der Behandlung kann es durch freiwerdende Endotoxine infolge des Treponemenzerfalls zur sogenannten Jarisch-Herxheimer-Reaktion kommen. Diese äussert sich 2 bis 8 Stunden nach Therapiebeginn in einer akuten febrilen Reaktion, Muskelschmerz, Schüttelfrost und grippaler Symptomatik. Besonders in der zweiten Hälfte der Schwangerschaft können dadurch vorzeitige Wehen ausgelöst werden. Eine tagesstationäre Therapie sollte deshalb in Betracht gezogen werden, ebenso wie eine einmalige prophylaktische Gabe von Prednison 50 mg per os.

Der Therapieerfolg muss serologisch gesichert werden. Ebenfalls soll der Partner getestet und bei positivem Befund mit Benzylpenicillin behandelt werden.

Trichomoniasis

Die Trichomoniasis wird durch das Protozoon Trichomonas vaginalis hervorgerufen. Weltweit eine der häufigsten Geschlechtskrankheiten, kommt diese Erkrankung in der Schweiz oder in Deutschland nur selten vor. Bei Frauen äussert sich die Trichomoniasis häufig mit gelb-grünlichem Ausfluss, Dysurie und Juckreiz; asymptomatische Verläufe sind möglich. Ob Trichomonaden in der Schwangerschaft tatsächlich Probleme wie eine Frühgeburt oder einen vorzeitigen Blasensprung auslösen, ist unklar.(16)

Daten zur Prävalenz in der Schwangerschaft sind nicht verfügbar, ein generelles Screening wird nicht empfohlen. Die Diagnostik erfolgt in der Regel durch Beurteilung des Nativpräparates von Vaginalsekret.

Eine vertikale Übertragung auf das Kind ist nicht beschrieben. 

Therapie

Die Behandlung der Wahl besteht auch in der Schwangerschaft in der (oralen) Verabreichung von 2 g Metronidazol (Flagyl® u.a.). Stillenden wird geraten, nach der Metronidazol-Einnahme eine 12- bis 24-stündige Stillpause einzuhalten.

Herpes simplex

Genitalherpes gehört weltweit zu den häufigsten sexuell übertragbaren Infektionen und wird auch in der Schweiz zunehmend als medizinisches Problem erkannt. Es gibt zwei Typen von Herpes-simplex-Viren (HSV), die einen Herpes im Genitalbereich auslösen können: HSV-2 und zunehmend auch HSV-1 (durch oral-genitalen Geschlechtsverkehr). In der Schweiz sind gemäss serologischen Untersuchungen etwa 70% der Erwachsenen mit HSV-1 und etwa 15-20% mit HSV-2 infiziert.(17)
 
Gefürchtet ist die neonatale Herpesinfektion mit Ansteckung bei der Passage durch den Geburtskanal. Sie kommt zum Glück selten vor (1 von 3000 bis 20'000 Lebendgeburten). Eine neonatale Herpesinfektion ist in 50% der Fälle auf die Haut oder Augen bzw. Mund beschränkt. In einem Drittel der Fälle äussert sich die Infektion mit Befall des ZNS, der neonatalen Herpes-Enzephalitis, mit Lethargie und Krämpfen sowie bleibenden Spätfolgen. Die disseminierte Form zeigt eine hohe Letalität beim Neugeborenen und geht mit Hepatitis, Pneumonie, disseminierter intravasaler Gerinnung und Schock einher.

Therapie

Schwangere mit einer ersten klinischen Episode oder einem Rezidiv von Genitalherpes können mit Aciclovir (z.B. Zovirax®, täglich 5x 200 mg per os für 10 Tage bzw. für 5 Tage bei einem Rezidiv) oder einfacher mit Valaciclovir (Val­trex® u.a., täglich 2x 500 mg per os für 10 bzw. 5 Tage) behandelt werden.(18)
 
Randomisierte Studien haben gezeigt, dass eine suppressive Behandlung mit Aciclovir (täglich 3x 400 mg per os) oder Valaciclovir (500 mg/Tag) ab der 36. Schwangerschaftswoche bis zur Entbindung die Häufigkeit klinischer Manifestationen sowie der Virusausscheidung zum Zeitpunkt der Geburt verringert und dass dadurch oft eine vaginale Geburt erlaubt werden kann. Unklar bleibt, ob diese Prophylaxe die Inzidenz der neonatalen Herpesinfektion tatsächlich reduziert.(19)

Hepatitis B

In der Schweiz wird seit 1996 empfohlen, alle Schwangeren vorzugsweise im dritten Schwangerschaftsquartal auf Hepatitis B zu testen, indem das Hepatitis-B-Antigen (HBsAg), der Indikator für eine aktive, übertragbare Infektion, bestimmt wird. HBsAg-positive Schwangere sollten zur Beratung und Langzeitbegleitung in fachärztliche Behandlung überwiesen werden.

