Schmerzmittel: Pro und Kontra

  • Autor(en): Stefan Weiler, Etzel Gysling
  • pharma-kritik-Jahrgang 45 , Nummer 2, PK1257
    Redaktionsschluss: 12. September 2023
  •      Da einige Schmerzmittel nicht nach modernen Evidenz-Kriterien geprüft worden sind, lässt sich der Nutzen und Schaden eines Wirkstoffes oft nicht zuverlässig beurteilen. Dies erklärt unter anderem, weshalb Schmerzmittel in verschiedenen Ländern oder Regionen recht unterschiedlich eingesetzt werden.

         Dass Schmerzmittel wie andere Medikamente oder medizinische Interventionen einen individuell mehr oder weniger ausgeprägten Placeboeffekt haben, ist vielen zu wenig bewusst.

         Im hausärztlichen Alltag kommt den nicht-opioiden Schmerzmitteln die grösste Bedeutung zu. Während ein kurzdauernder Einsatz dieser Medikamente allermeistens als problemlos bezeichnet werden kann, ergeben sich aus chronischen Schmerzzuständen eher Probleme.

         Paracetamol ist nach heutigem Wissen das «gutartigste» Schmerzmittel, das in jedem Lebensalter verabreicht werden kann. Es ist allerdings bei Schmerzen, die vom Bewegungsapparat (den Gelenken oder der Wirbelsäule) ausgehen, kaum wirksamer als ein Placebo. Hohe Paracetamol-Dosen bringen wenig Zusatznutzen und haben ein höheres Nebenwirkungsrisiko.

         Wenn nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) verordnet werden, kommt allenfalls eine Zusatzmedikation als Magenschutz in Betracht – also in der Regel ein Protonenpumpenhemmer (PPI). Dies ist in erster Linie bei Personen mit einer gastrointestinalen Vorgeschichte und bei älteren Individuen von Bedeutung.

         Ibuprofen ist das NSAR, das sich als Alternative zu Paracetamol durchgesetzt hat. Besonders bei längerer Anwendung ist jedoch Ibuprofen nicht frei von den typischen Nebenwirkungen dieser Substanzgruppe.

         Unter den NSAR kann Naproxen als das Medikament mit dem geringsten kardiovaskulären Risiko bezeichnet werden. Der Wirkstoff verursacht jedoch vergleichsweise häufig gastrointestinale Probleme, weshalb sich oft eine PPI-Zusatztherapie aufdrängt.

         Opioide Schmerzmittel sind in erster Linie kurzfristig bei akuten Problemen (z.B. nach grösseren chirurgischen Eingriffen) sowie langfristig bei Krebskranken indiziert.

         Auch Tramadol ist ein Opioid, wirkt aber zusätzlich als Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer, woraus sich eine Vielfalt möglicher Nebenwirkungen ergibt. Wie bei Codein ist die Wirkung von Tramadol wegen der Bedeutung des polymorph vererbten Zytochroms CYP2D6 individuell sehr unterschiedlich.   

Die Behandlung von Schmerzen ist eine der wichtigsten medizinischen Herausforderungen und verdient deshalb unsere besondere Aufmerksamkeit. Schmerzmittel – pharmakologisch aktive Stoffe – spielen dabei eine bedeutsame Rolle, obwohl sie nur das Symptom und nicht die zugrundeliegende Ursache bekämpfen. Schmerzmittel sind aber immer wieder auch für gefährliche Komplikationen verantwortlich. Es ist deshalb sinnvoll, das Pro und Kontra der verfügbaren Wirkstoffe von Zeit zu Zeit anhand der aktuellen Daten abzuwägen. In der nachfolgenden Übersicht konzentrieren wir uns auf die praktisch wichtige orale Anwendung häufig verschriebener Medikamente, die zurzeit in der Schweiz erhältlich sind. «Adjuvante» Wirkstoffe wie z.B. Antidepressiva und solche, die nur bei speziellen Schmerzzuständen (z.B. Migräne, Neuropathien) eingesetzt werden können, werden nicht berücksichtigt. Vorab soll auf zwei Tatsachen hingewiesen werden, die in unterschiedlichem Ausmass für alle Schmerzmittel von Bedeutung sind: die vergleichsweise unbefriedigende Datenlage und die Placebowirkung.

Ungenügende Dokumentation
Weil die meisten Schmerzmittel seit vielen Jahren erhältlich sind, beruht ihre Zulassung grösstenteils auf unzureichenden Daten, die nach heutigen Kriterien gänzlich oder teilweise ungen&uu
Geschätzte Lesedauer: Von 20 bis 27 Minuten

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Schmerzmittel: Pro und Kontra (12. September 2023)
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pharma-kritik, 45/No. 2
PK1257
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