Massvoller Einsatz von Protonenpumpenhemmern
- Autor(en): Natalie Marty
- pharma-kritik-Jahrgang 40
, PK1052, Online-Artikel
Redaktionsschluss: 25. September 2018
DOI: https://doi.org/10.37667/pk.2018.1052
Als 1989 in der «pharma-kritik» Omeprazol vorgestellt wurde, lautete der Kommentar (1): «Omeprazol, das sich durch ein völlig neuartiges Wirkungsprinzip (Protonenpumpenhemmung) auszeichnet, ist bei Ösophagitis und peptischen Ulzera rascher wirksam als die H2-Blocker und vermag offensichtlich auch in einzelnen sonst therapierefraktären Fällen eine «Heilung» herbeizuführen. Da die Ulkuskrankheit und noch mehr die Refluxösophagitis zu Rezidiven neigen, ist – wie bei den H2-Blockern – eine chronische Verabreichung vorprogrammiert. Unsere Kenntnisse über mögliche Risiken einer langfristigen Einnahme von Omeprazol sind aber noch ungenügend.»
Omeprazol (Antramups® und Generika) wurde zu einem «Blockbuster» und zum ersten Wirkstoff einer neuen Klasse, deren Vertreter keine grossen pharmakokinetischen und pharmakodynamischen Unterschiede aufweisen (2). Protonenpumpeninhibitoren (PPI) werden bei peptischer Ulkuserkrankung, Beschwerden infolge von gastroösophagealem Reflux und bei Dyspepsie eingesetzt sowie, in der Kombinationstherapie mit Antibiotika, zur Eradikation von Helicobacter pylori. Auch rezeptfrei erhältliche Päparate zur kurzzeitigen Behandlung von Refluxsymptomen sind im Handel.
In Deutschland hat die Verschreibung von PPI in der Zeit von 2001 bis 2010 um das 5-Fache zugenommen (3). Wie beurteilen Experten heute die Auswirkungen einer langfristigen Einnahme?
Schlussfolgerungen aus klinischen Studien
- Bei einer Therapiedauer von 8-12 Wochen sind PPI wirksam gegen gastroösophagealen Reflux und peptische Ulkuserkrankung.
- Wirksam behandelte Personen benötigen keine chronische Verabreichung von säurehemmenden Medikamenten.
- Langdauernde Verabreichung von PPI ist angemessen bei rezidivierender, schwerer erosiver Ösophagitis.
- Unter den verschiedenen PPI war keines in der Behandlung des gastroösophagealen Reflux oder der Symptome einer peptischen Ulkuserkrankung dem anderen überlegen.
- Die unerwünschten Wirklungen der PPI wurden in keiner langdauernden randomisierten Studie speziell untersucht.
Verpflichtung zum Absetzen?
Einnahme nach Bedarf
Abschliessende Empfehlungen im kanadischen Beitrag
In den Schlussfolgerungen des «Therapeutics Letter» wird betont, dass viele Patientinnen und Patienten PPI weit über die empfohlene Dauer hinaus einnehmen und dass die Verschreibung oder Fortführung einer Behandlung nicht ohne klare Indikation und Therapieziel erfolgen soll. Die Autoren schlagen vor, Indikation und die Dauer der Therapie ins Rezept zu notieren, um sicherzustellen, dass sie bei der Abgabe in der Apotheke auch auf dem Etikett aufgedruckt werden. Nach vier Wochen sollte bei Symptomfreiheit erwogen werden, die PPI zu reduzieren oder abzusetzen. Dies kann durch Dosisreduktion oder verlängerte Einnahmeintervalle geschehen; bei Erfolg kann eine Einnahme bei Bedarf oder ein komplettes Absetzen der Therapie geprüft werden. Gute Patienteninformation und eine Strategie zum Umgang mit wiederkehrenden Symptomen steigern den Erfolg.
Schweizer Empfehlungen
PPI-induzierte Hypergastrinämie und das Risiko von Magenkrebs
PPI sind die einzige Gruppe von Medikamenten, die in üblicher Dosierung eine langfristige Hypergastrinämie verursachen. Erhöhte Gastrin-Freisetzung ist ein wahrscheinlicher pathogener Faktor für die Entstehung von Magenkarzinomen unter Langzeiteinnahme von PPI (9). Schlussfolgerungen von kürzlich publizierten Studien stärken den Verdacht, dass unter Langzeitbehandlung mit PPI das Risiko von Magenkrebs erhöht sein könnte (10-12).
Ergänzende Lektüre
Literatur
- 1) Widmer B. pharma-kritik 1989; 11 :5−7.
- 2) Aktories K. Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie. München: Elsevier, 2017
- 3) Anon. Therapeutics Letter 26. Juni 2018 (online).
- 4) Haastrup PF et al. Basic Clin Pharmacol Toxicol 2018; 123: 114−21
- 5) Farrell B et al. Can Fam Physician 2017; 63: 354−64
- 6) Boghossian TA et al. Cochrane Database Syst Rev. 2017; 3: CD011969
- 7) Bayerdörffer E et al. BMC Gastroenterol. 2016; 16: 48
- 8) Smarter medicine, Chosing Wisely Switzerland. Top-5-Liste Gastroenterologie.
- 9) Waldum HL et al. Scand J Gastroenterol 2018; 53: 639−42
- 10) Cheung KS et al. Gut 2018; 67: 28–35
- 11) Wan QY et al. Gut 2018 Apr 3 [Epub ahead of print]
- 12) Brusselaers N et al. BMJ Open 2017; 7: e017739
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