Die Prävalenz einer aktiven Hepatitis B in der Schwangerschaft in der Schweiz wird auf 0,5% geschätzt. Pro Jahr soll es in etwa 100 Fällen zu einer perinatalen Übertragung kommen. Die Übertragung des Virus von der Mutter auf das Kind kann bereits in utero erfolgen, geschieht aber meistens während der Geburt durch Kontakt mit den Körperflüssigkeiten der Mutter. Innerhalb von 12 Stunden nach der Geburt muss mit der Frühprophylaxe des Neugeborenen begonnen werden. Neben der aktiven Impfung müssen auch spezifische Immunglobuline verabreicht werden. Dadurch kann das Risiko einer Mutter-Kind-Übertragung um mehr als 90% vermindert werden. 

Kommt es zu einer perinatalen Übertragung, so wird angenommen, dass etwa 90% der Infektionen chronisch verlaufen und etwa 25% dieser Kinder im Erwachsenenalter vorzeitig an einer Leberzirrhose oder einem Leberzellkarzinom sterben. 

Eine vollständige Impfung mit serologischen Kontrollen der Antikörperbildung (HBsAk) beim Säugling ist unerlässlich. Bei ungenügender Immunantwort wird empfohlen, mit weiteren Impfdosen möglichst eine Immunisierung zu erreichen.(2) Das Stillen führt nicht zu einem erhöhten Übertragungsrisiko, sofern die postnatale Immunprophylaxe konsequent durchgeführt wird.

Infekte mit dem humanen Immundefizienzvirus (HIV)

Ein HIV-Test sollte bei allen Schwangeren bei der ersten Schwangerschaftskontrolle durchgeführt werden. Bei Risikosituationen wird empfohlen, den Test im dritten Trimenon zu wiederholen.

Das konkrete, individuelle Behandlungskonzept sollte von einem Team von spezialisierten Fachleuten definiert werden. In der Regel erfolgt eine Dreifach-Therapie mit in der Schwangerschaft zugelassenen Substanzen. Ziel der antiretroviralen Therapie ist es, die Viruslast spätestens bis zum Geburtstermin vollständig zu supprimieren. So soll die Ansteckung des Feten verhindert werden. Die regelmässige HIV-RNA-Konzentra­tionsbestimmung und je nach Befund eine Anpassung der antiretroviralen Therapie ist unerlässlich.

Falls zu Beginn der 36. Schwangerschaftswoche die Viruslast <50 RNA-Kopien/ml Blut beträgt, so hat ein elektiver Kaiserschnitt nur noch einen sehr geringen Vorteil in Bezug auf das Risiko einer Übertragung. Weil das mütterliche Komplikationsrisiko bei einer Sectio caesarea zudem etwas höher ist, scheint die vaginale Geburt unter optimalen Bedingungen heute eine vertretbare Option zu sein. Die Viruslast und der Geburtsmodus definieren die antiretrovirale Therapie unter der Geburt. Mutter und Kind sollten perinatal von einem infektiologischen Team optimal mitbetreut werden. In der Regel bekommt das Neugeborene eine Postexpositionsprophylaxe unmittelbar nach der Geburt und in den folgenden 4 Wochen.

Weil das HIV in die Muttermilch übergeht und gestillte Neugeborene auf diesem Weg angesteckt werden können, sollten HIV-positive Mütter nicht stillen.

