Zahnbehandlung kein Risikofaktor für Protheseninfekte
- Zusammenfassung:
- Kommentar: Werner Zimmer
- infomed screen Jahrgang 14 (2010)
, Nummer 2
Publikationsdatum: 1. März 2010 - PDF-Download dieses Artikels (automatisch generiert)
Studienziele
Ob Zahnbehandlungen ein erhöhtes Risiko für Infektionen von künstlichen Hüft- und Kniegelenken darstellen, und ob eine Antibiotikaprophylaxe dieses zu reduzieren vermag, ist unklar und sollte in der vorliegenden prospektiven Fall-Kontrollstudie aus den USA untersucht werden.
Methoden
In der Mayo-Klinik wurden hospitalisierte Personen mit Infektionen von künstlichen Hüft-/Kniegelenken nach Zahnbehandlungen oder Dentalhygiene (Infektgruppe, n=339) und Personen ohne solche Infektionen (Kontrollgruppe, n=339) während der letzten zwei Jahre befragt. Unterschieden wurden Behandlungen mit kleinem oder grossem Risiko hämatogener Streuung, sowie solche mit oder ohne Antibiotikaprophylaxe.
Ergebnisse
In der Infektgruppe waren 14% zahnlos (Kontrollgruppe 8%). 57% (47%) hatten eine Zahnbehandlung mit kleinem Risiko (z.B. eine Zahnfüllung), 48% (34%) eine mit grossem Risiko (z.B. Dentalhygiene) gehabt; ein signifikanter Unterschied der Infekthäufigkeit liess sich nicht feststellen. Bei 90% (82%) waren in den vorangegangenen 12 Monaten solche Behandlungen durchgeführt worden. 54% (63%) unterzogen sich mehr als einmal pro Jahr einer Dentalhygiene. Bei 10% der Infektionen fand man Keime mit möglicherweise orodentalem Ursprung. Weder die Stratifizierung nach Risikokategorie noch diejenige nach Antibiotikaprophylaxe zeigte Unterschiede der Infekthäufigkeit, auch nicht bei Untergruppen von speziell infektgefährdeten Personen, wie beispielsweise Diabeteskranken. Um 30% erhöht, jedoch nicht statistisch signifikant, war die Wahrscheinlichkeit eines Infektes, wenn weniger als einmal pro Jahr eine Dentalhygiene durchgeführt wurde.
Schlussfolgerungen
Die Resultate dieser Studie zeigen kein erhöhtes Risiko für Infekte von Hüft- und Knieprothesen nach Zahnbehandlungen. Auch konnte kein Nutzen einer Antibiotikaprophylaxe gezeigt werden, obwohl kurzzeitige Bakteriämien bei Zahnbehandlungen sehr häufig sind. Behandlungsrichtlinien, wie diejenige der amerikanischen Orthopäden-Gesellschaft, welche die generelle Durchführung einer Antibiotikaprophylaxe vor Zahnbehandlungen empfehlen, sollten angepasst werden. Andere Risikofaktoren wie Adipositas, Komorbididät, lange Operationszeit oder postoperative Komplikationen scheinen bedeutungsvoller zu sein.
Zusammengefasst von Thomas Rumetsch
Implantate sind stark anfällig auf bakterielle Infektionen. Ungefähr ein Drittel der Gelenkprotheseninfektionen entstehen hämatogen, deshalb ist es denkbar, dass dies auch während Bakteriämien anlässlich von blutigen Zahnbehandlungen passieren kann. Seit über 30 Jahren wird darüber debattiert, ob eine Antibiotikaprophylaxe vor Zahnbehandlungen bei Personen mit Gelenkprothesen notwendig ist. Es gibt wenige Argumente dafür, dass eine solche Prophylaxe notwendig sein könnte, und viele Argumente dagegen.
Berbari et al. konnten nun erstmals in einer Fall- Kontrollstudie zeigen, dass blutige Zahnbehandlungen ohne Antibiotikaprophylaxe das Risiko für eine Protheseninfektion nicht erhöhen. Im Gegenteil, von Protheseninfektionen Betroffene waren sogar seltener beim Zahnarzt als diejenigen ohne Infektion. Daraus kann man schliessen, dass eine Antibiotikaprophylaxe nicht notwendig ist, jedoch regelmässige Dentalhygiene möglicherweise hämatogene Infektionen aus dem Mundbereich reduzieren kann.
Werner Zimmer
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