AIDS: Ritonavir verlängert Leben
- r -- Cameron DW, Heath-Chiozzi M, Danner S et al. Randomized placebo-controlled trial of ritonavir in advanced HIV-1 disease. Lancet 1998 (21. Februar); 351: 543-9 [Link]
- Kommentar: Manuel Battegay
- infomed screen Jahrgang 2 (1998)
, Nummer 3
Publikationsdatum: 1. März 1998 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Zidovudin (Retrovir AZT®) und andere Nukleosidanaloga verlängern das Überleben von AIDS-Kranken und verringern die Häufigkeit von HIV-assoziierten Infekten. Ritonavir (Norvir®), ein spezifischer und potenter Proteasehemmer, hat eine stärkere und länger anhaltende Wirkung auf die Virämie und andere Marker der HIV-Infektion. Ziel dieser Studie war es, die klinische Wirksamkeit von Ritonavir bei Kranken mit einer fortgeschrittenen HIV-Infektion zu untersuchen.
Methoden
1090 HIV-Infizierte (über 90% Männer) mit weniger als 100 CD4-Lymphozyten/?l, die während mindestens 9 Monaten mit einem oder zwei Nukleosidanaloga behandelt worden waren, wurden in die Doppelblindstudie aufgenommen. 543 Personen erhielten zusätzlich zur bisherigen Therapie in einer ersten Periode während 16 Wochen 2mal täglich 600 mg Ritonavir, 547 erhielten Placebo. Während einer zweiten Periode erhielten alle Personen mit einer AIDS-definierenden Erkrankung Ritonavir. In einer dritten offenen Periode wurde allen die Behandlung mit Ritonavir angeboten. Endpunkte waren der Tod, das Auftreten einer AIDS-definierenden Erkrankung und das Rezidiv einer Pneumocystis-Infektion, einer Ösophagus-Candidiasis oder eines chronischen Herpes-Ulkus. Registriert wurden auch die virologischen und hämatologischen Werte und die unerwünschten Wirkungen der Medikamente.
Ergebnisse
Vor Studienbeginn hatten 97% in der Verumgruppe und 95% in der Placebogruppe eine oder mehrere AIDS-definierende Erkrankungen. Während der ersten und zweiten Behandlungsperiode kamen in der Verumgruppe 119 (22%) und in der Placebogruppe 205 (38%) Kranke zu einem Endpunkt, die meisten starben. Bis zum Ende der dritten Periode wurden nur noch die Todesfälle registriert: In der Verumgruppe waren es 87 (16%), in der Placebogruppe 126 (23%). Therapieabbrüche wegen unerwünschter Wirkungen (vor allem Übelkeit, Erbrechen, Durchfall) waren in der Verumgruppe mit 21% bedeutend häufiger als in der Placebogruppe mit 8%. Die Laborwerte verbesserten sich zu Beginn der Behandlung mit Ritonavir deutlich, glichen sich später aber der Placebogruppe wieder an.
Schlussfolgerungen
Bei antiviral Vorbehandelten mit fortgeschrittener Erkrankung vermindert Ritonavir die Häufigkeit von AIDS-Komplikationen und verlängert das Leben. Bei frühzeitigem Einsatz dürfte seine Wirkung noch besser sein.
Das Hinzufügen von Ritonavir reduziert das Risiko von AIDS-Komplikationen und verlängert das Leben von Patienten mit fortgeschrittener HIV-Infektion. Obwohl heute die Strategie, ein einzelnes neues Medikament einer bestehenden nicht-wirksamen Kombination hinzuzufügen, wenn möglich nicht mehr verwendet wird, zeigt die starke Abnahme der klinischen Komplikationen die Wirksamkeit der Proteasehemmer. Wegen der Vorbehandlung mit «Reverse-Transkriptase-Inhibitoren» ist die Reduktion der Virusmenge weniger ausgeprägt als bei Personen, die zuerst eine Dreierkombination erhalten. Trotzdem besteht ein anhaltender Effekt auf die CD4-Zellen. Ähnliche Resultate sind mit anderen Proteasehemmern mehrfach bestätigt worden, insbesondere durch die «AIDS Clinical Trials Group 320»-Studie, die eine Zweier- mit einer Dreier-Kombination verglich. Obwohl die Studie nicht fundamental neue Erkenntnisse bringt, bestätigt sie, dass die Einführung von Proteasehemmern das klinische Bild von AIDS drastisch verändert hat.
Manuel Battegay
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