Infektion mit dem humanen Papillomavirus (HPV)

Rund 70 bis 80% aller sexuell aktiven Frauen werden im Verlauf ihres Lebens mit humanen Papillomaviren infiziert. Der akute HPV-Infekt, welcher durch «risikoarme» HPV (HPV-Typ 6 oder 11) ausgelöst wird, kann symptomfrei verlaufen oder Genitalwarzen (Condylomata acuminata) hervorrufen. Während der Schwangerschaft werden Genitalwarzen oft grösser. HPV-bedingte Komplikationen während der Schwangerschaft oder Geburt sind zwar unwahrscheinlich. Es gibt aber Hinweise darauf, dass Kinder von Frauen mit Condylomata häufiger als andere Kinder an Papillomen der Atemwege erkranken.(21)

Therapie

Einige Fachleute empfehlen, in der Schwangerschaft mit der Behandlung der Genitalwarzen zuzuwarten, weil diese häufig nach der Entbindung spontan abheilen. Falls man sich für eine Behandlung während der Schwangerschaft entscheidet, erfolgt diese wegen möglicher Rezidive besser erst ab der 34. Woche. Meistens werden die Warzen mittels CO2-Lasertherapie oder chirurgisch entfernt. Auch Trichloressigsäure (in Konzentrationen bis zu 85%) kann lokal angewandt werden;(22) die Verträglichkeit anderer lokaler Behandlungen ist in der Schwangerschaft nicht allgemein anerkannt.

Literatur

  1. 1) Anon. Global prevalence and incidence of selected curable sexually transmitted infections. World Health Organisation Geneva 2001, 1-42
  2. 2) Wald A, Link K. J Infect Dis 2002; 185: 45–52
  3. 3) Anon. BAG Bull 2011 (Heft 12, 21. März): 253-61
  4. 4) Wolff H et al. BMC Public Health 2008; 8: 391
  5. 5) Baud D et al. Emerg Infect Dis 2011; 17: 1630-5
  6. 6) Anon. MMWR 2011; 60: 370-3
  7. 7) Anon. Sexually transmitted diseases: Chlamydial infections. 2010: Centers for Disease Control and Prevention
  8. 8) Frischknecht F, Brühwiler H. Schweiz Med Forum 2008; 8: 471-4
  9. 9) Anon. Chlamydia-trachomatis-Infektion in der Schwangerschaft. 2008: Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe
  10. 10) del Rio C et al. MMWR 2012; 61: 590-4
  11. 11) Meyer Sauteur PM et al. Swiss Med Wkly 2012; 141: w13325
  12. 12) French P et al. Int J STD AIDS 2009; 20: 300-9
  13. 13) Workowski KA, Berman SM. MMWR 2010; 59 (RR-12): 1-110
  14. 14) Walker GJ. Cochrane Database Syst Rev 2001;(3): CD001143
  15. 15) Zhou P. Sex Transm Dis 2005; 8: 495-8
  16. 16) Gülmezoglu AM. Cochrane Database Syst Rev 2002; (3): CD000220
  17. 17) Bünzli D. BMC Infect Dis 2004; 4; 10
  18. 18) Anon. Schweiz Ärztez 2005; 86: 780-92
  19. 19) Hollier LM, Wendel GD. Cochrane Database Syst Rev 2008; (1): CD004946
  20. 20) Anon. Paediatrica 2007; 18, 27-33
  21. 21) Silverberg MJ et al. Obstet Gynecol 2003; 101: 645-52
  22. 22) Anon. Prävention, Diagnostik und Therapie der HPV-Infektion und präinvasiver Läsionen des weiblichen Genitale (Leitlinie 015/027). 2008: Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen

Standpunkte und Meinungen

  • Es gibt zu diesem Artikel keine Leserkommentare.
Sexuell übertragbare Infekte bei Schwangeren (24. August 2012)
Copyright © 2024 Infomed-Verlags-AG
pharma-kritik, 34/No. 5
PK880
Untertitel
Verwandte Artikel
Login

Gratisbuch bei einem Neuabo!

Abonnieren Sie jetzt die pharma-kritik und erhalten Sie das Buch «100 wichtige Medikamente» gratis. Im ersten Jahr kostet das Abo nur CHF 70.-.

pharma-kritik abonnieren
Aktueller pharma-kritik-Jahrgang

Kennen Sie "100 wichtige Medikamente" schon?

Schauen Sie ein Probekapitel unseres Medikamentenführers an. Die Medikamente in unserem Führer wurden sorgfältig ausgesucht und konzentrieren sich auf die geläufigsten Probleme in der Allgemeinmedizin. Die Beschränkung auf 100 Medikamente beruht auf der Überzeugung, dass sich rund 90% aller allgemeinmedizinischen Probleme mit 100 Medikamenten behandeln lassen.

Die Liste der 100 Medikamente sehen Sie auf der Startseite von 100 Medikamente.
Passwort beantragen infomed mailings

Sexuell übertragbare Infekte bei Schwangeren