Müde trotz optimaler Substitution bei Hashimoto: Thyreoidektomie hilft

  • r -- Guldvog I, Reitsma LC, Johnsen L et al. Thyroidectomy versus medical man-agement for euthyroid patients with Hashimoto disease and persisting symptoms: a randomized trial. Ann Intern Med. 2019 (2.April); 170: 453-64 [Link]
  • Zusammenfassung: Markus Häusermann
  • infomed screen Jahrgang 23 (2019) , Nummer 4
    Publikationsdatum: 16. Juli 2019
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Warum diese Studie?

Bei Hashimoto-Thyreoiditis leidet eine Minderheit der Be­troffenen trotz optimaler Hormonsubstitution weiter an Hy­pothyreose-ähnlichen Symptomen wie Müdigkeit, Muskel- und Gelenkschmerzen, Schlafstörungen und Mund- und Au­gentrockenheit. Dies entspricht möglicherweise einer gene­ralisierten Autoimmunerkrankung. Eine gesicherte Therapie dafür gab es bisher nicht. In dieser randomisierten Studie wurde nun die Wirkung einer totalen Thyreoidektomie auf Antikörpertiter und Symptome untersucht.

Was hat man gefunden?

135 Frauen und 12 Männer mit sonographisch verifizierter Hashimoto-Thyreoiditis, Anti-Thyreoperoxidase-Anti­kör­per­titer (Anti-TPO) von >1000 U/ml und persistierenden Symp­tomen trotz Euthyreose wurden nach dem Zufall je zur Hälfte operiert oder medikamentös weiterbehandelt. Eine Ver­blin­dung mit Scheinoperation in der Kontrollgruppe wurde als ethisch nicht vertretbar erachtet. Bei Studienbeginn waren die Befindlichkeiten in allen Dimensionen gleich. 18 Monate danach war bei den Operierten das allgemeine Wohlbefin­den im SF-36-Gesundheits­frage­bogen (primärer Endpunkt) bedeutend verbessert (von 38 auf 64 Punkte); dasselbe traf auch für die übrigen validierten Messinstrumente zu. Parallel dazu fielen postoperativ die Anti-TPO-Titer auf normale oder fast normale Werte ab. In der medikamentös behandelten Kontrollgruppe blieben das Befinden und die Anti-TPO-Titer im Wesentlichen unverändert. 3 (4,1%) der Operierten erlit­ten postoperativ eine Infektion, 3 (4,1%) hatten eine lang an­dauernde Hypokalzämie und 4 (5,5%) eine unilaterale Re­kurrensparese.

Wie wird es gedeutet?

Das gute Ansprechen auf die Thyreoidektomie zeigt, dass von der Hashimoto-Thyreoiditis eine symptomatische immunolo­gische Systemkrankheit ausgehen kann. Die totale Thy­reoidektomie ist bei dieser Erkrankung eine valide Therapie­option, wenn trotz Erreichen der Euthyreose unter Hormon­substitution Hypothyreose-ähnliche Symptome fortbestehen.

Screen-Kommentar

Diese Studie bietet einen Durchbruch für ein bis jetzt unbe­friedigend behandelbares Problem. Die bisher dafür verwen­deten differenzierten Substitutionsschemata mit Kombinatio­nen von Levothyroxin (Eltroxin® u.a.) und Liothyro­nin (Kombi­nationspräparat Novothyral®) haben nur be­schei­dene Erfolge gezeigt. Euphorie ist aber fehl am Platz, denn die Komplika­­-ti­onen einer totalen Thyreoidektomie sind auch bei erfahrenen Operateuren nicht zu unterschätzen. So werden sich nur Kranke mit einem erheblichen Leidensdruck ohne Linderung durch medikamentöse Massnahmen für einen solchen Eingriff entscheiden, der nach überstandenen Komplikationsrisiken aber ihre Lebensqualität wesentlich verbessern kann. Mit Inte­resse warten wir auf die Langzeitresultate nach 5 oder 10 Jah­ren. In weiteren Studien wäre zu prüfen, ob die Beschwerden auch auf die weniger komplikationsträchtige subtotale Thy­reoidektomie ansprechen.

Zusammengefasst und kommentiert von Markus Häusermann

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infomed-screen 23 -- No. 4
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Müde trotz optimaler Substitution bei Hashimoto: Thyreoidektomie hilft ( 2019)